Die Veranstaltung Pista & Piloti (italienisch ausgesprochen „pista e piloti“) hatte mit ihrer „fünften“ Auflage quasi ein kleines Jubiläum. Begonnen hatte alles 2015 mit dem „Gran Premio Alfa Romeo“ mit einem kurzen 500 m Rundkurs und knapp 60 Startern auf dem Gelände der Klassikstadt in Frankfurt. Damals, wie heute, sollte für Freunde und Besitzer italienischer Sport- und Rennwagen eine Bühne geboten werden, um ihre Schätze fernab von Rennstress, in lockerer Atmosphäre und ohne Zeitnahme nach Herzenslust laufen zu lassen. Stets gern gesehen waren dabei immer die ehemaligen Konkurrenten aus früheren Tagen.
Nach einer erfolgreichen zweiten Auflage im Folgejahr war dann erst einmal Schluss. Wegen Beschwerden einiger Anwohner verweigerte die Stadt Frankfurt 2017 die Genehmigung. In den letzten beiden Jahren fand der Event mit dem neuen Namen „Pista & Piloti“ eine Heimat auf dem Flugplatz in Michelstadt. Weil der kleine Landeplatz im Odenwald schon im letzten Jahr an seine Kapazitätsgrenzen gekommen war, hatte der Organisator Marco Wimmer die diesjährige Ausgabe stattdessen auf das weitläufige Testareal auf den ehemaligen Flugplatz in Pferdsfeld verlegt.
Die nun 150 Startplätze waren indes schon im Mai ratzfatz ausgebucht. Wer also wegen Corona mit der Nennung gezaudert hatte, hatte somit schlicht Pech.
Erst Bundeswehr, dann Opel, jetzt moderne Teststrecke für alle
Wie viele andere bundesdeutsche Flugplätze, war Pferdsfeld in den 50er und 60er Jahren als Rennstrecke genutzt worden. Traurige Bekanntheit erlangte der Fliegerhorst im Hunsrück nach dem Einzug der Phantomjets Mitte der 70er Jahre. Deren Lärm war so extrem, dass das parallel zur Landebahn gelegene und namensgebende Dorf Pferdsfeld sowie der Nachbarort Eckweiler abgerissen und alle Bewohner umgesiedelt werden mussten.
Nach den ehemaligen Einwohnern verschwanden zunächst die Phantoms und 1997 schliesslich die Bundeswehr. Im Jahr 2003 übernahm die TRIWO AG das Areal und verpachtete die ehemaligen Flugverkehrsflächen bis 2015 an Opel. Jetzt steht das herstellerunabhängige Testzentrum allen Kunden offen. Ergänzung am Rande: Die TRIWO AG ist gleichfalls Eigner der Flugplätze in Zweibrücker und Mendig, die ebenfalls für Tests und motorsportliche Aktivitäten genutzt werden können, aber weiterhin für Flugaktivitäten offen sind. Ganz im Gegensatz zu Pferdsfeld, dass als reines Testzentrum ausgebaut wird.
So langsam, aber sicher hielt der Motorsport wieder Einzug in Pferdsfeld. Es gab Slaloms, Dragsterrennen und in den letzten beiden Jahren Rundstrecken-Veranstaltungen der kleinen, aber feinen ProtoChampSeries. Von deren Erstauflage 2018 stammt auch das einzige auffindbare Onboard-Youtube-Video der längeren Streckenvariante aus einem McLaren M8C/D.
So mancher Teilnehmer, der das Video im Vorfeld zur Vorbereitung angeschaut hatte, erkannte die Piste kaum wieder, denn zwischenzeitig ist richtig viel passiert. Der 1,6 km lange Rundkurs im oberen Teil der Anlage bekam richtige Kerbs sowie doppelte Leitplanken spendiert und feierte mit der Pista e Piloti-Veranstaltung quasi seine offizielle Eröffnung. Vom Layout erinnert die Strecke reichlich wenig an einen typischen Flugplatzkurs.
Weil die ehemaligen Shelter viel tiefer als der eigentliche Flugplatz liegen, hatte man damals eine langezogene und ansteigende Schleife bauen müssen, um die parkenden Flieger im Ernstfall schnell auf die Bahn zu bringen.
Dem hügeligen Hunsrück und dem kalten Krieg seien dafür gedankt, denn die dadurch entstandene kurvige Berg- und Talbahn eignet sich hervorragend für den Motorsport, was alle vom Chronisten befragten Fahrer unisono bestätigten.
110 Jahr Alfa Romeo
Das 110-jährige Firmenjubiläum von Alfa Romeo wurde mit diesem Event wahrlich gebührend gefeiert, denn die Alfisti bildeten eindeutig den Löwenanteil des 150 Auto starken Feldes. Eine solche Fülle an Alfas bei einer Veranstaltung hat es in Deutschland bis dato wohl selten bis gar nicht gegeben. Der unangefochtene Star der Szene-Kenner war genau jene 1962er Giulietta SZ die 2018 nach 35 Jahre „Kelleraufenthalt“ in Turin geborgen und dann für 567.000 €uro versteigert worden war.
Corona bedingt leider ohne Zuschauer, dafür aber bei herrlichem Herbstwetter durften die sechs Gruppen mit so klangvollen Namen wie „Giro D’italia“, „Gran Premio Alfa Romeo“, „Trofeo Alfasud Revival“, „Coppa Veloce“, „Campionato Formula & Prototipi“ oder „Gran Premio Tazio Nuvolari“ dreimal für knapp 20 Minuten auf die „Pista“.
Hervorzuheben ist hier insbesondere die Gruppe „Gran Premio Tazio Nuvolari“ mit Vorkriegsfahrzeugen., die mit Masse und Klasse glänzen konnten. Dabei richtige Exoten von längst untergegangener Marken wie Riley, Lagonda, Graham-Paige, Wolseley oder Armstrong-Siddeley. Der komplette Fahr- und nicht Renntag lief sehr entspannt und gesittet ab.
Die vom Organisator herausgegebene Prämisse „die Veranstaltung dient ausdrücklich nicht der Erzielung von Höchstgeschwindigkeit“, wurde von allen Beteiligten beherzigt. Statt auf Bestzeitenjagd zu gehen, nutzen viele Teilnehmer die Möglichkeit Gäste mitzunehmen oder auch mal die eigenen Kinder bzw. Enkel ans Lenkrad zu lassen, was bei einer „normalen“ Rennveranstaltung nur sehr schwer möglich ist, was aber hilft, den Nachwuchs der Histo-Szene näher zu bringen.
Wie geht es weiter?
Marco Wimmer hatte sich im allerletzten Lauf des Tages selbst für die gelungene Veranstaltung belohnt und einige Runden in einem Tatuus-Alfa Romeo Formelfahrzeug gedreht. Der Darmstädter zog eine äussert positive Bilanz und möchte, soweit dass in Corona-Zeiten überhaupt möglich ist, im nächsten Jahr dort weitermachen, wo er in diesem Jahr aufgehört hat. Wohl noch auf der gleichen Strecke, da die nächst größere Streckenvariante (mit über 3,1 km Länge) einen viel höheren logistischen Aufwand erfordert.
So müssten dann beispielsweise fast 50, statt der jetzt 20 Streckenposten zum Einsatz kommen. Wenn das Feld allerdings im bisherigen Tempo weiterwächst, wird er früher oder später nicht mehr darum herumkommen. Wobei der volle Kurs weit über 6 km Länge misst und somit noch reichlich Potential bei den Starterzahlen nach oben bietet!
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