In den ersten Dezembertagen fand die 55. Ausgabe der Essen Motor Show auf dem Messegelände an der Gruga statt. Über 200'000 Besucher vermeldete der Organisator. Auch der traditionelle "Classic und Prestige Salon" war zum 41. Mal in zwei Hallen mit 17'000 Quadratmetern ein Teil davon. Die EMS bestand also wieder aus einer Mischung von klassischen Fahrzeugen und einem überwiegenden anderen Teil mit den Themen Motorsport, Zubehör und vor allem mit "Tuning und Lifestyle". Zusätzlich gab es zwei Sonderschauen. Rund um das "Palais" des Veranstalters SIHA wurden neun Fahrzeuge des legendären "Jägermeisterteams" gezeigt. Eine weitere Sonderausstellung griff das 75-jährige Bestehen des US-amerikanischen Motorsportverbandes NASCAR auf. Im Folgenden wird der Schwerpunkt auf den klassischen Automobilen liegen, die in den Hallen 1 und 2 gezeigt wurden.
Sonderschauen und Sondermodelle
Starten wir mit den Sonderschauen. Bei orangefarbenen Renn(sport)fahrzeugen wird der automobilinteressierte Leser primär nicht an niederländische Nationalteams, sondern eher an den Kräuterlikörhersteller Jägermeister denken. Dieser setzte orangefarbene Boliden mit dem Hubertushirsch seit 1972 zu Werbezwecken ein. Die Schau begann mit einem Porsche 914/6 GT und einem Nachbau eines BMW 3.0 CSL. Mit dem Original waren einst u. a. Niki Lauda, James Hunt und Jacky Ickx erfolgreich. Ergänzt wurde die Präsentation durch einen Ford "Kleint"-Capri RS 2600 und einen Volkswagen Golf Rallye von 1975. Präsentiert wurden zudem ein BMW 320 Gruppe 5 und ein BMW M3 "Sport Evolution" von 1991. Auch die Porsche 935 und 962 fehlen nicht. Das zeitliche "Schlusslicht " bildete ein Opel Astra V8 DTM von 2000. In jenem Jahr beendete Jägermeister sein rennsportliches Engagement.
Die zweite Sonderschau in Halle 3 ermöglichte einen Einblick in die amerikanische NASCAR-Serie, die nun schon seit 75 Jahren besteht. Hier eine kleine Auswahl aus den gezeigten 16 Fahrzeugen: Vom Nationalen Automuseum Loh wurden gleich zwei Boliden beigesteuert: nämlich der Dodge Avenger IROC, der von 1984 bis 1995 erfolgreich eingesetzt wurde, sowie der Chevrolet Monte Carlo von Jeff Gordon. Dieses Auto erhielt wegen seiner Lackierung den Spitznamen "rainbow warrior". Gezeigt wurde auch die Replik des Olympia Beer Dodge Charger, der 2006 an der Le Mans Classic teilnahm. Schließlich sei noch der Ford Fusion von Matt Kenseth von 2010 erwähnt sowie der einzige Ford, den der "King" und langjährige Plymouth-Pilot Richard Petty jemals fuhr: der Torino Cobra aus der Saison 1969.
Am Beispiel der Marke Mercedes-Benz lassen sich viele Spielarten der auf der Veranstaltung gezeigten der Fahrzeuge demonstrieren. Begeben wir uns also zur "Mercedes-Fan World", wobei diese Vereinigung stellvertretend für die leider wieder wenig vertretenen Clubs und IGs stehen möge. Da gab es zum einen den völlig serienmäßigen Mercedes-Benz 560 SL (R 107), der dem Gewinner eines Nachwuchswettbewerbs vom R/C 107 SL-Club für drei Monate zur Verfügung steht. In der Nachbarschaft befand sich ein weiterer R 107 von 1983, der jedoch elektrisch betrieben wird. Das gilt auch ein T-Modell der Baureihe S 124, dem der Antrieb des Tesla Modell S (!) implantiert wurde. Für die Extremumbauten der 1980er-Jahre standen zwei in der SGS Styling Garage entstandene Exemplare: ein Mercedes-Benz 500 SEC (C126) als Cabrioumbau sowie ein 500 SEC "Gullwing" derselben Baureihe mit Flügeltüren.
Dazu gesellte sich ein 350 SL von 1979 mit Luftfahrwerk. Wem das zu extrem war, konnte sich an einem serienmäßigen, almandinroten Mercedes-Benz E 200 Cabrio (mit passendem Hardtop) erfreuen. Aus allerjüngster Zeit war ein Mercedes-AMG GT Black Series (2021) ausgestellt. Und noch einmal die Farbe Orange, nun aber in anderem Zusammenhang: Ein Mercedes-AMG GT-R (2022) aus dem Fuhrpark des niederländischen Königshauses war selbstverständlich in der Nationalfarbe lackiert. Auch das von einem Schrottplatz in den USA gerettete "Goldstück", das Projektauto Mercedes-Benz E 400, war wieder bei den "Mercedes Fans" zu finden. Es erhielt zwischenzeitlich eine neue Innenausstattung, und der Besitzer versicherte, dass bis zum nächsten Sommer nur noch Kleinigkeiten zu erledigen sind
Klassiker und Filmautos
Blicken wir nun auf das Angebot an klassischen Autos und beginnen in der "Messingära". Für einen Opel A von 1931 wurden 26'980 Euro verlangt, doch noch älter war ein Citroën 5 HP C3. Das 100 Jahre alte Cabriolet sollte 24'700 Euro kosten. Alles in allem waren Vorkriegsfahrzeuge aber auch in diesem Jahr rar, ebenso war das Angebot an britischen und italienischen Autos nicht üppig. Immerhin wurde ein Alfa Romeo Montreal für 105'000 Euro angeboten.
