Ob dem mittelprächtigen Wetter am 8. September 2013 freuten sich höchstens die Fotografen an der Dolder Classics, glänzten doch viele kleine Regentropfen auf den sorgfältig polierten Oldtimer der zum letzten Mal im Jahr 2013 stattfindenden Veranstaltung. Und in den Pfützen auf dem Boden spiegelten sich Chrom und Akzente der versammelten Autos. Gute Voraussetzungen also für ungewöhnliche Fotos.
Überraschend hohes Besuchsaufkommen
Doch wer nun erwartet hätte, das sich kaum ein seltener und wertvoller Oldtimer auf den Zürichberg verirren würde, sah sich getäuscht. Natürlich kamen weniger Autos als an einem sonnigen Sommertag, aber unter den vielen Klassikern, die dem Regen trotzten, hatte es einige Trouvaillen, die auch das Publikum zum Staunen oder überraschten Blinzeln verleitete.
Ein Kaiser auf dem Zürichberg
Zwischen 1945 und 1955 baute die amerikanische Automarke Kaiser-Frazer (später auch Kaiser Motors genannt) Personenfahrzeuge und dies mit einigem Erfolg! Trotzdem ist sie heute nur noch Kennern bekannt.
Auf dem Zürichberg war ein Kaiser DeLuxe von 1951 zu bewundern, eine atemberaubend elegante Limousine, die einst der begabte Designer Howard Darrin gezeichnet hatte. Man kann gut verstehen, dass diese Autos in den Nachkriegsjahren eine Sensation waren, da doch viele Konkurrenten noch Formen und Technik der Dreissigerjahre an den Käufer zu bringen versuchten.
Vor über 60 Jahre kaufte sich ein Patentanwalt in der Schweiz den mit einem 3,6-Liter-Sechszylindermotor ausgerüsteten Amerikanerwagen und fuhr damit täglich zur Arbeit. Irgendwann hatte das mit Beinahmen “Anatomique” versehene Fahrzeug ausgedient und fristete eine unglückliche Zeit auf einem Schrottplatz, bis ein neuer Besitzer es zum alten Glanz zurückführte.
“Eigentlich wollte ich ihn nur noch einmal beim schönen Wetter ausfahren dieses Jahr”, meinte Besitzer Birrer, aber jetzt dürfte wohl nach dem Dolder-Besuch bei Regen nochmals eine umfangreiche Reinigung und Trockenlegung angesagt sein.
Rund 35’000 Exemplare sollen gebaut worden sein, das an der Dolder Classics gezeigte Fahrzeug ist wohl das einzige seiner Art in der Schweiz.
Der Fiat 1500 für die letzte Reise
In unseren Breitengraden dienen vor allem Mercedes und vielleicht auch einmal amerikanische Stationswagen als Basis für ein Bestattungsfahrzeug. In Italien aber waren natürlich auch Fiat-Modelle populär. So entstand im Jahr 1965 bei Pilato ein Leichenwagen auf der Basis des Fiat 1500. Es soll sich dabei um den dritten Umbau überhaupt gehandelt haben.
Nach umfangreicher Restaurierung stand dieser Fiat mit dem ungewöhnlichen Aufbau nun auf dem feucht-nassen Beton der Eisbahn Dolder und mahnte an die letzte Reise. Besitzer Wiedmer meinte: “Der Film ‘Harald and Maude’ beeindruckte mich so stark, dass ich beschloss, mir auch einmal einen Leichenwagen zuzulegen und als sich die Chance mit dem Fiat 1500 bot, schlug ich sofort zu”.
Der Feuer-Bote aus der Neuzeit
Nicht ganz dem Zielsegment (Fahrzeuge bis 1977/1978) entsprach ein am Nachmittag angereister Renault Fuego. Das sich in schönem Zustand präsentierende Youngtimer-Coupé gehört bereits zu den Raritäten auf unseren Strassen, obschon es vor rund 30 Jahren mit gutem Erfolg verkauft wurde.
Technisch basierte der Fuego, was spanisch Feuer bedeutet, auf dem R18, 1980 gewann der Wagen das “Goldene Lenkrad”. Über 265’000 Exemplare wurden alleine in Frankreich gebaut, weitere Produktionsstandorte lagen in Spanien, Argentinen und in den USA.
Weder Marken- noch Typenschwerpunkte
Die Dolder Classics kennt weder Marken- noch Typenschwerpunkte. Auch am 8. September 2013 konnte der geneigte Besucher ein imposantes Spektrum an Fahrzeugen betrachten, vom Land-Rover, über den VW Bus “Bulli” bis zum Edelsportwagen Lamborghini Islero oder Maserati Kyalami.
Sehenswert waren auch zwei angereiste Aston Martin DB2 Drophead Coupés sowie der Jaguar XK 120 mit reichhaltiger Renngeschichte.
Natürlich durfte auch Jubilar Porsche 911 nicht fehlen und Kunststoff-Exoten der Marken Jensen und TVR trotzten dem Regen genauso wie der rare Fiat-Abarth 1000 Bialbero aus dem Jahr 1963, den einst Theo Hofer erfolgreich im Rennsport bewegte.
Gleich zwei Alvis Graber Super erlaubten den direkten Vergleich und ein stolzer Besitzer stellte seinen eben erworbenen Wolseley Special Vorkriegsrennwagen auf den Platz.
Das Organisationsteam um Christoph Lehmann schaut bereits in die Zukunft, denn auch 2014 sollen wieder mindestens vier Treffen auf der Dolder-Eisbahn stattfinden.