„Schau mal Papa, wie cool, alles Porsche!“ Der jugendliche Besucher weiss genau, was er auf den vielen Tischen mit einer beeindruckenden Porsche-Modellautosammlung im Massstab 1:43 vor sich hat. Der Knirps im Alter von sechs, sieben Jahren braucht sich gar nicht weit hinunter zu bücken, um die Modelle aus der Nähe zu betrachten, er sieht sie fast auf Augenhöhe.
„Dieser ist toll“, zeigt er resolut auf ein Modell des Porsche 962 in den Farben von Coca Cola. Ob seine Begeisterung durch das Rennauto kommt, oder durch die Wiedererkennung des Logos des US-Getränkeherstellers, ist die Frage.
Der Junge ist ja viel zu jung, um über die Rennsporterfolge des Coca-Cola-962ers mit Bob Akin in der US-IMSA-GTP-Meisterschaft Mitte der Achtziger Bescheid zu wissen. Aber sein Urteil steht und die Begeisterung wird nur durch den Vater gemindert, der nach dem Hören des Verkaufspreises seinem Sohn vorsichtig vorschlägt, sich vielleicht doch besser ein Modellauto auszusuchen, dass eher in die Kategorie ‚Spielzeug’ gehört.
Anreise im Porsche
Schon vor der geplanten Eröffnung um 10.00 Uhr finden sich die ersten Besucher ein. Der Parkplatz beim Porsche Classic Center und dem benachbarten Porsche Centrum Gelderland füllt sich rasch mit schönen Porsche-Fahrzeugen: frühe Turbos, tolle Transaxle-Modelle und herrliche Targa, dank des sommerlichen Wettters natürlich offen, wie es sich gehört. Aber auch andere schöne Autos gibt es, darunter zwei Mercedes 190 SL und einen prächtigen Citroën SM. Hier sind Liebhaber unterwegs, soviel ist klar.
International
Im Gebäude sind nicht nur der großflächige Ausstellungsraum, sondern auch mehrere Räumlichkeiten im Werkstattbereich mit Tischen für Aussteller gefüllt. Teilnehmer aus den Niederlanden, Belgien, Deutschland und sogar Schweden bieten hier ihre Sammlerstücke an: Nicht nur Modellautos, sondern auch Bücher, Prospekte, Pressemappen, technische Unterlagen, Handbücher, Poster, Aufkleber, Anstecknadeln, Plaketten, Kaffeetassen, Weingläser, Lenkräder, Taschen, Koffer... Und dann vergessen wir wahrscheinlich noch dutzende weitere Objekte. Ob jedoch Karosserieteile auf einer Sammlerbörse ihren Platz haben, darüber lässt sich diskutieren.
Wie auch immer, Porsche bietet vieles, das das Sammlerherz höher schlagen lässt. „Es ist ein fast unerschöpfliches Thema“, weiss der Belgier Tim Havermans, seit vielen Jahren begeisterter Sammler und die treibende Kraft hinter der Webseite ‚Loveforporsche’. Er bietet die begehrten frühen Ausgaben der Porsche-Hauszeitschrift ‚Christophorus’ an, die oft mehrere hundert Euro kosten. Auf seinem Tisch findet man aber auch Bücher, seltene alte Prospekte und sogar Unterlagen über das jährliche Porsche-Tennisturnier.
Erfrischend unkommerziell
Woanders finden wir Gerrit Boer, der sich als Sammler auf Motorsporthistorie spezialisiert hat, mit Schwerpunkt auf niederländische Fahrer. „Es gibt viele niederländische Rennfahrer, die mit Porsche erfolgreich waren, das ist also ein gutes Thema“, sagt er. Boer bietet Dubletten aus seiner Sammlung an: Bücher, Autogrammkarten, Modellautos und Poster. So zeigt er Plakate mit Gijs van Lennep und, aus der jüngeren Vergangenheit, Porsche-Poster, die nach den Erfolgen des niederländischen Teams Ban Merksteijn Motorsport by Equipe Verschuur mit dem RS Spyder im Jahr 2008 produziert wurden.
Über die Organisation der Sammlerbörse zeigt sich Boer begeistert: „Es gibt keine Gebühr für die Tische, es gibt den ganzen Tag über Kaffee und Tee für die Aussteller und wir haben sogar ein ganz tolles Lunchpaket erhalten!“ Sein Tischnachbar Leon Zijlmans pflichtet ihm bei: „Es ist alles ganz hervorragend organisiert, man fühlt sich hier wirklich willkommen!“ Zijlmans sammelt Porsche-Broschüren und Werbepostkarten, von denen er mehrere tausend besitzt. Vor einigen Jahren brachte er zu diesem Thema sogar ein eigenes Buch heraus. „Auch hier finde ich wieder neue Objekte. Ausserdem dient eine solche Börse auch zur Kontaktpflege“, sagt er.