Fahrzeuge der Marken Audi und insbesondere BMW hingegen wurden reichlich offeriert. Deutlich mehr als früher waren japanische Autos zu sehen, und das nicht nur auf der sogenannten "Japanmeile". Apropos Fernost: dieses Jahr waren Stände chinesischer Hersteller noch etwas peripher auf der "Galeria" vertreten. Dies dürfte sich aber wohl bald ändern.
In der Preisklasse um 20'000 € war die Auswahl schon deutlich größer. So waren ein Fiat Coupé (1998) für 19'500 Euro, ein Mercedes-Benz CL (1997) für 19'999 Euro, ein Mercedes-Benz SL 500 (2002) für 17'500 Euro oder ein Smart Crossblade von 2003 für 22'480 Euro zu haben. Für rund doppelt soviel hätte man sich etwa zwischen einem Peugeot 404 Coupé (40'404 Euro) oder einem Fisker Karma (39'500 Euro) entscheiden können. Interessant war sicher auch ein vanillegelber Artega GT von 2009 für 79'900 Euro.
Am oberen Ende der Preisskala gab es einen Brabus 820 – ein von Brabus modifizierter Porsche 911 Turbo Cabrio – für 415'406,30 € oder einen Audi Sport Quattro E2 für 499'999 Euro. Was uns zu der Firma "Soujon Supercars" bringt, die neben weiteren Raritäten auch einen Ford GT und einen Pagani Huayra GT anbot. Ein großes Areal nutzte wieder JB Car Design, die neben einigen etwas martialisch wirkenden Dodge Ram u. a. auch wieder "zurückgebaute" Porsche 911 offerierten.
Auch Filmautos wurden gezeigt, insbesondere von "Chrome Cars", die gleich mehrere Autos aus der "Fast and Furious"-Reihe präsentierten. Auch Neuheiten wurden in Essen vorgestellt, so etwa der Hybrid-Rennwagen Lamborghini SC 63. Andererseits waren auch ein paar Autos schon bei der letzten EMS angeboten worden. So etwa der Borgward Arabella de Luxe von 1962, der nun rund 30 Prozent günstiger als im Vorjahr offeriert wurde. Interessant wäre schließlich auch, ob der Nachbau eines Mercedes-Benz 300 SL auf der Basis eines SLK für fast 200'000 € einen Käufer gefunden hat.
Was sonst noch auffiel: Studierende des Fachbereichs Maschinenbau an der Ruhr-Universität Bochum zeigten auf ihrem Stand selbstkonstruierte Rennwagen der "Formula Student". Die Technik-Museen Sinsheim und Speyer machten auf ihre künftige Sonderausstellung "Faszination Tuning – VW vs. Opel" aufmerksam – mit zwei völlig serienmässigen Opel Kadett GT/E und VW Golf GTI.
Tuning und Lifestyle
Was schließlich zum Thema Tuning überleitet, was hier aber nicht der Schwerpunkt sein kann. JP Performance zeigte unter anderem einen spektakulären Volkswagen "G3 V10" und einen Audi Sport Quattro, lackiert in der Porsche-Farbe "Meissenblau". Überflüssig zu erwähnen, dass es zu alledem im Netz umfangreiche Diskussionen gibt. Von Sidney Hoffmann gab es den Porsche 911 Carrera 2 RWB "Furusato" zu sehen – allerdings bei einem Modellautohändler, bei dem der Besucher die entsprechende Miniatur im Maßstab 1 zu 18 gleich mitnehmen konnte.
In Halle 5 waren dann rund 150 getunte Privatfahrzeuge ausgestellt, darunter etliche Old- und Youngtimer und zunehmend auch Elektroautos. Auch wenn diese Halle für viele Besucher eine besondere Anziehungskraft hatte, sollen an dieser Stelle nur die Bilder für sich sprechen.
Der Autor besucht die EMS nun schon seit Jahrzehnten, also sollten Vergleiche statthaft sein. Bei der Sichtung des Bildmaterials von vor zehn Jahren werden die Unterschiede dieser Veranstaltung deutlich. Die großen Hersteller haben sich nunmehr zurückgezogen und es wird längst nicht mehr so viel Zubehör von den Besuchern weggeschleppt wie früher. Ferner dürfte das Angebot an Old- und Youngtimern damals breiter gefächert gewesen sein. Damals gab es einen Ro 80, einen Mini Moke, reichlich Alfa Romeos und sogar einen Nissan S-Cargo im Angebot. Die paar noch verbliebenen Messemodels wirken heute wie ein Relikt aus der Vorzeit. Dafür ist das Thema "Tuning und Lifestyle" – wie in Halle 5 zelebriert – deutlich in den Mittelpunkt gerückt. Bleibt zu hoffen, dass der "Classic und Prestige Salon" noch lange besteht.













































































































































































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