Es ist schon viele Jahre her, dass Bonhams in der Schweiz, genauer in Gstaad eine Autoversteigerung durchführte. Am 29. September 2019 war es nun wieder soweit und auf dem Golfplatz Bonmont in der Nähe von Genf kamen 75 Fahrzeuge, darunter drei Motorräder, unter den Hammer.
Die Autos des Diktatorsohns
Die Versteigerung hatte im Vorfeld für einigen Gesprächsstoff gesorgt, handelte es sich doch bei den ersten 25 Lots um Fahrzeuge von Teodorín Obiang, dem Sohn des Diktators von Äquatorialguinea. Während die Obiang-Familie offenbar in Saus und Braus lebt, ist die Bevölkerung von Äquatorialguinea bettelarm. 2015 beschlagnahmte die Genfer Polizei die Autos, seither waren sie eingelagert. Wer also vor Standschäden Respekt hatte, lag sicherlich nicht ganz falsch.
Mit Ausnahme von Lamborghini Diablo VT Roadster von 1996 stammten und einem Rolls-Royce wurden die 25 Wagen alle in den letzten 20 Jahren gebaut. Einige waren fast neu, die meisten hatten eine sehr geringe Laufleistung und Fahrzeugpapiere aus Äquatorialguinea.
Experten waren skeptisch, ob eine derartige Auktion in der Schweiz mit solchen Autos funktionieren würde. Aber sie tat es, und wie.
Hypercars besonders gefragt
Vielleicht waren die Schätzpreise von Bonhams bewusst vorsichtig gewählt worden, jedenfalls gingen die Gebote bei den meisten der ersten 25 Autos deutlich höher.
Der Bugatti Veyron 16.4 von 2010 jedenfalls wurde für CHF 1,311 Millionen verkauft, geschätzt waren CHF 700’000 bis 900’000. Acht Minuten dauerte es, bis der letzte Gegner des Käufers aufgab.
Der Lamborghini Veneno Roadster von 2014 fand für CHF 8,28 Millionen einen neuen Besitzer, rund 50 Prozent über dem Estimate. Voraus ging ein wirklich spannender Schlagabtausch der Bieter, der bei CHF 3 Millionen begann und minutenlang dauerte.
Der Ferrari Enzo von 2003 wurde für CHF 3,105 Millionen verkauft, erwartet waren CHF 1,8 bis 2 Millionen.
Für den Porsche 918 Spyder von 2015 wurden CHF 1,553 Millionen bezahlt, für den Koenigsegg One:1 von 2015 betrug der Verkaufspreis gar CHF 4,6 Millionen, weit über dem Estimate von CHF 1,8 bis 2,3 Millionen der im Vorfeld zu einem verbalen Schlagabtausch zwischen Koenigsegg und Bonhams geführt hatte.
Schnäppchen gab es kaum, selbst die weniger begehrten Autos gingen annähernd zu den Schätzwerten in neue Hände über.
Wunderschöne Umgebung
Rund 1,5 Stunden dauerte die Veräusserung dieser Diktatoren-Sammlung und dass sie in einer ehemaligen Kirche stattfand, war zumindest ungewöhnlich.
Tatsächlich liegt die einstige Zisterzienserabtei Bonmont heute zusammen mit dem zugehörigen Schloss inmitten eines Golfplatzes. Dieser bot natürlich einen mehr als stilvollen Rahmen für die Auktion.
Von den Neoklassikern zu den Klassikern
CHF 27 Millionen spülte die Versteigerung der 25 Obiang-Autos in die Kassen, gespendet sollen sie für einen guten Zweck werden und so wieder der Bevölkerung von Äquatorialguinea zugute kommen. Eigentlich wäre dies bereits ein gutes Auktionsergebnis gewesen, doch Bonhams nutzte die Gelegenheit um noch 47 weitere Autos und drei Motorräder anzubieten.
Zwar gab es auch hier noch einige relativ neue Fahrzeuge, im Schnitt waren die Autos und Motorräder aber immerhin fast 34 Jahre alt.
Superklassiker mit gemischtem Ergebnis
Unter den älteren Autos gab es auch einige Superklassiker, so unter anderem zwei Mercedes-Benz 300 SL, einmal als Flügeltürer, einmal als Roadster.
Während der Roadster von 1959 für CHF 776’250 verkauft werden konnte, blieb der schwarze Flügeltürer mit rotem Interieur von 1955 bei CHF 980’000 stehen (Höchstgebot).
Einen neuen Besitzer fand der Lamborghini 400 GT von 1969, auch wenn das Höchstgebot von CHF 300’000 nur am unteren Ende des Schätzwerts lag.
Einen sehr guten Preis erzielte ein Ferrari 250 GTE von 1963. Mit CHF 508'875 und damit etwa 60 Prozent über den Erwartungen wurde der gute Zustand dieses inzwischen rar gewordenen Klassikers sicherlich gut honoriert.
Für einen umfangreich restaurierten Jaguar XK 120 Roadster von 1950 lief es weniger gut, mehr als CHF 95’000 wollte niemand für das wirklich schöne Exemplar bieten.
Generell erreichten die Gebote der älteren Wagen meist den Schätzwert nicht, die meisten wurden aber doch verkauft. Ein Beispiel dafür war das Horch 853A Sportcabriolet von 1938, das für einen riesigen Betrag restauriert wurde, jetzt aber ohne Papiere für CHF 304’750 den Besitzer wechselte.
