Unter dem neuen Namen "Classic Car Show" startete die ehemalige Brüsseler "Interclassics" nach der Coronapause neu durch. Das Prädikat "Keine Einschränkungen" bezog sich zwar nur auf (nicht mehr vorhandene) Pandemieauflagen, war aber durchaus symptomatisch für die entspannte Atmosphäre der Veranstaltung. Wer mit der belgischen Staatsbahn SNCB anreiste, wurde schon mit einem Plakat positiv eingestimmt, welches verkündete, dass die Zeit der Masken passé sei und durch ein Lächeln ersetzt werde. Gute Voraussetzungen also für die Messe, welche von 18. bis 20. November 2022 wieder in den beeindruckenden Art-Déco-Gebäuden auf dem Expo-Gelände gleich neben dem Atomium in der belgischen Hauptstadt stattfand.
Drei Hallen, zwei Sonderschauen
In drei Hallen mit rund 40'000 Quadratmetern Ausstellungsfläche wurde dem Besucher auf hohem Niveau ein breites Spektrum der Oldtimerszene präsentiert. In den Hallen 5 bis 7 wurden neben Klassikern auch einschlägige Bücher, Modellfahrzeuge und Kunst gehandelt. Auch gab es wieder zwei Sonderausstellungen: "75 Jahre Ferrari" in Halle 5 und "50 Jahre BMW M" in Halle 6. Fast die halbe Halle 7 war dem "BEHVA-Dorf" vorbehalten und bot den Oldtimerclubs und -Interessengemeinschaften hinreichend Präsentationsfläche. Die Anzahl ausgestellter "moderner" Fahrzeuge hielt sich in Brüssel angenehm in Grenzen.
Starten wir einen Rundgang, der angesichts der Vielfalt des Gebotenen nicht vollständig sein kann. Die Sonderschau "75 Jahre Ferrari" war eine Kooperation mit der Autoworld Brüssel und der Ecurie Francorchamps. Erfreulicherweise gab es mit der erst wenige Wochen zurückliegenden Ferrari-Jubiläumsausstellung in der Autoworld Brüssel nur wenige Überschneidungen. Vielmehr wurde diese vertieft und ergänzt. Die Bandbreite der Exponate reichte auszugsweise von den Frühwerken Ferrari 166 Inter und 250 GT SWB über 365 GTB/4, 512 BB Competizione Stradale, 288 GTO, Testarossa, F40, F50 und Enzo Ferrari bis zu den modernen Modelln 488 Challenge und Monza SP 2. Doch nicht alle Fahrzeuge waren rot lackiert. Die der Ecurie Franchorchamps trugen die belgische Rennfarbe Gelb. Die Sonderausstellung "50 Jahre BMW M" war etwas kleiner ausgefallen. Hier wurden z. B. der BMW 3.0 CSL Gruppe 2, der BMW M1 als Procar und Strassenfahrzeug, der BMW 528i Gruppe A und der BMW M3 DTM von 1986 gezeigt.
Seltenes aus Italien und England
Doch noch einmal zurück zu Ferrari. Dem Jubiläum der Marke mit dem Cavallino Rampante dürfte es geschuldet sein, dass der Klassikerhandel in großem Umfang Ferrari aller Typen und Baujahre anbot. Doch auch andere italienische Automarken waren insbesondere in der "Nobelhalle" 5 gut vertreten. So waren etwa ein Alfa Romeo SZ, zwei Fiat Panda 4x4, ein Fiat Campagnola oder ein Siata Daina Grand Sport Barchetta zu erwerben. Auch einer von nur zehn gebauten Alfa Romeo 1900 C SS Ghia von 1954 war ebenso wie der ein Jahr jüngere, seltene Fiat 1100 TV Vignale im Angebot. Ein besonderer Blickfang war sicher auch der Fiat-Abarth 750 GT Zagato mit seiner charakteristischen "double bubble" im Dach.
Wiederum vergleichsweise stark in Brüssel vertreten waren britische Automobile. Neben diversen hochpreisigen Bentley, Rolls-Royce, Jaguar und Aston Martin seien ein seltener Jaguar XJS 4.0 Shooting Brake, ein Healey Westland Roadster von 1948 sowie – aus jüngerer Zeit – ein in nur 25 Exemplaren gebauter MG XPower SV-R mit V8-Motor herausgegriffen. Nicht eigentlich klassisch, aber dennoch passend war die Präsentation der neuen Roadster von Caterham.
Viele Youngtimer, wenig Vorkrieg
Natürlich waren auch Fahrzeuge deutscher Marken im Angebot. Einer der günstigsten war ein Porsche 914/4 von 1972 für 28'500 Euro. Für etwas mehr als die Hälfte des 914 wäre ein Golf GTI von 1990 zu haben gewesen. Am anderen Ende der Skala waren natürlich diverse Porsche 911 angesiedelt. Die blau-weisse Marke war ebenfalls gut vertreten. Von Kleinwagen wie Isetta und BMW 700 über einige Mittelklassemodelle reichte das Angebot bis hin zu 3.0 CSL, Z8 und M1. Von Mercedes-Benz gab es die typischen Cabrios und Coupés verschiedener Baureihen bis hin zum Flügeltürer 300 SL, doch auch einige Fahrzeuge der 123er-Baureihe wurden offeriert. Der Einstieg in die Welt der Sterne begann bei knapp 10'000 € für einem SLK 200 des Baumusters R170. Das in diesem Rahmen doch viel zu junge, aber wohl mächtigste Fahrzeug war eine Mercedes-Benz X-Klasse von 2020 mit drei Achsen.
