Was bringt Leute in Paris dazu, in der klirrenden Kälte geduldig vor einer Ausstellungshalle anzustehen? Die Rétromobile, die vielleicht wichtigste Messe im internationalen Oldtimer-Umfeld. Zwar sind andere Messen grösser, aber keine schafft es, eine derartige Dichte an hochwertigen und raren Klassikern auf derart wenig Raum zusammenzuscharen. Alleine die Präsentationen der Händler machen manchen Besuch in grosse Automuseen wett.
700 Autos zu verkaufen
Den grösseren Teil des Handels kontrollierten in Paris die Auktionshäuser Bonhams , RM und Artcurial , rund 450 Fahrzeuge der 300’000-Euro-Preisklasse suchten während drei Tagen neue Besitzer. Wer alle Versteigerungen besuchte, setzte dafür locker 24 Stunden ein.
Weitere rund 250 Klassiker wurden in Paris von Händlern angeboten und diese - Fiskens, Kienle, Axel Schuette, The Gallery Brummen, um nur einige Beispiele zu nennen - brachten dafür das Tafelsilber in die Seine-Metropole. Die 300-SL-Dichte jedenfalls war vom 4. bis 8. Februar 2015 enorm, zwei Dutzend oder mehr dürften es gewesen sein
Massenandrang
Die Rétromobile gehört zu den gut besuchten Messen. Warteschlagen vor dem Eingang und Gedränge vor den interessanten Fahrzeugen gehören seit Jahren zur Tradition, da änderte auch der Umzug in die grössere Halle im Jahr 2014 nichts daran.
Dass die Restaurants jeweils bis auf den letzten Platz voll sind, verwundert bei dem grossen Andrang natürlich niemanden mehr. Es wird auf wenigen Quadratkilometern gleichzeitig französisch, englisch, holländisch, italienisch und deutsch gesprochen, an Internationalität mangelt es in Paris sicher nicht.
Und es gab ja auch viel zu sehen zwischen dem 4. und 8. Februar 2015 an der 40. Rétromobile.
«Restaurationen, Abänderungen, Revisionen an Fahrzeugen ab Jg. 1914»
9463 Oberriet SG, Schweiz
- Wartung, Reparatur & Pflege
- Ersatzteile
- Restaurierung & Projekte
- Garagen & Hallen (Vermietung und Verkauf)
- Sachverständiger & Gutachter
- Wartung & Reparatur
- und weitere ...
Jaguar, Daimler, Rolls-Royce, und weitere
Königliche Bugatti
Drei wahrlich majestätische Bugatti-Fahrzeuge waren auf einem Gemeinschaftsstand zu bewundern, Royale werden sie genannt.
Als Coupé, Limousine und Cabriolet standen sie da und beeindruckten durch ihre schiere Grösse, erstmals gemeinsam extern aufgestellt durch die Cité de l’Automobile von Mulhouse, das ehemalige Schlumpf-Museum.
Französische Legenden bei Lukas Hüni
Wem die drei Bugatti-Schmuckstücke noch nicht genügten, der konnte bei Lukas Hüni gleich sieben weitere Molsheimer Sport- und Tourenwagen betrachten. Vom Bugatti Type 35C, den einst Trintignant fuhr, über den Type 51 bis zu zwei Bugatti 57 Atalante war eine interessante Auswahl zu bewundern und als Sahnebonbon konnte Hüni auch den 4x4-Type 53 von 1931 zeigen.
Der gesamte wie immer sorgfältig eingerichtete Stand von Hüni stand unter dem Zeichen französischer Legenden und da passten natürlich die drei Talbot Lago T26 Grand Sport bestens dazu, genauso wie der Delahaye.
Nur der Hispano Suiza H6 B Dual Cowl Tourer von 1926 mochte trotz seiner majestätischen Statur nicht so ganz in die Reihe passen, vielleicht parkte er auch deshalb ganz hinten im Stand.
Spanische Sportwagen in der Sonderschau
Der Lastwagenhersteller Pegaso baute in Spanien in den Fünfzigerjahren rund 100 Sportwagen, die es mit den besten der Welt aufnehmen konnten. Es wurde an nichts gespart, entsprechend exklusiv und teuer waren die Fahrzeuge, die von Touring, Saoutchik und anderen Karosseriebauern eingekleidet wurden.
Etwa ein Siebtel der gesamten Produktion gab es in Paris zu bewundern, einerseits auf einer Sonderschau, andererseits bei Händlern, die eines der raren Exemplare zum Verkauf anbieten konnten.
Italienische Raritäten aus der Lopresto-Sammlung
Unverkäulfich waren die Prototypen und Einzelstück, die der Sammler Corrado Lopresto in einer weiteren Sonderausstellung zeigte.
Von der Lancia Florida Limousine, über eine ganze Reihe von Vier- und Sechszylinder-Alfa Romeo bis zum Autobianchi A 112 Giovani reichte die Zelebrierung besonderer Designs, die definitiv zu den Höhepunkten der Messe gehörten.
Die Sammlung Baillon im Schummerlicht
Den Lopresto-Sammlerstücken stand aber eine Sammlung im Licht, obschon sie im Schatten gezeigt wurde. Ende 2014 tauchte der Jahrhundert-Scheuenfund in Presse und Fernsehen auf, am 6. Februar 2015 wurden 59 fast vergessene Autos, die in der Sammlung Baillon zusammengeführt worden waren, versteigert .
