Die meisten haben klein angefangen, so gesehen darf auch das erste Treffen “Fantastic Plastic” als Saat gesehen werden, die wachsen und gedeihen kann. Denn bereits bei weniger als fünfzig vertretenen Autos war man als Beobachter von der Vielfalt der Farben, Formen und Konstruktionsansätze beeindruckt.

Gemeinsamer Nenner - Kunststoff für die Karosserie
Das verbindende Element der Veranstaltung “Fantastic Plastic”, die am 18. und 19. Mai 2013 zum ersten Mal durchgeführt wurde, ist das Baumaterial Kunststoff. Anfangs der Fünfzigerjahre begannen zuerst Kleinserienhersteller, dann auch grössere Firmen, Karosserien aus Kunststoff, der meistens mit Glasfasern verstärkt war, zu bauen.
Der Vorteil dieser Methode waren die geringen Werkzeugkosten. Statt teurer Press- und Stanzeinrichtungen, die beim Bau von Stahlblech-Karosserien nötig waren, reichten einfach zu erstellende Formen, in denen Polyesterkarosserien durch Handauflege- oder Spritzverfahren auf kleinstem Raum erstellt werden konnten. Auf diese Weise waren kleine Serien möglich und auch stetigen Änderungen an Formen und Ausführungen stand nichts entgegen.
Diese Charakteristiken führten denn auch zu einer grossen Vielfalt und zu einer ganzen Industrie, die Karosserien oder Bausatzfahrzeuge anbot. Vor allem in England boomten Kunststoff-Fahrzeuge, aber auch in Deutschland, Frankreich, Amerika oder Brasilien entstanden vornehmlich Coupés und Cabriolets mit Plastikaufbauten.
Rund die Hälfte der im Verkehrshaus in Luzern vertretenen Fahrzeuge waren denn auch englischen Ursprungs, der Rest verteilte sich auf andere Länder.
Fünf Jahrzehnte Automobilbau
Während das älteste vertretene Fahrzeug aus dem Jahr 1954 stammte, reichte das Portfolio bis ins neue Jahrtausend. Über 50 Jahre Automobilbau waren versammelt, entsprechend vielfältig waren die Formen aber auch die Lösungsansätze.
Während zum Beispiel die Türscharniere beim Microplas Toledo von 1954 noch aussen und sichtbar waren, wurden sie beim TVR Griffith 500 der knapp 40 Jahre später entstanden war, elegant verdeckt.
Front-, Mittel- und Heckmotoren
Passend zu den vielen vertretenen Fahrzeugepochen varierten auch die Konstruktionsprinzipien. Vom Frontmotor und Standardantrieb (z.B. TVR 3000 Taimar, Peerless GT 2), über Mittelmotor (z.B. Matra Djet VS, AC 3000 ME) bis zum Heckmotor (z.B. Puma GT/GTS, Smart) waren alle denkbaren Lösungsansätze für die Unterbringung des Motors anzutreffen.
Und sogar ein Dreirad war dabei der Bond Bug 700 ES von Reliant. Wie seine älteren Brüder trägt der Bond Bug das einzelne Rad vorne, was gemäss Besitzer Georg Dönni bei unvorsichtigem Gebrauch durchaus zum Kippen führen kann.
Leichtbau und Luxus
Ein Grund für den Einsatz von Kunststoff bestand auch darin, gleichzeitig leichte und trotzdem robuste Bauteile herstellen zu können. Der Lotus Elite, den Urban Fässler nach Luzern gefahren hatte, beweist dies wie kaum ein anderes Fahrzeug. Colin Chapman hatte beim Elite nämlich auf ein Chassis verzichtet und die Aufhängungsteile mehr oder weniger direkt in die geschlossene Kunststoffkarosserie eingesetzt. Nur vorne wurde ein Hilfsrahmen eingesetzt. Auf diesem Wege entstand ein weniger als 600 kg schweres Fahrzeug, das mit dem Climax-Motor auch wesentlich grössere Gegner in Verlegenheit bringen konnte.
Am anderen Ende des Spektrums stand in Luzern ein Jensen C-V8 Mk III von 1966, der zeigte, dass Kunststoff auch bei Luxusfahrzeugen eingesetzt wurde.
Unikate und Serienfabrikate
Kunststoff eignete sich auch für Einzelstücke und den Prototypenbau. Beides war in Luzern zu sehen. Der Paulussen Beradino wurden Johannes Paulussen nach eigenen Vorstellungen gebaut. Begonnen hatte der Konstrukteur in der Schreinerwerkstatt seines Vaters, erst 40 Jahre später wurde das Werk vollendet. Nur das Chassis und den Motor beschaffte sich Paulussen von aussen, den Rest entwickelte und baute er selber. Formlich liess er sich vom Ferrari 275 GTB und dem Ford GT 40, neben anderen Einflüssen, leiten. Das Ergebnis überzeugt, da waren sich die Betrachter einig. Paulussen zeigte sich als Perfektionist und nichts an dem Fahrzeug wirkt unfertig oder prototypenhaft.