Auch bei den Autos französischer Provenienz waren neben verschiedenen Peugeot und Citroën ein Matra 530 LX von 1971, ein Simca 1200 S von 1968 oder ein Renault 8 Gordini im Angebot. Etwas am Rande stand ein unterbewerteter Youngtimer mit Klassikerpotential: ein Renault Avantime von 2001, der für knapp 15'000 Euro zu haben war.
Eher gering war das Angebot an Vorkriegsklassikern. Neben einem Bugatti Typ 46 von 1930 gab es etwa einen Cadillac 431 Convertible, einen Auburn Phaeton, einen Delage D.6.75 Cabriolet von Chapron oder einen C 17 Torpedo der kurzlebigen französischen Firma Donnet aus dem Jahr 1929. Beeindruckend war aber vor allem das mächtige Lancia-Astura-Cabriolet von 1936 mit Pinin-Farina-Karosserie.
Geringe Laufleistungen für viel Geld
Allerdings gab es nicht nur Fahrzeuge im Hochpreissegment. Wer weniger als 30'000 Euro ausgeben wollte, hätte etwa die Auswahl zwischen einem Alfa Romeo Giulia 1300 Nuova von 1975 für 13'990 Euro, einem Lotus Europa von 1972 für 24'990 Euro, einem Porsche 968 Cabrio für 21'500 Euro oder einem Peugeot 205 GL für 8900 Euro gehabt. Letzterer hatte lediglich 44'000 Kilometer auf dem Tacho.
Überhaupt kamen bei der diesjährigen Classic Car Show die Liebhaber von "low milage cars" einmal mehr auf ihre Kosten, die Nachvollziehbarkeit der geringen Laufleistungen einmal unterstellt. Das Angebot reichte von einem Opel Kadett B aus erster Hand mit 30'622 km über einen Citroën ID 19 von 1966 mit 39'000 km für 85'900 Euro bis zu einem Mercedes-Benz 300 SL von 1993 mit gar nur 8500 km für 89'900 Euro.
Wer sich für Autos aus prominentem Vorbesitz interessierte, konnte auch fündig werden. So wurde zum Beispiel ein schwarzer Ferrari 400i angeboten, dessen Erstbesitzer Schauspieler Rock Hudson gewesen sein soll. Und ein Bristol 404 von 1954 aus dem Fuhrpark des Königs Hussein von Jordanien wurde ebenfalls offeriert. Vermutlich viel Freude hätte wohl der Schauspieler Hans Albers an einem offerierten mächtigen Cadillac Eldorado von 1953 gehabt.
Clubs mit schönen Ständen
Es gab noch weitere Höhepunkte, etwa die Präsentation von drei Honda S 800 oder die an dieser Stelle nicht zu vertiefende, vielseitige "Art Area". Im leider nur suboptimal ausgeleuchteten "BEHVA-Dorf" ("Belgian Historic Vehicle Association") in Halle 7 hatten Automobilclubs und Interessengemeinschaften die Gelegenheit, ihr Tätigkeitsfeld darzustellen. Stellvertretend möchte der Berichterstatter nur zwei Stände erwähnen. So zeigte der Vlaamse Vehikel Klub VZW einen TE 2800 von 1973. Das ist ein von der belgischen Firma Transeurop-Engineering modifizierter Opel Manta A, der zwar nicht den Namen Opel tragen durfte, unter dessen gewölbten Motorhaube aber die sechszylindrige 2,8-Liter-Maschine des Commodore GS implantiert war.
Viel Mühe mit der Dekoration hatte sich der belgische Peugeotclub gegeben, der anlässlich des 90-jährigen Jubiläums des Typs 301 ein liebevoll nachempfundenes zeitgenössisches Ambiente nachgestellt hatte.
Mit der diesjährigen Classic Motor Show Brüssel ist dem Veranstalter nach der Coronapause wieder eine vielseitige und niveauvolle Veranstaltung geglückt. Somit dürften die zahlreichen Besucher und die Anbieter auf ihre Kosten gekommen sein. Schon wenige Stunden nach der Öffnung zierte denn auch einige Exponate ein Schild mit den Worten: "sold", "vendu", "verkocht" oder – besonders charmant – auch "Félicitations à son noveau propriétaire" (Glückwünsche an den neuen Besitzer). Hoffen wir, dass er uneingeschränkte Freude an seinem Neuerwerb haben wird.















































































































































































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