Mitfahren wie Duke Ellington oder David Bowie?
Eine sicherlich nicht alltägliche Kaufgelegenheit war der Lagonda 3 Litre von 1956. Dieser gehörte einst dem Montreux-Jazz-Festival-Chef Claude Nobs und er holte darin Musikgrössen wie die Rolling Stones, Erroll Garner, Aretha Franklin, Count Basie, Ella Fitzgerald, Duke Ellington, Nina Simone, Freddie Mercury oder David Bowie vom Flughafen Genf ab. Nur wenige Rücksitze dürften in Kontakt mit sovielen Stars gewesen sein.
Geschätzt waren für diesen geschichtsträchtigen Viertürer CHF 55’000 bis 75’000, geboten wurden CHF 60’000, was inkl. Aufpreis (15 Prozent) CHF 69’000 als Verkaufspreis bedeutete.
Doch noch ein paar Schnäppchen
Bei 57 Prozent Lots ohne Mindestpreis durften die anwesenden Bieter sicherlich auf ein Schnäppchen hoffen. Bei den Supersportwagen gelang dies nicht, dafür dürfen die CHF 28’750, die ein BMW Z3 M Coupé von 1998 kostete, sicherlich als äusserst attraktiver Preis gelten.
Auch ein Ferrari 599 GTB Fiorano Coupé, ein Ferrari California Cabriolet ovn 2010 und ein Ferrari Mondial QV Cabriolet gingen günstig in neue Hände über. Und auch der Porsche 997 GT3 RS von 2010 wurde für CHF 94’875 sehr günstig veräussert.
Insgesamt wurden 84 Prozent der Fahrzeuge, darunter alle Motorräder, verkauft. Das Gebotsniveau lag im Schnitt bei 88 % des mittleren Schätzwerts, rechnet man die Diktatorensohn-Lots heraus fällt der Prozentsatz auf 78 %. Insgesamt wurden inklusive der Bieterkommission von 15 Prozent CHF 36,7 Millionen umgesetzt, ein sicherlich sehr gutes Ergebnis einer rund vier Stunde dauernden Versteigerung vor vollen Rängen (in der Kirche).
Man kann sich ziemlich sicher sein, dass Bonhams wieder regelmässiger in der Schweiz Versteigerungen durchführen wird in Zukunft, denn Geld scheint (gerade an den Gestaden des Genfersees) genügend vorhanden zu sein.
Angebotene und verkaufte Fahrzeuge
Die folgende Tabelle listet alle angebotenen und verkauften Fahrzeuge mit Schätzpreisen, Höchstgeboten und Verkaufspreisen. Die Preis-Umrechnung erfolgte zum am Auktionstag gültigen Tageskurs. Alle Angaben ohne Gewähr.
Lot | Fahrzeug | Jahr | CHF Est von | CHF Est bis | CHF HG | CHF VP | EUR VP | % Est | S |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1 | Maserati '4200 GT' Coupé | 2005 | 12'000 | 22'000 | 18'000 | 20'700 | 19'044 | +21.76%
|
V |
2 | Ferrari 550 Maranello Coupé | 1998 | 50'000 | 75'000 | 80'000 | 92'000 | 84'640 | +47.2%
|
V |
3 | Lamborghini Diablo VT Roadster | 1996 | 140'000 | 200'000 | 190'000 | 218'500 | 201'020 | +28.53%
|
V |
4 | Rolls-Royce Silver Spur Armoured Touring Limousine | 1998 | 25'000 | 45'000 | 75'000 | 86'250 | 79'350 | +146.43%
|
V |
5 | Bentley Azure Convertible | 2007 | 85'000 | 110'000 | 90'000 | 103'500 | 95'220 | +6.15%
|
V |
6 | Ferrari F12tdf Berlinetta | 2015 | 750'000 | 950'000 | 750'000 | 862'500 | 793'500 | +1.47%
|
V |
7 | Mclaren P1 | 2014 | 1'500'000 | 1'800'000 | 1'100'000 | 1'265'000 | 1'163'800 | -23.33%
|
V |
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Dass in der Abtei dann so um Mios rumgeschmissen wurde, wirkte fast blasphemisch.
Mein spezieller Dank gilt dem Daniel für das an Lot 52 allgemein als Beste anerkannte Photoshooting aller online präsentierten Lots (wobei der malerische Hintergrund des Origliosees seinen Beitrag leistete).
Nach Jahren von erfolgreichen Salesverkäufe (worunter ein Modellrekord bei Coys Monaco 2014 Lot 164), dies immer und nur weil die Käufer Endverbraucher waren und nicht Händler oder Makler, folgte erstmals ein N in der letzten Spalte der perfekten Zwischengasliste, so durfte ich erfahren was so alles im Nachhinein auf dem Feld passiert: die Parade der Aasgeier sage ich dem! Sogar wer kurz zuvor zum Höchstgebot den Zettel hochgestreckt hatte (also bereit war darüber 15%+MwSt auszugeben) versuchte das Auto für ein Schnäppchen mitzunehmen.
2 englische Makler, bereits weit im äthylischen Rausch, hatten am XK den Tonneaucover abgenommen, im feuchten Gras geworfen, ihre Siebensachen darüber geparkt, einer sass am Steuer und der andere fotografierte amusiert. Da ich schreiend hinrannte entschuldigten sie sich und betonten nichts von meinem franz. Geschrei verstanden zu haben, wobei ich erwiederte es sei zum Glück besser so gewesen