Auch das zweite Einzelstück blickt auf eine spannende Geschichte zurück. Der Daimler SP 250 V8 Talisman von 1963 war der Versuch, eine Alternative zum Jaguar E zu entwickeln, als man hörte, dass die Produktion des Daimler SP 250 Dart zugunsten des E-Types eingestellt werden sollte. Auf dem Fahrgestell des Daimler Sportwagens mit 2,5-Liter-Achtzylindermotor wurde die Karosserie des Tornado Talisman aufgesetzt. Weil zwar der Radstand passte, mussten im Interieurbereich Kompromisse eingegangen werden. Klanglich und auch optisch überzeugt das Resultat aber durchaus.
Völlig anders geartet waren natürlich die Serienfabrikate meist neueren Baudatums, die im Verkehrshaus gezeigt wurden. Der BMW Z1 gehörte genauso dazu wie der Opel Speedster oder der Smart Roadster. Man müsste aber auch die sich in der Ausstellung des Verkehrshauses befindlichen Modelle Chevrolet Corvette oder Trabant P601L dazu zählen.
Aber auch exotischere Fahrzeuge wie der Puma GT/GTS, der Lotus Esprit S3 Turbo oder der TVR 3000 350 C wurden in nennenswerten Serien gebaut.
Rundungen und exaltierte Formen
Die Kunststoffzeit war auch die Zeit der wilden Formen. Dies begann schon früh, was der Tornado Typhoon von 1958 demonstrierte. Ein Gitterrohrrahmen, Ford-Aufhängungs- und Motorkomponenten wurden mit einem opulenten Barchetta-Aufbau versehen und fertig war der Sportwagen, der vor allem schnell aussah, sich aber auch akustisch nicht zurückhielt.
Genauso individuell wirkte aber auch die Karosserie des Zimmer Quicksilver aus dem Jahr 1988. Entstanden auf der technischen Basis des Pontiac Fiero kombinierten die Erbauer Bob und Paul Zimmer bei den 36 Exemplaren des Quicksilvers protzige amerikanischen Chromelemente mit rundlichen Formen.
Kleinstmotoren und schwere V8-Maschinen
Vom kleinhubigen Vierzylinder im Bond Bug bis zur grossen V8-Maschine im Jensen CV-8 reichte das Motorenspektrum. Dazwischen fanden sich Sechszylinder in V-Form und in Reihenanordnung genauso, wie Vierzylinder unterschiedlichster Bauformen. Entsprechend vielseitig waren denn auch die Klangeindrücke, das vom luftgekühlten VW-Boxer-Sound bis zum stampfenden Beat des Rover-V8 reichte.
Die “geheimen” Schätze des Verkehrshauses Luzern
Das Programm von “Fantastic Plastic” beinhaltete eine kurze Rallye samt Beschleunigungsprüfung und Slalomläufen, aber auch einen Schaulauf und viel Ruhezeit für Benzingespräche, aber auch genügend Zeit, um sich museal weiterzubilden.
Einer der Höhepunkte des Wochenendes war denn sicher auch die Führung durch ein normalerweise nicht zugängliches Aussenlager des Verkehrshauses Luzern.

Dort nämlich sind Ausstellungsstücke, die auf ihren Einsatz warten, gelagert. Von der Modelleisenbahn bis zum kompletten Flugzeug, vom Lastwagen bis zur Ambulanz, vom Fahrrad mit Sternmotor bis zum Alvis mit Graber-Karosserie ist hier alles zu entdecken, fein säuberlich untergebracht und dokumentiert.
Vox Populi - Das Votum des Publikums
Am Sonntag wurden die Besucher des Verkehrshauses aufgefordert, das “hippeste” (aussergewöhnlichste) Kunststoff-Auto zu kühren.
Als Sieger dieser Publikumswahl ging die Pilgrim Cobra hervor, die mit ihrem dumpfen, kraftvollen V8-Sound für Begeisterung und Aufmerksamkeit sorgte. Auf Platz 2 landete der Paulussen Beradino, den dritten Rang eroberte der Tornado Talisman V8. Ob es Zufall war, dass gerade diese drei Fahrzeuge auch mit attraktiven Klangkulissen aufwarten konnten?
Entwicklungspotential
Der Start ist gelegt, die Teilnehmer zeigten sich zufrieden und vor allem begeistert von der Idee, ein markenunabhängiges Treffen ohne Standesdünkel und Fahrzeugalterslimiten durchzuführen.