Bücher vom Herausgeber
Der Deutsche Rüdiger Mayer legte eine lange Wegstrecke zurück: Zusammen mit seiner Partnerin kam er aus der Stuttgarter Region, um das von ihnen herausgegebene Buch ‚Schnell x Essen – Das Rennkochbuch’ mit Rezepten und Rennsportanekdoten der Porsche-Koryphäe Jürgen Barth zu bewerben. Stilecht mit Kochschürzen, einem silbernen Leuchter und einer Magnumflasche Moet & Chandon auf dem mit weissem Leinen gedeckten Tisch machten Mayer und seine Partnerin Werbung für das Buch. „Wir haben ziemlich gut verkauft und viele interessante Menschen getroffen“, berichteten sie zum Schluss.
Am Nebentisch wird ein anderes Buch beworben: Unter dem Titel ‚911 Millennium’ produzierte der Fotograf René Staud einen Bildband in der eindrucksvollen Grösse 56 x 44 cm. Die Fotos auf Hochglanzpapier sind Aufnahmen der verschiedenen 911-Variationen, die Staud während seiner vier Jahrzehnte umspannende Karriere als Fotograf im Studio ablichtete. Der Verkaufspreis des Buches ist ähnlich beeindruckend wie die Dimension: 1.911 Euro. Aber dafür hat man dann auch wirklich etwas Besonderes.
Klein und Gross
Etwas ganz anderes sind die akribisch detaillierten Dioramen im Alurahmen hinter Glas mit Modellautos im Massstab 1:43 von Jürgen Pfeffer aus Köln. „Dreidimensionale Themenboxen“, nennt Pfeffer, beruflich als Architekt tätig, seine Kreationen. Seinen Porsche, einen dunkelblauen 993, hat er vor dem Eingang des Porsche Classic Center geparkt. Mit dem Auto legte er bereits 650.000 Kilometer zurück. „Mit Matching Numbers, ein Weltrekord“, sagt er.
Einzelne Porsche-Modellautos im Massstab 1:43, eine Sammlung von mehreren hundert Stück, sind auf Tischen unmittelbar neben dem Eingang aufgereiht. Es ist die Sammlung des Anfang des Jahres verstorbenen Ulli Upietz, der Ende der siebziger Jahre den Porsche-Modellauto-Club gründete, aus dem der aktuelle Porsche Model Club Europe entstand. „Das ist in gewissem Sinne auch eine Hommage an Ulli“, sagt Andreas Bunte, spezialisierter Modellautohändler, der beim Verkauf unterstützt. „Viele Sammler haben hier heute ein Modell für ihre eigene Sammlung gefunden.“ Es bleiben aber nach wie vor hunderte Modelle, hauptsächlich von Porsche-Rennfahrzeugen, übrig. Diese bietet Bunte ab jetzt in seinem Geschäft in der deutschen Stadt Mülheim an der Ruhr an.
Nächstes Jahr wieder
Am Ende der Börse gab es sowohl von Gastgeber Mark Wegh, dem Besitzer des Porsche Classic Center sowie des Porsche Centrum Gelderland, als auch von Henk Koop, dem Vorsitzenden des Porsche Model Club Europe, ein begeistertes Fazit. „Das soll eine jährliche Tradition werden“, betont Wegh. „Keiner braucht etwas zu zahlen, es macht mir selbst einfach sehr viel Freude und ich habe heute viele Kunden getroffen, denen es ebenfalls bestens gefallen hat.“ Hat er selbst noch etwas für die eigene Sammlung gefunden? „Nein, nicht wirklich, aber ich habe ja auch schon sehr viel“, lacht er.
„Mit 300 Laufmetern an Ausstellungstischen, gegenüber 160 Meter im Vorjahr, war das Angebot beachtlich grösser.“ Veranstalter Koop schätzt, dass die Besucherzahl mindestens doppelt so gross war, wie im Vorjahr. „Und das trotz des sommerlichen Wetters“, betont er. „Ein Besucher kam sogar aus den USA. Der hatte während der Sammlerbörse in Los Angeles von unserer Veranstaltung gehört und da er diese Woche ohnehin in Europa war, blieb er einfach einige Tage länger. Insgesamt bin ich sehr zufrieden, ich habe fast ausschliesslich positive Rückmeldungen bekommen. So soll es sein. Im kommenden Jahr also auf jeden Fall wieder!“