Was der AVD Oldtimer Grand Prix in Deutschland und die Silverstone Classic in Grossbritannien, das ist die Veranstaltung “Espíritu de Montjuïc” für die Spanier. Der Anlass erinnert an die Montjuïc Rundstrecke, auf der zwischen 1969 und 1975 vier Läufe zur Weltmeisterschaft der Formel 1 ausgetragen worden sind.
Aufgrund der für Stadtstrecken atypischen, schnellen Kurven und Sprungkuppen galt der Kurs im Süden Barcelonas als äußerst anspruchsvoll, um nicht zu sagen brandgefährlich.
So wich denn auch die Königsklasse auf die Rennstrecken von Jarama und Barcelona aus, und auf dem modernen Circuit de Catalunya fand dann auch die Revival-Veranstaltung für historischen Renn- und Strassenautos am 7. bis 9. April 2017 statt.
Überschaubares Rennwagenfeld
Etwa 130 Fahrzeuge waren für verschiedene Rundstreckenrennen auf diesem Kurs eingeschrieben, daneben gab es ein umfangreiches Rahmenprogramm mit Attraktionen und Ausstellungen. Die FIA Masters Historic boten mit vier Serien ein internationales Starterfeld, mit der Targa Iberia (Spanien) und der NKHT (Niederländische Meisterschaft für historische Tourenwagen) waren aber auch nationale Serien vertreten.
Volksfestcharakter
Um die Montjuïc-Veranstaltung zu charakterisieren, kann sie mit dem AvD Oldtimer-Grand Prix auf dem Nürburgring verglichen werden. Dort ist quasi ganztägig Programm auf der Strecke und ständig fahren die unterschiedlichsten Kategorien an Rennfahrzeugen. Die Veranstaltung in Spanien hat einen gänzlich anderen Charakter. Bereits beim Betreten des Fahrerlagers am Morgen begrüsst den Besucher Musik der Sechziger- und Siebzigerjahre.
Mit Schauspielern in zeitgemäßen Outfits und unzähligen Darbietungen von Live-Musik wird liebevoll eine Atmosphäre geschaffen, bei der der Besucher sich tatsächlich in vergangene Zeiten zurückversetzt fühlt.
Im Gegensatz zum AvD OGP trifft man im Fahrerlager auf viel mehr Familien mit kleinen Kindern, denn die Veranstaltung bietet auch Kleinkindern etwas, z.B. Autoscooter, grosse Hüpfburgen und ein Karussell, sowie ein Zirkuszelt mit unzähligen dargebotenen Vorführungen. Das Programm beinhaltete Zaubervorführungen, Puppentheater bis hin zu einer Tribut-Show für die “Los Payasos de la Tele”, drei in Spanien äußerst populäre TV Clowns, die von 1939 bis 1983 gemeinsam auftraten.
So war also am zweiten April-Wochenende bestens für die Unterhaltung der Kinder gesorgt, aber auch die Erwachsenen kamen nicht zu kurz.
Ausgestellt war unter anderem eine Sammlung berühmter Filmfahrzeuge, darunter Exemplare wie ein Mini Cooper aus “The Italian Job” von 1969 oder der DeLorean aus “Zurück in die Zukunft”. Außerdem gab es Tanzveranstaltungen, einen Concours d'Elegance und der spanische Autobauer Seat zeigte in einem großen Zelt wichtige Meilensteine seiner Geschichte. Dieses vielfältige und sorgfältig zusammengestellte “Rahmenprogramm” konnte viele Zuschauer anlocken und für sich begeistern, weshalb das Fahrerlager jederzeit gut besucht war.
Für manchen Besucher war das “Rahmenprogramm” sogar wichtiger als die Rennläufe, ein Effekt, der auf dem Nürburgring so sicherlich nicht zum Tragen kommt.
Beste Wetterbedingungen
Das Wetter war für Spanien typisch sehr sonnig, der Himmel zeigte sich in makellosem Blau. Früh morgens war es mit etwa acht Grad Celsius noch relativ frisch, doch sobald die Sonne aufgegangen war, stiegen auch die Temperaturen auf bis zu 24 Grad.
