Bereits zum achten Mal fand der Grand Prix Mutschellen statt. Während die letzte Durchführung vor zwei Jahren mit vielen Regengüssen überschattet wurde, durfte vergangenen Sonntag, dem 29. April 2018, durchwegs die Sonne genossen werden, es war sogar so heiss wie an einem Sommertag! Entsprechend waren auch viele Zuschauer vor Ort, der kleine Berg oberhalb Rudolfstetten war mit Tausenden von Menschen versehen. Die Verpflegungszelte am Start, in der Mitte und beim Ziel oben waren stets gut besucht, es ging aber zügig voran, überhaupt war der ganze Anlass sehr professionell organisiert, dies konnte man sichtlich an den lachenden Gesichtern von Teilnehmern und Zuschauern ablesen.
100 Jahre Autohistorie in vier Gruppen
Die Ankündigung versprach nicht zu viel, es wurde tatsächlich eine enorme Bandbreite an Fahrzeugen präsentiert. Das älteste Fahrzeug war ein American La France aus dem Jahre 1915. Die brachialen Renner waren meistens Einsatzfahrzeuge von Feuerwehren in den USA. Der Name «La France» stammt von einem französischen Ingenieur. Der 9,4 Liter-Motor treibt über den Kettenantrieb die Hinterräder an. Das Fahrzeug hat keine Bremsen an den Vorderrädern.
Motorräder sorgten für ordentliches Knattern
Drei Gruppen von Motorrädern waren am Start, von den Vorkriegs-Motorrädern über die Gespanne bis zu jenen aus den 70er Jahren. Nebst ohrenbetäubendem Knattern wurde bei den Seitenwagen auch viel Action geboten.
Anders als bei den vierrädrigern Genossen gab es oft spektakuläre Rauchwolken.
Und auch wenn die Bergstrecke am Mutschellen sehr kurz ist, gab es dennoch Stellen, die ein wenig an die Isle of Man TT erinnern.
150 Micro Cars am Mutschellen
Das gab es noch nie am GP Mutschellen, und die Demonstration der 150 Micro Cars war wirklich überwältigend. Micro-Cars sind Kleinstfahrzeuge mit drei oder vier Rädern, weniger als 500ccm Hubraum und Baujahr bis 1970. Seit 1976 findet alle vier Jahre in Wohlen (Schweiz) das internationale Micro-Car-Treffen Schweiz statt. Dieses Jahr war es wieder so weit und im Anschluss ans Treffen machten die ”Kleinen” noch einen Abstecher nach Mutschellen. Und da waren die Kleinen plötzlich die ganz Grossen, die Zuschauer winkten und bejubelten die "Knutschkugeln".
Zwar waren alle extrem langsam unterwegs, aber dies erlaubte eine genauere Betrachtung der Fahrzeuge und den überaus gut gelaunten Fahrern und Fahrerinnen. Das Feld war natürlich gut besetzt mit den bekannten Kleinstwagen wie Messerschmitt und BMW Isetta, aber sehr viele Exoten machten das Feld zu einer ganz spannenden Entdeckungsreise: Geissmann, Bond, Kroboth, Felber, Kleinschnittger, Brütsch, Spatz, Velorex und Trojan waren einige der Hersteller, die man identifizieren konnte.
Archaischer Vorkriegswagen am Start
Bereits am frühen Morgen fiel uns ein minimalistisch wirkender Rennwagen auf, ein Delahaye aus dem Jahre 1924. Eine Karosserie gab es nicht, man setzte sich einfach rein und fuhr los.
Eindrücklich war der direkte Blick auf den Motor mit 3.4 Litern Hubraum und 80PS. Aufgrund der fehlenden Karosserie war dies ein akustisch besonderer Leckerbissen, der vom Besitzer Riccardo Beccarelli aus Thusis gerne demonstriert wurde.
Mit 27 Litern den Berg hoch
Bei ersten Anblick des Kandidaten mit Startnummer 317 war man sofort beeindruckt, denn der Rennwagen im Stil der 30er-Jahre wird von einem Rolls-Royce-Flugzeugmotor angetrieben. Der Hubraum des Zwölfzylinders beträgt 27 Liter (!) und leistet knapp 1000 PS.
