Die Stadt Bergisch Gladbach entstand 1975 aus dem gleichnamigen Städtchen im Zusammenschluss mit der Stadt Bensberg und der Ortschaft Schildgen. Damit stieg sich zu einer richtigen Stadt auf und ist heute mit über 100’000 Einwohnern die Kreisstadt des Bergisch Rheinischen Kreises. Und sie ist auch Zentrum der Schloss Bensberg Classics, die seit 2009 mit Erfolg und steigender Bekanntheit Jahr für Jahr durchgeführt werden.
Typisch für die Schloss Bensberg Classics sind die Zweiteilung des Anlasses in eine Rallye Historique und einen Concours d’Elégance mit FIVA-A-Status. Am 18. bis 20. Juli 2014 war es wieder soweit, im Gegensatz zu den früheren Jahren fand die sechste Schloss Bensberg Classics bereits im Juli statt im September statt.
Durch Wald und Wiesen
Während am Freitag Nachmittag anlässlich der Fahrzeugmeldung und -abnahme für die Rallye Historique noch eine lockere Stimmung herrschte, liessen sich unerfahrene Rallye-Beifahrer in einem einstündigen Kurs in die Geheimnisse der Navigation und Wertungsprüfungen einführen. Da brummte manchem bereits der Schädel noch bevor er das erste gekühlte Glas Champagner genossen hatte.
Am Samstag Morgen ging es dann los. In zwei Schleifen am Vor- und am Nachmittag wurden Landstrassen und -strässchen im Osten von Bergisch Gladbach befahren und dabei elf Wertungsprüfungen mit Schlauch-/Lichtschranken-Messungen sowie Geschicklichkeitsübungen absolviert.
Während sich einige Teilnehmer schon auf den ersten Kilometern verfuhren, gelangten andere ohne grössere Schwierigkeiten ins Ziel und meisterten auch die Einparkübung mit Bravour.
Die beiden Rundfahrten, die zusammen etwa 200 km umfassten, waren für alle Autos gut zu bewältigen, nicht zuletzt auch dank des weitgehend flachen Geländes, das nur durch einige wenige stärkere Gefälle unterhaltsamer gestaltet war. Selbst Vorkriegsautos, und davon waren einige mit von Partie, konnten gut mithalten. Gerade sie sorgten für freudiges Grüssen bei den Zuschauern am Wegrand, denn wann kann man sonst schon zwei Vorkriegs-Rennsport-Bugattis mit einem Invicta 4.5 S Low Chassis im Konvoi vorbeifahren sehen.
Zwischen der kürzeren Fahrt am Morgen und der längeren Strecke am Nachmittag nahmen die Teilnehmer ein verdientes Mittagessen auf Schloss Lerbach ein, um dann am Abend wieder an den Anfangspunkt im Schloss Bensberg zurückzukehren, wo vor Publikum die letzte Zeitnahme stattfand. Als Erfrischung erhielten die Teilnehmer ein Glas Champagner.
Interessanter Fahrzeugmix
Rund 100 Fahrzeuge, ein nicht unerheblicher Teil stammte aus den Traditionsabteilungen der Konzernmarken der Volkswagengruppe, nahmen an der Rallye teil. Darunter fanden sich auch selten gewordene Raritäten wie der Audi 80 Variant (Baujahr 1967), der Karmann-Prototyp für ein Cabriolet des VW Typ 4 (1968) und eine ganze Parade von VW-Transportern der Baureihen T1 und T2.
Erwähnenswert sind auch einige Concours-Fahrzeuge, die nicht in der dunklen Hotelgarage auf ihren Auftritt am Sonntag warten wollten, sondern bereits am Samstag bei der Rallye Auslauf erhielten wie zum Beispiel das Mercedes Benz 300 S Cabriolet von 1952 und der Jensen 451 S von 1956, der notabene in der Wertung der Rallye wieder ganz oben auftauchte.
Besonderes Pech hatte die Besatzung des Seat 124 Sport 1600 Coupés, denn noch vor Rallye-Beginn fuhr dem bei uns sehr seltenen Seat ein unaufmerksamer Zeitgenosse ins Heck und so musste die Rallye mit einem arg ramponierten Heck in Angriff genommen werden.
Sanduhr bis Elektronik
Gewertet wurde die Rallye Historique in vier Klassen, die nach Alter der Fahrzeuge und genutzter Zeitmessungstechnologie eingeteilt wurden.
In der “Sanduhr”-Klasse bis Baujahr 1945 siegte siegten Gilbert und Elisabeth Wurth auf einem Riley TT Sprite Special von 1937, gefolgt von Goy und Francoise Geltes auf einem Bugatti T 35 von 1924.