Für ein nächstes “Fantastic Plastic” würden wir uns neben den gesehen Fahrzeugen einige zusätzliche Autos wünschen, die wir dieses Mal vermissten, z.B. die Alpine A110 und A310, die Lotus Elan und Europa, den Enzmann 506, den Renault Espace, einen VW Buggy, einen Albar Sonic, das Borghi Les Diablerets Coupé, einen Sbarro, einen Sauter, den DKW Monza, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Denn wie fantastisch die Welt der Kunststoffautos tatsächlich ist und war, kann man umso besser sehen, umso mehr Fahrzeuge sich an einem Ort treffen. Deshalb - auf ein Neues!
Liste der anwesenden Fahrzeuge
Die folgende Liste zeigt alle Autos, die an der Veranstaltung “Fantastic Plastic” vor Ort waren. Die mit “VHS” gekennzeichneten Gefährte stammen aus der Sammlung des Verkehrshauses Luzern. Die Tabelle kann durch Klick auf die Spaltenüberschriften sortiert werden.
Marke | Typ | Jg | Kommentar |
---|---|---|---|
AC | 3000 ME | 1981 | |
BMW | Z1 | 1991 | |
Brabus | Smart Roadster | 2004 | |
Chevrolet | Corvette Stingray | 1966 | VHS |
Dyane | Capri | 1980 | VHS |
Ginetta | G33 | 1992 | |
Gnom | 1986 | VHS | |
Horlacher | Egg | 1988 | VHS |
Itera | Kunststoffvelo | 1980 | VHS |
Jensen | CV8 Mk III | 1966 | |
Kougar | Monza | 1975 | |
Lotus | Elite | 1959 | |
Lotus | Esprit Turbo | 1982 | |
Lotus | Elise Mk 2 | 2001 | |
Marcos | GT 3L | 1970 | |
Marcos | GT 3L | 1971 | |
Matra | Djet VS | 1966 | |
Microplas | Toledo | 1954 | |
Opel | Speedster Turbo | 2006 | |
PacCar | 1986 | VHS | |
Paulussen | Beradino | 1975 | |
Peerless | GT2 | 1959 | |
Pilgrim | AC Cobra V8 | 1971 | |
Puma | GT | 1972 | |
Puma | VW | 1978 | |
Reliant | Bond Bug 700 ES | 1972 | |
Selec | Tiny | 1993 | VHS |
Sinclair | C5 | 1986 | VHS |
Smart | Roadster Coupé | 2003 | |
Solartechnik | F. Plattner | 1986 | |
Tornado | Typhoon | 1958 | |
Tornado | Talisman V8 | 1963 | |
Trabant | P601L | 1970 | VHS |
Trident | Clipper | 1969 | |
TVR | 3000 Taimar | 1978 | |
TVR | 3000 S | 1978 | |
TVR | Griffith 500 | 1993 | |
TVR | Chimera | 1997 | |
TVR | Chimera | 1998 | |
TVR | Chimera | 2000 | |
TVR | 350 C | 2005 | |
TVR | Tuscan | 2005 | |
Twike | Prototyp für Expo | 1986 | VHS |
Velorex | Oscar 16 | 1962 | VHS |
Zagato | Zele 1000 | 1973 | |
Zimmer | Quicksilver | 1988 |
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1. War die Wettervorhersage ungünstig - dafür kann der Veranstalter nichts.
2. War die Teilnahmegebühr relativ hoch gegriffen und manch einer wird sich überlegt haben, ob der Gegenwert, dafür dass man anreist und das eigene Fahrzeug zur Schau stellt, dem entspricht.
3. Ist es schwer nachvollziehbar, dass Besucher für das Betrachten von ca. 50 Fahrzeugen ein derart hohes Eintrittsgeld bezahlen sollen.
4. War im Großraum Luzern kein einziges Plakat zu sehen, auch Hinweise in Tageszeitungen etc. fehlten nach Angabe eines Einheimischen komplett. Erst auf Nachfrage an der Informattion des Verkehrshauses wurde man darauf hingewiesen, dass das Treffen sehr wohl im Innenhof stattfindet.
Alles in allem war der Ausflug nach Luzern sehr schön - das Treffen aber ein kompletter Reinfall!
Sicher wären die Veranstalter gut beraten sich zB. das British Car Meeting, das alljährlich in Mollis (GL) stattfindet als Vorbild zu nehmen. Dort sind ein Großteil der in Luzern vermissten Fahrzeuge in dutzendfacher Ausführung zu sehen - alles in allem viel mehr für den an Plastik Karossen interessierten Besucher und Teilnehmer.
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