Gut besucht
Der Andrang war beträchtlich, genaue Besucherzahlen liegen allerdings nicht vor. Das Fahrerlager jedenfalls war stets gut frequentiert. Auch die Tribüne vor der Kurve 10 war meist ziemlich voll und auf dem Dach der Boxenanlage tummelten sich immer einige Zuschauer am Geländer. Die restlichen Tribünen, allen voran die Haupttribüne auf der Start-Ziel-Geraden, waren dagegen weitgehend unbevölkert, was vom Veranstalter vielleicht auch so geplant war.
60 Jahre Seat
Anässlich des sechzigjährigen Geburtstags des Seat 600 wurde ein Korso organisiert, an dem unzählige Fahrzeuge dieses bei uns kaum bekannten Fahrzeugtyps, das allerdings ähnlich zum Fiat 600 ist, teilnahmen.
Am Sonntag nach den letzten Rennläufen wurde dann allen Zuschauern die Möglichkeit geboten, mit ihrem Oldtimer an einem Korso rund um die Strecke teilzunehmen. Kostenlos war das allerdings nicht, die Tickets mussten im Vorfeld gesichert werden.
Formel 1 fast wie damals
Eine der Hauptattraktionen waren sicherlich die beiden Rennläufe im Rahmen des Masters Historic Formula One Championships mit Formel-1-Boliden der Jahrgänge 1972-1983. Eingeteilt in drei Epochen absolvierten sie zwei Rennen à 25 Minuten. Dominiert wurde das Wochenende von Michael Lyons im Williams FW07B aus dem Jahr 1980. Nachdem er sich im Qualifying überlegen die Pole Position sichern konnte, führte er das erste Rennen am Samstag souverän an, bevor er nach sechs Runden wegen eines technischen Defekts (Bruch des Gaszugs) die Box ansteuern und aufgeben musste. Den Sieg erbte Gregory Thornton im Lotus 91-5.
Im zweiten Rennen am Sonntag blieb Lyons dann von technischen Problemen verschont und gewann souverän.
Eine interessante Nennung war hier der LEC CRP1. Dieser Wagen des britischen Teams LEC Refrigeration Racing wurde für die Formel 1 Saison 1977 konstruiert und kam bei fünf Läufen zur F1-Weltmeisterschaft zum Einsatz. Mit einem 13. Platz als bestes Ergebnis konnte der Wagen resultatmässig nie überzeugen, allerdings erlangte er auf anderem Wege eine eher ungewollte Prominenz. Im Pre-Qualifiying zum großen Preis von Großbritannien verklemmte sich das Gaspedal und beim daraus resultierenden Einschlag in die Streckenbegrenzung wirkten Kräfte von 179,8 G auf den Fahrer David Purley. Dies galt für lange Zeit als die höchste G-Kraft Belastung, die je ein Mensch überleben konnte - Purley trug “lediglich” mehrere Knochenbrüche davon.
Bei den Rennen im Rahmen des Spirit of Montjuïc trat einer der zwei gebauten LEC CRP1 an, allerdings ebenfalls ohne nennenswertem Erfolg.
Dreistundenrennen
Bei den Masters Three Hours wurde wie der Name schon verrät ein Langstreckenrennen über 3 Stunden ausgetragen. Hier starteten GT-Wagen aus den Sechzigerjahren (vor 1966), allen voran mehrere Ford GT40, Shelby Daytona Coupés und AC Cobras. Daneben waren auch andere GT-Fahrzeuge wie der Jaguar E-Type oder Lotus Elan vertreten, insgesamt war das Startfeld mit weniger als 20 Autos aber recht übersichtlich.
In einer der ersten Runden ergab sich bereits eine kuriose Szene, als sich ein Lotus Elan bei der Anfahrt zu Kurve 1 verbremste. Der Wagen konnte nicht mehr ausreichend verzögern und traf so am Kurveneingang den Vordermann am Heck. In der Regel dreht sich in solch einer Situation der Vordermann weg, während der Verursacher ohne größere Probleme durchkommt. Hier jedoch konnte der vordere Wagen, der Lotus Elan #13, mit einer tollen fahrerischen Leistung den Drift einfangen und so die Drehung vermeiden. Stattdessen drehte sich der Unfallverursacher ein und kam entgegen der Fahrtrichtung im Gras zum Stehen.
