Nach der letztjährigen coronabedingten Zwangspause präsentierte sich die Essen Motor Show in ihrer 53. Auflage erstmals als "Limited Edition". Mit der Konsequenz, dass die Tickets nur im Vorverkauf erhältlich waren, die Veranstaltung unter "3-G-Bedingungen" stattfand und dass in den Hallen (außer beim Verzehr, klar) Maskenpflicht galt. Aber immerhin: die EMS konnte wenigstens stattfinden. Man hatte allerdings das Gefühl, dass doch einige dieses automobile Event noch besuchen wollten, bevor der nächste Lockdown wieder einen Strich durch die Rechnung macht. Die "Limited Edition" bedeutete aber auch eine Einschränkung des Angebots, verglichen mit den letzten Essen Motor Shows.
So waren dieses Mal deutlich weniger Aussteller präsent, die Hallen 1A und 4 wurden nicht bespielt, und es gab auch keine Driftveranstaltungen. Doch dies war nicht unbedingt von Nachteil: Die EMS war in diesem Jahr jedenfalls überschaubarer – und leiser. Der Soundteppich der angebotenen Car-Hifi-Anlagen war – verglichen mit früher – vergleichsweise eher moderat und wurde auch von keinem driftbedingten Reifenquietschen übertönt. Zudem fiel auf auf, dass die früher allenthalben gebuchten Models oder publikumswirksam dargebotenen Bodypainting-Aktionen und dergleichen kaum noch zu finden waren. Zumindest der Verfasser dieser Zeilen hat dieses Ambiente jedenfalls nicht wirklich vermisst.
Zwei Hallen voll Oldtimer
Machen wir unter diesen Rahmenbedingungen also einen kleinen Rundgang über die EMS, bei dem wir die Tuning- und Lifestylesegmente aber weitgehend vernachlässigen und stattdessen aus der Sicht eines Liebhabers des klassischen rollenden Kulturguts berichten. Rund 250 Oldtimer und Youngtimer waren hauptsächlich in den Hallen 1 und 2 ("Classic & Prestige Salon") anzutreffen. Am "Automobilpalast" des Veranstalters S.I.H.A wurden in diesem Jahr diverse Jubiläen gefeiert: das 60-jährige des Jaguar E-Type oder der 75. Geburtstag der Vespa. Zudem wurden Motorsport-Klassiker von Ford und weitere Supersportwagen ausgestellt.
Direkt daneben – garniert mit einem Konterfei des "Commendatore" und für die im nächsten Frühjahr geplante Techno Classica werbend – stand eines von nur drei Pininfarina-Coupés des Ferrari 342 America von 1953. Neben dem Technik-Museum Sinsheim und dessen Monster "Brutus", welches schon aus pyrotechnischen Gründen in den Hallen nicht brüllen darf, war erstmals auch der PS-Speicher Einbeck mit einem Querschnitt seines Angebots vertreten. Hier seien der seltene Stoewer 8 Typ S 10 von 1928, der Rennwagen Borgward 1500 RS von 1951 (passend zum 100-jährigen Avus-Jubiläum mit dem sogenannten "Avus-Heck" ausgestattet) und der gewaltige Mack Superliner aus den Siebzigern beispielhaft erwähnt.
Filmautos und alte Neuwagen
Nicht alltäglich war auch die Präsentation des Melkus-RS-1000-Registers mit zwei Exemplaren des Sportwagens. Auf dem großen Stand von Chrome Cars gab es außer dem originalen Iveco-Wohnmobil von Michael Schumacher und Rubens Barrichello auch eine Phalanx von Fahrzeugen im John-Player-Special-Outfit zu sehen, die hauptsächlich aus Lotus-Modellen bestand. Cineasten konnten sich über den 1971er Chevy Nova aus "Death Proof", einen der zahlreichen 1969er Dodge Charger der "Dukes of Hazzard“ sowie "Eleanor" aus der Millenniums-Neuauflage von "Nur noch 60 Sekunden" freuen. Jüngere Filmstars waren der VW Vento aus "The Fast and the Furious" wie der Toyota Supra und der ‘69er Yenko-Camaro aus "2 Fast 2 Furious"
Natürlich konnten auch Klassiker erworben werden, allerdings zu recht selbstbewussten Preisen. Ob ein 1958er Mercedes-Benz 190 b aus vierter Hand mit Matching Numbers und Datenkarte für 103‘800 Euro einen Käufer gefunden hat, darf bezweifelt werden. Die Classic-Abteilung von Brabus bot wie immer erlesen restaurierte Klassiker von Mercedes-Benz quasi im Neuwagenzustand an: so etwa ein W124-Cabriolet für knapp 70‘000 Euro und zwei Pagoden-SL für fast 300‘000 Euro. Das war immerhin fast das Dreifache des Preises einer nur wenige Meter entfernt angebotenen (nicht von Brabus restaurierten) Pagode. So mag man sich also fragen, wie viel einem der Neuwagenzustand eines Oldtimers wert ist.