In der Nachkriegsklasse mit mechanischen Uhren konnten sich Hans-Ulrich und Marie-Therese Hahn auf einer Alpine A110 1600 S von 1969 zum Sieger feiern lassen, während Gert Ittert mit Gabriele Eickmann-Pohl auf einem Jaguar XK 150 S von 1959 auf Rang 2 einliefen.
In der Vorkriegs-Elektronikklasse nahmenStefan Brungs mit Greg Kable auf einem weiteren Bugatti T 35 von 1926 die Gewinnertrophäe entgegen, während sich Thomas Frank zusammen mit Guido Reinking auf einem Audi 920 Cabriolet mit dem zweiten Rang zufrieden geben mussten.
Die Nachkriegsfahrzeuge mit Elektronikunterstützung dominierten Klaus und Karin Steffens auf dem Jensen 541 S von 1960, während sich Gotthard Schleicher zusammen mit Maria Schmitt auf dem Alfa Romeo 1750 GTV von 1970 nur knapp geschlagen geben mussten.
Bilder der meisten Teilnehmerfahrzeuge finden sich in der Bildergalerie “Rallye Historique” .
Aktivitäten am frühen Morgen
Früh aufstehen mussten am Sonntag diejenigen Teilnehmer, die ein Fahrzeug am Concours d’Elégance zeigen wollten. 42 Fahrzeuge fuhren ab 06:30 bei noch leichtem Nieselregen Stück für Stück von der Hotelgarage in den Innenhof des Schlosses und liessen sich von penibel genau dirigierenden Einweisern auf ihre Plätze führen.
Wegen des Niederschlags wurden viele Autos unter Plastikschutzhüllen soweit als möglich trocken gehalten, doch schon bald liess der Regen nach und die Autos durften sich im besten Lichte zeigen.
Und da gab es einiges zu sehen. Die Fahrzeuge traten in acht Kategorien zur Schönheitskonkurrenz an:
A. Impressive Elegance – Prestigious Saloons (Pre-War)
B. Open-Top Legends – Sporty Roadsters and Convertibles (Pre-War)
C. The Shape of Speed – Early Aerodynamic Designs
D. Heavenly Icons – Rare Convertibles (Post-War)
E. Italian Beauties – Forgotten Italian Classics
F. Passion and Power – 100 Years of Maserati
G. The Magic Material – Cars with Plastic Bodies
H. Roaring 50's – Racing Cars of the 1950s
Farbige Geschichten
Fast so wichtig wie die schönen Rennwagen sind die interessanten Geschichten dahinter. Der Jaguar XK120, den Wilhelm Eckerlin 1951 kaufte, stellte den Besitzer bezüglich Platzverhältnisse nicht zufrieden. Kurzerhand liess er sich den neuen Wagen bei Autenrieth zumbauen und damit um 20 cm verbreitern. Der Innenraum wuchs um 40 cm. Im Laufe des sechs Monate dauernden und 55’000 DM kostenden Umbaus (der Grundpreis des Wagens betrug DM 18’500) wurde auch die zweiteilige Windschutzscheibe durch eine Panoramoscheibe ersetzt, elektrisch beheizbare Sitze eingebaut und das Armaturenbrett umgebaut. Natürlich blieb der Autenrieth Jaguar XK 120 ein Einzelstück.
Oder der Alfa Romeo 8C 2300/2600 mit Chassisnummer 221110 von 1932/33, der ursprünglich eine Karosserie von Castagna trug. Graf Augusta verunfalle mit diesem Wagen im Jahr 1951 und beschloss, den Wagen zu verschrotten. Auf märchenhafte Weise tauchte dieses Fahrgestell in den Siebzigerjahre wieder auf und bei der Suche nach einem passenden Aufbau fand man die demontierte Karosserie eines anderen Fahrzeugs (2111018), das 1934 eine Karosserie nach Entwürfen von Erdmann & Rossi und ausgeführt durch die Firma Bandone in Cannes erhalten hatte. Eben diesen Aufbau vereinigte man nun mit Chassis 221110 und restaurierte den ganzen Wagen vor 1990. Seither wurde der Wagen nur zweimal öffentlich gezeigt. Heute beeindruckt die elegante Karosserieform und gemäss Egon Zweimüller ist der 8C herrlich zu fahren.