Ebenfalls gleich zu Beginn fielen die beiden Ford GT40, die ganz vorne gestartet waren, in die hintere Hälfte der Top Ten zurück. Erst mit zunehmender Renndauer konnten sie sich zurückkämpfen und so gewann schlussendlich doch wieder einer der “üblichen Verdächtigen”.
Auf eher ungewöhnliche Weise fiel gegen Ende ein AC aus. Zunächst kam ein einzelner Reifen durch die Kurve gehüpft, welchem einen Moment später der Sportwagen auf drei Rädern folgte. Der Fahrer musste das Fahrzeug am nächsten Notausgang abstellen. Offensichtlich hatte sich der Reifen samt Felge gelöst und selbstständig gemacht.
Historische Tourenwagen aus den Niederlanden
Zwei Rennen mit ähnlichen Fahrzeugen wie bei Masters Three Hours standen sich in den beiden Rennen um die niederländische Meisterschaft für historische Tourenwagen (NKHT) gegenüber. An der Spitze schafften es mehrere Lotus Elan, den Sieg unter sich auszumachen, obschon ihnen PS-starke Boliden mit deutlich mehr Hubraum gegenüberstanden.
Sehr interessant war auch das Mittelfeld, das aus nicht weniger als zehn (Austin) Mini Cooper S bestand, denen sich eine ganze Flotte amerikanischer Muscle-Cars, allen voran der Ford Mustang, entgegenstellten. In den Rennen entstanden hier viele Zweikämpfe zwischen den wendigen Minis (David) und den massigen und muskelbepackten Amerikanern (Goliath).
Dieses ungleiche Duell bot den Zuschauern gute Unterhaltung und war für viele Beobachter das heimliche Highlight der Veranstaltung.
Langstrecken-Renner im Clinch
Bei der Masters Historic Sports Car Championship traten Rennwagen/Sport-Prototypen der Gruppen 4 und 5 der Jahre 1962-1974 an. Den größten Teil des Startfeldes machten Lola T70 aus, an der Spitze lagen allerdings offene Prototypen wie beispielsweise ein Chevron B19. Das einstündige Rennen bot einiges an Spannung, besonders bei den in ihrer Klasse führenden Lola T70 gab es immer wieder Platzverschiebungen.
Ein interessanter Farbtupfer war der Cooper Monaco King Cobra. Dabei handelt es sich um einen offenen Prototypen, der 1963 von zwei Meistern ihres Faches, John Cooper in Kooperation mit Carroll Shelby, für die Can-Am Rennserie entwickelt wurde. Neben einem eleganten Design bestach der Wagen durch einen Ford-V8-Mittelmotor und eine Hinterradaufhängung, die direkt vom Cooper Formel 1 Wagen übernommen worden war. Kaum überraschend konnte der Wagen, von dem sechs Exemplare gebaut wurden, Siege in der Can-Am einfahren.
Zum Ende der Saison 1964 motivierte Ford schließlich Carroll Shelby dazu, seinen Fokus auf die Entwicklung des GT40 zu richten - die verbleibenden King Cobras wurden dann für je 3000 US-Dollar an Privatpersonen verkauft und das Programm eingestellt.
Im 60-Minuten Rennen auf dem Catalunya Circuit reichte es für den Klassensieg und den achten Platz im Gesamtklassement.
Auch Gleichmässigkeit
Am Sonntag hatte schließlich noch die Targa Iberia Classic Serie ihren Auftritt. Am Start waren vor allem strassenzugelassene Oldtimer, die nach einem Gleichmässigkeitsreglement fuhren. Die Piloten waren aufgefordert, eine jeweils vorgegebene Rundenzeit einzuhalten und möglichst wenig davon abzuweichen. So hatte jedes Auto die gleichen Siegchancen.
Mit wenigen Teilnehmern und dem Fehlen von Zweikämpfen um Positionen konnte diese Serie die Zuschauer allerdings kaum fesseln und bot daher einen etwas flauen Ausklang des Renngeschehens.