Männer können mit dem richtigen Spielzeug sehr schnell zu ganz kleinen Jungs werden und dazu braucht es nicht einmal viel. Da genügt schon ein richtiges Auto, nicht nur ein Kleines im Masstab 1:43 und auch nicht der kleine Sandkasten hinter dem Haus, sondern die zur Hälfte vereiste und verschneite Südsteiermark.
In gut eineinhalb Tagen weit über 600 km kreuz und "vor allem quer" über ausgesuchte Forst-, Feld-, Wiesen- und Waldwege zu fliegen ist Verjüngungskur und Wellness pur. Auf Strassen, besser wiederentdeckten alten römischen Pfaden, rauf und wieder runter und das Ganze natürlich nicht nur einmal, sondern immer wieder. Asphaltierte Strassen werden praktisch nur als zwingende Zubringer von Pfad zu Pfad befahren.
Kein Kampf um Sekundenbruchteile
Die "Winterclassic HQ Teichalm" ist kein Kampf um Hundertstels-Sekunden, da gibt es schon satte Minutenabstände, bis hin zu mehreren Stunden.
Es werden auch keine Schlauchprüfungen addiert, nein man muss eigentlich nur den korrekten Weg vom Start bis ins Ziel finden. Das klingt zwar sehr einfach, wird aber durch die beiden extremen Kartenmassstäbe von 1:15’000 sowie 1:10’000 und den kleinen kaum sichtbaren Abzweigungen extrem erschwert. Dazu kommen Strecken-Handskizzen mit professionellen Kurvenangaben, wie sie ein Christian Geistdörfer wohl seinem Fahrer Walter Röhrl eingab, doch hat man die Angaben nicht persönlich erstellt, wird's schon sehr schwierig. Ist man zudem noch ortsfremd, dann wird die Aufgabe, den richtigen Weg zu finden, zur richtigen Knacknuss.
Arbeit auf engstem Terrain
Die knappe Zeitberechnung zwingt zu einem recht forschen Fahrstil vor allem im ältesten, lautesten, hubraum- und drehmomentschwächsten Fahrzeug des ganzen Feldes und so wird die Arbeit des Beifahrers zur ununterbrochenen Übung auf allerhöchstem Niveau. Ein noch so kleiner unbemerkter Navigationsfehler lässt einen schnell aus dem kleinen Kartenausschnitt im Roadbook fahren und schon beginnt die riesengrosse Suche nach der nur vor kurzem unbemerkt verlassenen Route.
Ein Teilnehmer meinte dazu: "Was soll’s, es wird eh’ jeder im Sch… herumfahren."
Von Vorteil sind da sicherlich weitgehend schmerzfreie Beifahrer, deren andauernde Konzentration auf das Roadbook nicht gleichzeitig auf den Magen schlägt. Eine navigatorisch leicht überforderte und mit Reisetabletten vollgestopfte Beifahrerin meinte: "Hätte ich als Fahrer mit mir als Beifahrerin fahren müssen, dann hätte ich mich schon nach wenigen Kilometern aus dem Auto geschmissen."
Ankommen im Ziel ist das Ziel
Verfahren haben sich wirklich alle, die einen mehr, die anderen etwas weniger. Einige fuhren sogar im Konvoi falsch, obwohl der Navigator (ganz aus eigener Erfahrung gesprochen), schon beim Abbiegen schrie: "Halt, da stimmt was nicht!" und schon kämpften wir alle gemeinsam in der Sackgasse auf dem Vorplatz des Bauernhofes um jeden Zentimeter, um die Autos so schnell wie möglich zu wenden!
Oder man fuhr nachts mehrere Ehrenrunden um die Dorfkirche und lockte mit dem satten Motorensound immer mehr begeisterte Bewohner an ihre Fenster, bis endlich die richtige Abzweigung gefunden war. Bei dieser Rallye darf die Ankunft im Ziel mit ruhigem Gewissen wie ein Sieg gefeiert werden.
Fahrerisch anspruchsvoll
Ab und zu hilft es auch den Organisator Josef Prein und dessen Liebe zu ganz speziellen Fahrwegen in Erinnerung zu rufen, um auf einer Kreuzung mit fünf verschiedenen "Strässchen" die Richtige zu wählen, denn meist ist es genau jene, die man selbst nie fahren würde.
Schnee und Eis erschweren vor allem das Erklimmen der steilen Bergprüfungen mit ihren engen Serpentinen. Schon die kleinste Unachtsamkeit verlangt nach einem Neustart, natürlich wieder von ganz unten, was uns an zwei Stellen nur ganz knapp erspart blieb. Der drehzahlhungrige 850TC schrie und windete sich auf alle Seiten im ersten Gang aus den Spitzkehren wie eine Sau im Schlachthof, verstummte jedoch sofort wieder beim Schaltvorgang. Wehe der Zweite konnte nicht perfekt an die Endrehzahl des Ersten anknüpfen.
Bei richtig viel Schnee werden auch sehr schnell immer wieder Ketten nötig, doch dieses Jahr war man mit den Spikes-Reifen sehr gut gerüstet. Diese generierten grosse Sicherheit auf den oft vereisten Strassen, mussten aber auf den stark von Rollsplitt übersäten trockenen Abschnitten mit grosser Vorsicht gefahren werden. Wurde der Bremspunkt nur etwas zu knapp gewählt, oder war das Tempo beim Einlenken nur minimal zu hoch, so wurde die Kontrolle des Autos schnell einmal von der Fliehkraft übernommen.
Nichts für Warmduscher
Das Startgeld ist mit € 1100 kein Schnäppchen und auch teurer als andere Winterveranstaltungen, doch der fahrerische Aspekt ist massiv höher und sportlicher, dabei verlangt die Rallye nach einem guten Navigator und natürlich auch nach einem passenden Auto.
Jeder normale Winter-Klassiker ist dazu sicher nicht geeignet, denn die Chancen einer Kaltverformung sind hoch und bei viel Schnee sollten ausser Drehmoment und Traktion unbedingt auch Ketten und alle andere Hilfsmittel im Auto vorhanden sein.
Diese Rallye ist nun wirklich nichts für "Weicheier" und "Warmduscher" sie ist einzigartig im deutschsprachigen Raum und wie geschaffen für alle Hardcore-Freaks die keinen Winterschlaf brauchen.
Die "Winterclassic HQ Teichalm" feierte am 17. und 18. Februar 2017 bereits ihren 10. Geburtstag und die riesige Freude der mal wieder zu "kleinen Buben" gewordenen Männer bestärkt die ganze Familie Prein mit Anhang im kommenden Jahr die elfte Austragung zu veranstalten.
Die Gesamtsieger 2017
1. Dominique und Peter Wenger auf Porsche 924 turbo (1979)
2. Gudrun und Wolfgang Dathausky auf BMW 2002 tii (1973)
3. Uli Barnewitz und Martin Krisan auf Mercedes-Benz 450 SLC (1974)