Zwei unorthodoxe Mercedes Benz
Kaum jemand weiss, dass Mercedes Benz neben den Alu- und Stahlblech-Karosserien auch eine GFK-Variante für den 300 SL Flügeltürer baute. Das nie öffentlich in Erscheinung getretene Exemplar aus dem Jahr 1955 hat überlebt und unterscheidet sich neben der Materialwahl auch durch spezielle Blinker vorne auf den Kotflügeln und andere Rückspiegel. Der seit langer Zeit erstmals wieder gezeigte Wagen gelangte allerdings ohne Motorkraft und ohne wirksame Bremsen in den Schlosshof, eine kleine Sensation in der Kategorie “Cars with Plastic Bodies” war es trotzdem.
Kaum weniger selten war der Kamm-Wagen K3, der 1938 auf Basis eines Mercedes Benz 170 V entstand. Der cw-Wert betrug beeindruckende 0,23, was dem 38 PS starken Fahrzeug zu 130 km/h Spitzengeschwindigkeit verholfen haben soll. Als einziger überlebender Kamm-Wagen wurde der Mercedes in Bensberg in unrestauriertem Zustand gezeigt.
Schöne Osteuropäer
Gleich zwei Osteuropäer schafften es in der Kategorie “The Shape of Speed” in den Schlosshof. Der Skoda Popular Monte Carlo von 1937, der bereits die Zuschauer an der Rallye durch seine Eleganz beeindruckt hatte, und der Tatra Typ 87 von 1941 mit einem drei Liter grossen V8-Motor und einem cw-Wert von 0,36, was bereits vor dem zweiten Weltkrieg eine Spitzengeschwindigkeit von 160 km/h ermöglichte.
Einmaliger Kunststoffwagen aus Deutschland
1967 bauten Henner Werner, Michael Conrad und Detlef Unger einen selbsttragenden Kunststoff-Sportwagen, den sie Delta 1 nannten. Eigenheiten des Wagens waren die Sandwich-Bauweise und das Lichterband mit sechs Rechtecklampen, die ausgeklappt werden konnten.
Der Wagen wurde nie gebaut und über lange Jahre als Wrack gelagert, bis sich Werner Brendel traute, die Restauration zu beginnen. Es wurde dann eher eine Rekonstruktion daraus, bei der auch konstruktive Mängel soweit möglich beseitigt wurden.
Heute ist der Wagen mit seinem NSU-TT-Motor und rund 650 kg wieder voll fahrbar. In seiner blauen Lackierung war er mehr als ein Farbtupfer an der Schloss Bensberg Classics.
Besondere Rennsportwagen
Gegensätze waren das Thema der Kategorie “Racing Cars of the 1950s” (Rennsportwagen der Fünfzigerjahre). Auf der einen Seite der toprestaurierte Mille-Migilia-Ferrari mit Vignale-Karosserie auf der anderen ein unrestaurierter Borgward Hansa RS 1500, der sich leider wegen zuviel Öl im Motor nach aufwändiger Abpumpaktion nur verspätet starten liess und damit nicht mehr als Klassensieger in Frage kam.
Und während der Porsche 550-1500 RS Spyder von 1954 mit gerade einmal 1,5 Liter Hubraum und 117 PS um Rennsiege kämpfte, schöpfte der Maserati 450 S von 1958 mit weit über 400 PS aus dem Vollen. Die goldene Mitte der Rennsportkategorie verkörperte der OSCA 2000 S von 1954 mit einem 165 PS starken Zweiliter-Reihensechszylinder.
Die Elegantesten der Eleganten
Bei soviel Auswahl hatte es die neunköpfige Jury unter Franz-Josef Paefgen nicht einfach. Aber auch bei völlig unvergleichlichen Fahrzeugen musste man sich zu einem Kategoriensieger durchringen und so gewann der Duesenberg SJ von 1933 bei den Prestigeautos der Vorkriegszeit, der Bugatti Typ 50 von 1930/31 bei den sportlichen Roadstern der Vorkriegsära, der Tatra Typ 87 von 1941 bei den frühen Aerodynamik-Autos, der Porsche 356 Pre-A Speedster von 1955 bei den seltenen Nachkriegs-Cabriolets, der Siata 140S Daina Sport von 1952 bei den vergessenen italienischen Schönheiten, der Maserati A6G/2000 Frua als Coupé von 1955 in der Maserati-Kategorie, der Studebaker Avanti R2 von 1963 in der Klasse der Autos mit Kunststoffkarosserie und der OSCA 2000 S von 1954 bei den Rennsportwagen der Fünfzigerjahre. Dass bei den Siegern doch immerhin zwei Konzernmarken des Volkswagen-Konzerns vertreten sind, dürfte durchaus dem statistischen Anteil dieser Automarken entsprechen.
Als “Best of Show” der Jury kam der Fantuzzi-Spider Maserati 150 GT von 1957 zu Siegerehren, das Publikum entschied sich derweil für den Porsche 356 Pre-A Speedster von 1955. Leider ging der Delta 1 und auch der Borgward leer aus.
