Dies ist kein Auto!
02.03.2016
“This is not a car”, steht es da mit grossen Lettern auf dem Podest, auf dem ein niedlicher Wagen postiert ist, dessen Form einen natürlich sofort an die BMW Isetta erinnert, ja genau, an den Kabinennroller, dessen Grundkonstruktion die Bayrischen Motorenwerke einst von Renzo Rivolta übernommen hatten.
Die weiss-blaue “Knutschkugel” ist aber kein BMW, sondern heisst Microlino . Und sie stammt auch nicht aus den Fünfzigerjahren, sondern aus der Neuzeit. Trotzdem hat sie mehr mit Oldtimern zu tun als man aufgrund des Baujahres (2016) und des Antriebs (Elektromotor) vermuten könnte. Tatsächlich wurde der Prototyp 01 des Microlino nämlich so gebaut, wie man vor Jahrzehnten auch Sonderkarosserien herstellte. Auf dem Chassis sitzt nämlich eine von Hand in mühsamer Detailarbeit aus Stahlblech getriebene und gehämmerte Karosserie. Genauso entstanden damals auch die schönen Autos bei Frua, Pininfarina oder Ghia.
Dass das Vorbild für Form und Konzeption die BMW Isetta ist, geben die Leute um Wim Ouboter auf dem Microlino-Stand am Genfer Automobilsalon gerne zu. Maximale Raumausnutzung waren gefragt, ein niedriges Gewicht und möglichst wenig Flächenbedarf gesucht.
Allerdings entwickelte man die Isetta sowohl vom Design als auch von der Konstruktion her gleich ein wenig weiter. Die Aussenmasse wuchsen ein wenig, die hinteren Räder weisen eine breitere Spur (nun ca. 70 cm) auf. Die Lenksäule konstruierte man so um, dass sie ein noch bequemeres Einsteigen durch die Fronttüre erlaubt.
Als Antrieb dient ein bei der Hinterachse angeordneter Elektromotor. Die Reichweite soll je nach Batterie rund 100 km betragen, die Höchstgeschwindigkeit 80 oder 100 km/h, je nach Ausbaustandard. Nicht schlecht für da niedliche Gefährt, das natürlich vom Nostalgie-Bonus der BMW Isetta profitiert und nicht umsonst in den Farben Weiss und Blau bemalt ist.
Der Prototyp 01 hat übrigens seine ganz besondere Geschichte, er fiel nämlich beim Umladen am Flughafen Zürich vom Gabelstapler und erhielt eine dicke Beule am Dach, die aber inzwischen natürlich ausgebeult wurde. Der Fall bewies auch die solide Grundkonstruktion, denn natürlich wird der Microlino dereinst mit Sicherheitsgurten ausgerüstet werden und ein integrierter Überrollbügel und Knautschzonen sichern das Überleben der Insassen.
Die Serienfahrzeuge werden eine Kunststoff-Karosserie enthalten, zum Stahlblech griff man aus Kostengründen nur beim Prototyp. Ab etwa 10’000 Franken (oder 9600 Euro umgerechnet) sollen trendige Stadtbewohner in Zukunft einen Microlino erwerben können, der eben kein Auto sondern ein Quad ist, also ein vierrädriger Töff, den man aber (je nach Land) auch mit dem Motorrad-Führerschein nutzen darf.
Der Microlino, der in Zusammenarbeit mit der Hochschule ZHAW Zürich entstand, kann auch als Verneigung gegenüber dem über 60-jährigen Isetta-Konzept verstanden werden. Und die Weiterentwicklung ist sicherlich gelungen. Als traditionsbewusste Oldtimerfans sind wir natürlich froh, dass jetzt nicht gleich Heerscharen originaler Isettas der Benzinmotor entrissen und mit Elektroantrieb ersetzt wird. Dann schon lieber etwas Neues bauen wie Wim Ouboter.
Mehr über den Autosalon und ausgestelltes altes Blech findet sich im eigens dafür publizierten Artikel..