Klassiker für jedes Budget
Auch wer seltene Modelle suchte, wurde nicht enttäuscht. So waren etwa ein Porsche Carrera 6/906 und ein dunkelblauer Bizzarini GT 5300 im Angebot, dessen Verkaufspreis erwartungsgemäß allerdings erfragt werden musste. Der 1967er Bizzarrini gewann denn auch den Concours d’Élégance im "Classic & Prestige Salon" und wurde zum "Best of Show" gekürt.
Ebenso selten sieht man auch einen Arnolt-Bristol zum Verkauf stehen: hier wurde ein rotes Exemplar von 1955 offeriert. Und wem nautisch zumute war, der hatte die Wahl zwischen einem Amphicar und dem ultrararen Gibbs Aquada von 2004 mit einer Laufleistung von nicht einmal 8000 Kilometern für 150‘000 Euro. Wer nicht ganz so viel ausgeben wollte, hätte zwischen einem Fiat 850 von 1966 für 11‘900 Euro oder einem eher gewöhnungsbedürftigem Mustang II für 16‘950 Euro wählen können. Im Segment um 10‘000 Euro wurden auch mehrere Mercedes-Benz SLK der ersten Serie angeboten, die aber – sieht man von speziellen Farb- oder Ausstattungsvarianten einmal ab – auf dem Markt noch reichlich vorhanden sind.
Breitbau-Tuning der Achtziger
Wer auf Autos aus mit Vorgeschichte oder aus prominentem Vorbesitz steht, konnte bei der Firma Sky aus dem Westzipfel Deutschlands fündig werden: Im Angebot waren ein Mazda MX-5 aus dem Besitz von Michael Schumacher und der von den Hauptdarstellern signierte originale Opel Manta B aus dem Film "Manta Manta" – der ein paar Meter weiter auch als Modell in 1:18 wohlfeil erhältlich war.
Natürlich kamen auf der Essen Motor Show auch die Freunde des Tunings auf Ihre Kosten, was in dieser Stelle aber nur kurz dargestellt werden soll. Tuningfans durften sich an einem von Sidney Hoffmann getunten Porsche 911 GT3 oder einem üppig folierten Toyota Supra von JP Performance delektieren. Star des Stands von JP Kraemer war aber wohl der VW Golf II GTI namens "Thunderbunny" mit VR6-Mittelmotor und mächtigem Breitbau-Kit.
Luft bricht nicht, Luft rostet nicht
Unter den umgebauten Autos fanden sich auch einige Klassiker, die mit Luftfahrwerken ausgestattet und in Details veredelt wurden. Die allermeisten von ihren waren auch mit Rücksicht auf die historische Basis modifiziert und nicht wahllos aufgemotzt. Ob man diesen modernen Umgang mit klassischen Autos nun gutheisst oder nicht, scheint doch wenigstens eine Gruppe von Auto-Fans nachzuwachsen, die sich überhaupt noch für die älteren Modelle interessiert. Und ein Luftfahrwerk im Oldie führt nur einen langen gehegten Gedanken zu Ende: schliesslich versuchten amerikanische Customizer schon in den Fünfzigern, ihre Autos so tief wie möglich auf den Asphalt zu legen.
Auch etliche Touren- und Rennwagen der Siebziger bis Neunzigerjahre wurden gezeigt. Die Spanne reichte vom "Kampf der Zwerge" bis zum Opel Omega A DTM im Jägermeister-Trimm.
Breites Mercedes-Spektrum
Quasi ein Resümee der auf der Essen Motor Show gezeigten Mobilitätsvielfalt bot der Stand der "Mercedes Fan World" in Halle 3. Die Spanne der Exponate reichte von den Oldtimern Ponton und Adenauer über einen C 43 AMG T, einen Nachbau der "Roten Sau" 300 SEL 6.8, ein leicht angejahrten 400 E, einen elektrifizierten SLC des belgisch-niederländischen Herstellers Monceau Automobiles bis hin zum aktuellen vollelektrischen EQS 450+, die durch einen 300 SE Coupé mit Luftfahrwerk und einen dreiachsigen G 63 AMG 6x6 ergänzt wurden.
Alles in allem tat es gut, nach langer Abstinenz mal wieder eine große Veranstaltung rund ums Automobil zu besuchen. Situationsbedingt war diese aber reduzierter und übersichtlicher, was nicht nur am neuen Hallenensemble lag. Zu Beginn der Essen Motor Show hoffte die Messeleitung auf 100.000 Besucher. Laut Mitteilung der Messe Essen zum Abschluss der Veranstaltung wurde dieses Ziel erreicht.
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