Einen Winterkurort, eine schneebedeckte Pferderennbahn auf einem vereisten See, Sonnenschein bei Minustemperaturen, dies alles tönt wie der perfekte Rahmen zu einem Skijöring-Anlass, aber nicht unbedingt für einen Concours d’Elégance mit den schönsten und teuersten Autos der Welt.
Marco Makaus, Gründer und Schirmherr von “The I.C.E. St. Moritz” sah dies schon im Jahr 2019 anders und am 26. Februar 2022 trafen sich Autos aus fast zehn Jahrzehnten erneut vor den Toren von St. Moritz. Makaus dazu: “Nach der Ausgabe ‘Nummer Null’ im Jahr 2019 mussten wir drei Jahre warten, um diesen Traum zu verwirklichen, der bereits vor 37 Jahren geboren wurde: Das Ergebnis der Geduld und der Arbeit aller, die mitgearbeitet haben, entschädigt für das lange Warten.”
Der etwas andere Concours
Trotz des Schnees und über 1800 Meter über Meer gestaltete sich die Schönheitskonkurrenz nicht so viel anders wie andere Concours. Ein Unterschied allerdings machte die bereits erwähnte Rennbahn des traditionellen Pferderennens "White Turf”. Denn diese Piste bot den schönen Autos die Gelegenheit, sich auch dynamisch und in Fahrt zu zeigen.
Da wurden dann selbst auf einem Jaguar XKSS oder am Formel-Rennwagen Spikes-Reifen montiert, um den Klassiker auch tüchtig fliegen lassen zu können und dem begeisterten Publikum die Breitseite zu demonstrieren.
Nicht allen Fahrern gelang dies freilich gleich gut und dem einen oder anderen Teilnehmer mag der Klassiker dann doch zu schade gewesen sein für waghalsige Manöver auf der schneebedeckten Piste.
Einige aber zeigten bemerkenswerte Drifts, allen voran der Fahrer des Jaguar XKSS, er schaffte es als Einziger, die langgezogenen 180-Grad-Kehren komplett quer zu umrunden und wurde damit zum ganz grossen Liebling aller Zuschauer. Andere hatten etwas weniger Glück und deren Fahrmanöver endeten in Drehern und im schlimmsten Fall im Holzzaun. Und es ist hier nicht die Rede von rallye-erprobten Ford Escort oder Lancia Stratos, sondern von Ferrari 250 GT Lusso, Porsche 356 Speedster, Maserati Ghibli oder Lamborghini Countach.
James-Bond-Action und andere Filmzitate
Wer bei winterlichen Temperaturen am Rundkurs ausharrte, konnte einiges an Filmprominenz vorbeidriften sehen.
Da war etwa der Aston Martin DB5 mit (fast) kompletter Bond-Ausstattung, wie er in Goldfinger auftrat. Dessen Fahrer fehlte selbst die Pistole als “prop” nicht.
Aus einem andere Bondstreifen stammte der Mercury Cougar mit aufgeschnallten Skiern.
Und der Meyers Manx Buggy mit Corvair-Motor fuhr zwar nicht in einem Bondfilm mit, mit seinem Auftritt bei “The Thomas Crown Affair” und Steve McQueen als Filmfahrer dürfte er aber mindestens ebenso prominent sein wie der Cougar.
Eleganz im Schneestaub
Viele der 50 Schönheiten sah man auch schon an den Sommer-Concours von Pebble Beach, Villa d’Este oder anderswo. Auf Schnee allerdings sah man die meisten noch selten, im Schneestaub unterwegs schon gar nicht.
Ob frühem Lamborghini Countach, Ferrari 365 GTS/4 oder Lancia Aurelia B24 S America, sie alle wagen den Auftritt im winterlichen St. Moritz. Aston Martin, Jaguar, Porsche, Morris einige Porsche, ein Mini, Mercedes-Benz oder Volkswagen.
Die ausgewählten Fahrzeuge waren sicherlich “erste Sahne” und sie passten mit ihren momentanen Werten auch perfekt in den Nobelort St. Moritz. Da passte natürlich der dunkelblaue Ferrari 250 GTO von 1963 (Chassis 4219GT) bestens in die Reihe.
Siegerreigen
Natürlich sollen auch die Sieger des I.C.E. St. Moritz - International Concours of Elegance 2022 genannt werden:
Die "Jet set on Ice”-Klasse gewann der Ferrari 275 GTB (1965), einer von nur vier 275 GTB mit Langnasen-Aluminiumkarosserie, ein Meisterstück an Stil und Dynamik.
In der "Stars on wheel”-Klasse stand der Lamborghini Miura (1968) ganz oben auf dem Podest.
In der "Vintage road racing”-Klasse siegte der kleine Engländer der Morris Mini Cooper S, ein ehemaliger Werkswagen aus dem Jahre 1967.
Die "Barchettas on the Lake"-Klasse sah den Jaguar C-Type von 1953 als Sieger und die "Vintage Grand Prix"-Klasse wurde vom Maserati 4CL aus dem Jahre 1939, entworfen von Ernesto Maserati, dominiert.
Als “Best of Show” kürte die ICE-Jury aber den sowohl schönen als auch legendären Alfa Romeo Tipo B/P3 von 1933.
Und die Instalake-Trophy ging an den schwarzen Ferrari 250 GTO von 1963, während der “Spirit of St. Moritz”-Preis dem Fiat 130 “Villa d’Este” Introzzi von 1970 zugesprochen wurde.
Noch mehr Schnee?
Nicht alle Zuschauer kamen allerdings voll auf ihre Rechnung, was unter anderem daran lag, dass der angekündigte Zeitplan nur beschränkt eingehalten wurde. Auch hätte es einem Concours gut angestanden, wenn bei der Siegerehrung nicht nur die Besitzer, sondern auch die Autos gezeigt worden wären. Auch auf den von amerikanischen Concours bekannten Schnipselregen hätte man nicht komplett verzichten müssen, man hätte ja stattdessen eine Schneekanone einsetzen können.
Den Fotografen und Filmern, aber auch den Fahrern hätte man die Arbeit vielleicht etwas erleichtern können, indem man die Fahrbahn besser markiert sowie eingemittet hätte. Damit hätten die Autos eine Vorgabe erhalten, wo sie denn durchfahren sollten und es hätte auch mehr Platz für Dreher gegeben. Und wie wäre es damit, die Autos in den Pausen etwas offener und mit mehr Platz aufzustellen, um den vielen Social-Media-Vertretern bessere “Schüsse” zu ermöglichen?
All dies soll natürlich als Kritik auf hohem Niveau verstanden werden, denn den Organisatoren und Veranstaltern kann nur viel Lob gezollt werden, einen derartig einzigartigen Anlass aus dem Boden, oder besser Schnee gestampft zu haben. Weiter so!
Für die Besitzer, respektive deren Mechanikern, bleibt nun die Aufgabe, die “verwinterten” Schönheiten wieder auf den Sommerbetrieb vorzubereiten. Aber auch dies wird wohl deren Spesenkonto nicht leerfegen.
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Anmerkung zum Ferrari 275GTB4 longnose alloy: es waren (und sind vmtl.) nicht 4 sondern 40 Fahrzeuge gebaut worden, womit die Preise bisher noch im 7-stelligen erschwinglich geblieben sind :-)