2003 kaufte der Besitzer Louis Frey den Motor, und kurz darauf ein Chassis von Gaggenau aus dem Jahre 1911. Es dauerte zehn Jahre, bis der Wagen zum ersten Mal ausgefahren wurde.
Aufgefallene Fahrzeuge am Start
Nur 70 Fahrzeuge wurden vom Ferrari 250 GT Boano aus dem Jahre 1957 gebaut. Koni Lutziger kam mit einem solchen nach Mutschellen, dessen Chassis vom Ferrari 250 GT Tour de France stammt.
Der Cadillac von Christian Müller war ursprünglich als viertüriger Sedan gebaut worden, ist aber bereits in den 20er-Jahren zu einem Racer umgebaut worden und kam in Südamerika zum Einsatz. Alle Komponenten stammen noch vom Urfahrzeug. Er wurde 2010 in die Schweiz überführt, restauriert und vorgeführt.
Die Rennwagen von TVR sieht man nicht alle Tage, umso erfreuter wurde der TVR Griffith 200, gefahren vom Fotografen Jost Wildbolz, von den Zuschauern begrüsst. Wildbolz ist übrigens immer noch Rekordhalter der Memorial-Rennen am Klausen, was er auf einem englischen ERA-Rennwagen geschafft hatte.
Was man sonst eher in Le Mans Classic oder Spa Classic sieht, stand diesmal am Start vom GP Mutschellen: ein Lister Jaguar Knobbly. Das wundervoll geformte Fahrzeug von Christian Jenny mit Kennzeichen «BHL 16» ist einer von 17 gebauten «Knobbly» und wurde ursprünglich an Kjell Qvale nach San Francisco geliefert. Für den Bau verwendete Lister vor allem Jaguar-Komponenten aus den letzte D-Types. Chassis, Lenkung, Vorderradaufhängung und Hinterachse sind aber eigene Entwicklungen.
GT40 sieht man entweder haufenweise in Goodwood oder Ende Jahr beim Spa Six Hours Rennen. Aber auch in Mutschellen war ein GT40 am Start, den man aber auch mal auf den öffentlichen Strassen sichten könnte, denn Ruedi Stoops GT40 hat eine Strassenzulassung.
Im Jahr 1976 entstand in Ammerswil in der Werkstatt von Vater und Sohn Amweg ein besonderes Einzelstück, technisch und formal ganz auf der Höhe der Zeit: der Amweg-BMW AW 76 Formel 2. Fredy Amweg hatte mit diesem Renner unzählige Siege an Bergrennen erreicht und die Coupe der Schweizer Berge gewonnen. Der Bergkönig hat das Fahrzeug neu auf die Räder gestellt und nach Mutschellen gebracht.
Ernst Sigg brachte eine Rarität nach Mutschellen. Nur zwei Stück wurden vom Sauber C2 gebaut. Das Fahrzeug befand sich nach der Aktivzeit in der Sammlung von Walter Grell in Rheinfelden und wurde von Ernst Sigg von Grund auf restauriert, akribisch in den Originalzustand zurückgebaut und mit den originalen Sponsorenklebern versehen.
Der Pontiac Firdbird Trans Am von Roger Bolliger gewann 2015 das Jim Clark Revival. Pausenlos arbeitet der Reitnauer an der Verbesserung dieses Amerikaners, der sich an das Aussehen des Autos von Jerry Titus aus der Trans-Am Series von 1970 anlehnt. Er wird aber laufend tiefer, breiter und schneller.
Es fuhren aber auch echte Rennwagen-Prototypen in Mutschellen den Berg hoch. Zu diesen gehörten die wunderschönen Abarth von Ernesto Piccirilli (2000 Sport) und Kuno Schär, der mit seinem SE021 sein bestes gab.
Information
Kostenlos anmelden und mitreden!
Mit einem Gratis-Login auf Zwischengas können Sie nicht nur mitreden, sondern Sie profitieren sofort von etlichen Vorteilen:
Vorteile für eingeloggte Besucher
"Ein Hauch von Isle of Man TT am GP Mutschellen - Motorräder und Gespanne am GP Mutschellen 2018" heisst es bei einem Töff Bild. Anzufügen ist vielleicht noch das da mit Bruno Kneubühler ein dreifacher Vizeweltmeister und fünffacher GP Sieger im Sattel sitzt.