Vor und nach der Auktion konnten die Autos in mehr oder weniger vollständigem und zersetztem Zustand in der eigens dafür eingerichteten Halle 2.1 besichtigt werden, bei Schummerlicht und fast andächtiger Stimmung.
Doch auch die glänzenderen Artcurial-Versteigerungsfahrzeuge, darunter gleich zwei Ferrari 275 GTB, eine Reihe Lamborghini, mehrere Bugatti und diverse weitere Raritäten zogen die Blicke auf sich wie einst Marylin Monroe auf dem Abflussdeckel.
Peugeot und 50 Jahre 204
Bei Peugeot stand der 204, der 2015 seinen 50. Geburtstag feiert im Mittelpunkt.
Gezeigt als Cabriolet-, Coupé- und Limousinenvarianten und charmant ergänzt mit Fahrzeugen aus der Reihe 402. Dass es auch ein Simca 8 als Cabriolet auf den Stand schaffte, erfreute die Anhänger dieser Marke sicherlich besonders. Und der ebenfalls gezeigte Peugeot 163 Fourgonnette von 1922 bewies die Anziehungskraft von Scheunenfunden einmal mehr.
Citroën und die Göttin
60 Jahre Citroën DS boten natürlich genügend Anlass, verschiedene Varianten der Göttin bei Citroën zu zeigen.
Doch damit begnügte sich der Hersteller, der wie immer zusammen mit seinen Clubs ausstellte nicht. Gezeigt wurden auch Varianten des GS und CX sowie Konzeptfahrzeuge der jüngeren Vergangenheit.
Mercedes und die Flügeltüren
Flügeltüren waren der gemeinsame Nenner des Mercedes-Stands.
Ein Mercedes-Benz 300 SL von 1952, ein C111 und der 540 K Stromlinienwagen luden neben modernen Nachfahren zum näheren Erkunden ein.
Renault und die Familienlimousine
Bei Renault durfte der R16 seinen 50. Geburtstag feiern. Gezeigt wurde neben verschiedenen Produktionsexemplaren auch ein Prototyp eines zweitürigen Coupés aus dem Jahr 1963.
Zudem gab es bei Renault auch frühe Vertreter der Marke zu sehen.
Auf dem integrierten Alpine-Stand schliesslich präsentierte man einen A106 Mille Miles und das brasilianische Berlinette-Derivat namens Willys Interlagos, nebst einem modernen Exemplar aus der Alpine-Küche.
Skoda und seine Besonderheiten
Bei Skoda durfte ein Laurin & Clement von 1905 als Markenvorgänger genauso wenig fehlen, wie ein schnelles und schönes Coupé aus den Dreissigerjahren, ein Rennwagen aus den Fünfzigern und ein Sport-Coupé für die Massen aus den Siebzigerjahren, ergänzt um einen Ausblick auf zukünftiges Skoda-Design.
Der Rest der Volkswagen-Gruppe blieb offiziell genauso abseits wie BMW, Opel, Ford oder Jaguar. Eigentlich schade, denn das internationale Publikum hätte sich sicher auch von anderen Fabrikaten begeistern lassen.
Die Matra-Saga
Auf Initiative des Youngtimer Magazins wurde eine Sammlung mit Fahrzeuge aus der Matra-Geschichte zusammengestellt. Angefangen beim Matra 530 LX, über zwei Matra-Simca Bagheera bis zum Talbot Murena wurden Sportwagen und mit dem Renault Espace, dem Avantime und der Soft-Offroad-Variante Ranchero kombiniert.
Zusammen erzählten sie einen erheblichen Teil der Matra-Produktionswagen-Geschichte.
Informative Clubstände
Einmal mehr schon einen Messebesuch wert waren die vielen liebevoll eingerichteten Clubstände. Nur in Frankreich kann man auf so wenig Fläche soviel über Deutsch&Bonnet, Panhard, Salmson, Facel Vega oder Grégoire erfahren. Und die Ausstellungsstücke waren mehr als sehenswert, so konnte mit dem Socema Grégoire etwa ein echtes Turbinenfahrzeug mit für die Zeit sensationellem Luftwiderstandsbeiwert betrachtet werden oder an anderer Stelle ein Rover 14 Streamline Coupé, das eigens aus dem benachbarten Ausland nach Paris gebracht worden war.
Auf dem Stand des Lotus-Club stand einer der seltenen Lotus 47 mit Mittelmotor, nicht weit davon weg fand sich ein rarer VW Golf GTI 16S, den Oettinger eigens für Frankreich in kleiner Serie aufgelegt hatte.
Der Panzer auf der Ehrenrunde
Wer sich, zum Beispiel um frische kühle Luft zu schnappen, aus der Halle 1 wagte, konnte es durchaus erleben, dass gerade ein Panzer vor seinen Füssen vorbeifuhr. Mehrmals drehte das Raupenungetüm seine Runden und machte mit Getöse und Rauchentwicklung auf sich aufmerksam.
Auch das gibt es wohl nur in Paris.
Wer in Paris nichts verpassen wollte, brauchte mindestens drei Tage und eine gebührende Portion Ausdauer. Doch die Mühle lohnte sich, und erholen konnte man sich ja bei französischer Kochkunst und der leichten französischen Lebensart. Kein Wunder kehren die meisten Messe-Besucher jedes Jahr - es sind jeweils ungefähr 100’000 - wieder nach Paris zurück, denn viel besser geht es kaum.