Die verschiedenen Sonderpreise sind in der nachfolgenden Tabelle ersichtlich. Bilder aller Concours-Teilnehmer finden sich in der Bildergalerie Concours d’Elégance .
Dass der Volkswagenkonzern als Hauptsponsor der Bensberg Classics tätig ist, liess sich auch an den beiden Sonderausstellungen ablesen, die vor und hinter dem Schloss interessante Einblicke in die Le-Mans-Geschichte der Konzernmarken und die Rennsportgeschichte des VW Golfs gaben.
Preise undTeilnehmer am Concours d’Elégance
Die folgende Tabelle zeigt alle für den Concours d’Elégance gemeldeten Fahrzeuge und nennt die gewonnenen Preise.
Kat/Nr | Marke | Typ | Jahr | Land | Preise/Kommentare |
---|---|---|---|---|---|
A1 | Mercedes Benz | 450 K Nürburg | 1928 | D | |
A2 | Bentley | 8 Litre | 1930 | D | |
A3 | Duesenberg | SJ | 1938 | Kategoriensieger, Sonderpreis Prewar Closed | |
A4 | Rolls-Royce | Wraith | 1939 | CH | Sonderpreis Most Attractive Prewar Design |
A5 | Rolls-Royce | Wraith | 1939 | D | Werksauto |
B1 | Bugatti | Typ 27 Brescia Modifié | 1923 | MC | Sonderpreis Best Unrestored Condition |
B2 | Riley | Brooklands Speed Model | 1930 | D | |
B3 | Bugatti | Typ 50 | 1931 | D | Kategoriensieger |
B4 | Alfa Romeo | 8C 2300/2600 Brandone | 1932 | D | Sonderpreis Prewar Open |
B5 | Mercedes Benz | 380 K Spezial-Roadster Erdmann & Rossi | 1933 | D | |
C1 | Porsche | Typ 64 Berlin-Rom-Wagen | 1938 | D | |
C2 | Skoda | Popular Monte Carlo | 1937 | CZ | |
C3 | Tatra | Typ 87 | 1941 | D | Kategoriensieger |
C4 | Adler | 2.5 Autobahn Cabriolet | 1938 | D | |
C5 | Mercedes Benz | 170 V Kamm-Wagen K3 | 1938 | D | |
D1 | Jaguar | XK 120 Autenrieth | 1951 | D | |
D2 | VW | Dannenhauser & Strauss | 1951 | D | Werksauto |
D3 | Mercedes Benz | 300 S Cabriolet | 1952 | D | Sonderpreis Longest Journey to Bensberg |
D4 | Bentley | R-Type Mullinger DHC | 1953 | D | |
D5 | Porsche | 356 Pre-A Speedster | 1955 | D | Kategoriensieger, Best of Show by Public |
D6 | BMW | 503 | 1956 | D | |
D7 | Maserati | 150 GT Spyder | 1957 | A | Best of Show Jury, Sonderpreis Postwar Open |
E1 | Siata | 140 S Daina Sport | 1952 | NL | Kategoriensieger, Sonderpreis Postwar Closed |
E2 | Cisitalia | 505 F | 1953 | D | Sonderpreis Best Restored Condition |
E3 | Abarth | 750 Allemano Spider | 1958 | D | nicht vor Ort |
E4 | Abarth | Allemano 2200 | 1959 | D | |
E5 | OSCA | 1600 GT | 1960 | I | |
F1 | Maserati | A6G/2000 Frua Coupé | 1955 | Kategoriensieger | |
F2 | Maserati | A6G/2000 Frua Spyder | 1957 | D | |
F3 | Maserati | 3500 GT Spyder | 1960 | D | |
F4 | Maserati | 3700 GTI Sebring | 1967 | CH | |
F5 | Maserati | Ghibli SS | 1971 | D | |
G1 | Mercedes Benz | 300 SL GFK Coupé | 1955 | D | Werksauto |
G2 | DKW | 3=6 Monza | 1956 | D | Werksauto |
G3 | Jensen | 541 S | 1960 | D | |
G4 | Studebaker | Avanti R2 | 1963 | D | Kategoriensieger |
G5 | Gordon-Keeble | GT | 1964 | D | |
G6 | Delta | 1 | 1967 | D | |
H1 | Ferrari | 250 MM Vignale Spider | 1953 | D | |
H2 | Porsche | 550-1500 RS Spyder | 1954 | D | |
H3 | OSCA | 2000 S | 1954 | D | Kategoriensieger |
H4 | Borgward | Hansa RS 1500 | 1956 | D | |
H5 | Maserati | 450 S | 1956 | CH |
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