In England wurde 1896 die neue gesetzliche Unabhängigkeit des Automobils mit einer Fahrt von London nach Brighton gefeiert. Bereits 1927 gedachte man diesem historischen Ereignis mit einer Neuauflage für Veteranenfahrzeuge, die bis heute jährlich ausgetragen wird. Das Schaulaufen der Schnauferl startet bei Sonnenaufgang im Hyde Park in London und führt über die A23 nach Brighton, wo nach 86 Kilometer die Zieldurchfahrt wartet.
Adaption einer Idee
    
Stephan Musfeld, vielfacher Teilnehmer des "Veteran Car Run London to Brighton" hat schon länger darüber nachgedacht, eine Variante dieses "Rennens" in einer eigenen, sehr schweizerischen Form durchzuführen. Seine Variante heisst nun "Luzern to Basel Veteran Run". Als Partner dieser Idee hat sich das Verkehrshaus in Luzern mit Daniel Geissmann als Verantwortlichem anerboten. Gegenüber der Fahrt nach Basel – dies gleich vorweg – erscheint das Original wie eine Ausflugsfahrt. Dazu muss man zunächst wissen, dass bei beiden Fahrten nur Autos bis und mit Jahrgang 1904 zugelassen sind – also nur Fahrzeuge aus der Pionierzeit des Automobils. Beim "Luzern to Basel Veteran Run" ins Pantheon sind aber auch Motorräder bis 1924 und Velos bis 1914 teilnahmeberechtigt. Und anders als in England sollen sie ein ausgewachsenes Gebirge – den Jura über den Unteren Hauenstein – überqueren!
Leider aber fiel die vorgesehene Präsentation der Fahrzeuge inmitten der Altstadt Luzern vom Samstag buchstäblich ins Wasser – oder besser gesagt: das Wasser auf sie. So kamen die Teilnehmer erst am Sonntagmorgen um 7:30 Uhr aus ihrem trockenen Unterstand auf die Strasse und starteten die Reise nach Basel. Neun Autos der Marken De Dion-Bouton, Rambler, Georges Richard und Stevens-Duryea sowie fünfzehn Motorräder von Motosacoche, René Gillet, Adler, Royal Enfield, Douglas, New Hudson, Monet & Goyon und natürlich Harley-Davidson waren neben zehn Fahrrädern und sechs Kutschen gemeldet.
Natürlich mussten die Pferde nicht den ganzen Weg mitlaufen. Sie zogen ihre Kutschen nur eine handvoll Kilometer weit. Von den Fahrrädern fuhren auch nur wenige auf Achse bis ins Ziel, während von den Autos doch sechs Stück in Muttenz die Ziellinie überquerten. Freilich hat keiner der Zuschauer oder Teilnehmer des "Luzern to Basel Veteran Run" das Jahr 1904 miterlebt. So war doch alles komplett neu und auch komplett anders als alles bisher bei Rallyes oder auch Oldtimer-Ausfahrten Gesehene. Man fand sich für einen Tag um 120 Jahre zurückversetzt in eine völlig unbekannte, aber sehr spannende Zeit.
Absichtlicher Ölverlust
Der ganz grosse Held des Tages war mit Sicherheit der Dufaux 80 HP von 1905, eines der interessantesten Autos, die in der Schweiz je gebaut wurden. Die Brüder Charles und Frédéric Dufaux fuhren zunächst Radrennen und hatten nach der Jahrhundertwende die Idee, nun auch Automobile zu bauen, um damit – wenn schon Autos bauen, dann richtig – auch erfolgreich an grossen Rennen teilnehmen zu können. Eigentlich verrückt, wenn man 1904 als erste Konstruktion einen Rennwagen mit Achtzylinder für das Gordon-Bennet-Rennen auf die Räder stellt.
Dieses Auto, das tatsächlich einen in vier Blöcken gegossen Achtzylinder besass, hatte einen Hubraum von 12'761 ccm und leistete rund 80 PS bei 1200 Umdrehungen pro Minute. Von dem rund 160 km/h schnellen Fahrzeug mit dem dicken Auspuffrohr erwartete man einen entsprechend satten Sound, wurde aber von selben "Pft-pft-pft" wie beim De Dion-Bouton überrascht. Die Franzosen waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts der weltweit grösste Automobilhersteller und Marktführer für Verbrennungsmotoren.
Über 100 Jahre alte Fahrzeuge sind freilich nicht ganz wie "normale" Oldtimer. Sie brauchen noch viel mehr Verständnis für ihre zwar einfache, aber doch unbekannte Technik. So mussten unterwegs zwei "Ölwechsel" unterwegs getätigt werden – was auf einer Strecke von 100 Kilometer völlig normal war, da das Öl bei der sogenannten Verlustschmierung nicht wie bei heutigen Umlaufschmierung im Motor zirkuliert, sondern nach dem Durchlaufen der Schmierstelle verloren geht. Was damals direkt auf der Strasse landete, wird heute selbstverständlich aufgefangen und am Pausenort von Hand abgelassen. Anschliessend wird von oben wieder frisches Öl nachgefüllt. Die Motorräder sind sogar mit Ablasshähnen, die man mit dem Fuss bedienen konnte, ausgestattet.
Anders als auf der britischen Insel muss in der gebirgigen Schweiz natürlich auch ein Pass überwunden werden. Der 734 Meter hohe Hauenstein verbindet Olten mit Sissach und bildete schon im römischen Reich eine Verbindung vom Genfersee an den Rhein. Mit einem kaum hörbaren "Pft-pft-pft" fuhren die kleinen, kutschenartigen Gefährte die für sie doch anspruchsvolle Steigung hoch. Doch drei Traktoren standen als Hilfe bereit, aber nur der Georges Richard musste davon Gebrauch machen. Alle anderen Teilnehmer schafften es anscheinend völlig mühelos den Berg zu erklimmen.
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Porsche, VW, Audi, und weitere
Zukunft für die Vergangenheit
Überall entlang des Weges wurden die Veteranen von begeistertem Publikum angefeuert und zum Teil gar auf einen Apéro eingeladen – natürlich alkoholfrei! Die Freude unterwegs wie auch im Ziel war bei allen Teilnehmern und Zuschauern riesig, denn Ankommen hatte hier erste Priorität, lange vor einem Podestplatz. Der "Luzern to Basel Veteran Run" wurde also am 23. Juni 2024 geboren und für eine Fortsetzung ist hoffentlich gesorgt.
Ob es ihn so lange geben wird wie sein englisches Vorbild? In 120 Jahren wird wahrscheinlich kein einziges neuzeitliches Auto mehr im Stande sein, die 100 Kilometer von Luzern nach Basel zu fahren. Die kleinen mechanischen Probleme von Schwimmern und Vergasern, die mit dem heutigen Benzin geringerer Dichte schon einmal überlaufen können, sind für die erfahrenen Schrauber ein Klacks – im Gegensatz zur modernen Elektronik, die man nicht mal eben am Strassenrand flicken kann.


































































































































































































































































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