Das Jahr 2020 wird sicher als ein besonderes Jahr in die Geschichte eingehen, natürlich wegen des grassierenden Virus und nicht wegen besonderen Neuigkeiten rund um das Automobil.
Als Johannes Hübner, der rührige Organisator der Classic-Gala Schwetzingen ein Foto des später zum “Best of Show” gekürten SS1 Four Light Saloon mit der fleissigen Jury, alle situationsgerecht mit Maske ausgerüstet, schoss, meinte er, dass sich in 10 oder 20 Jahren wohl alle wundern würden, warum denn die Leute mit diesem Mundschutz rumgelaufen seien, vielleicht wegen eines Chemieunfall oder sowas. Vielleicht wird uns diese Maske aber auch noch längere Zeit begleiten und dann erhält dieser Schwetzingen-Teilnehmer, der meinte, dass ein Concours d’Elégance mit Maske wie Haarewaschen mit angezogenem Sturzhelm sei, für längere Zeit Recht.
Erfolgsgeschichte
Der 16. Concours d’Elégance Classic-Gala Schwetzingen vom 4. bis 6. September 2020 jedenfalls war, allen Widrigkeiten zum Trotz ein Erfolg. 15’000 Besucher kamen in den herrlichen Park von Schloss Schwetzingen, immer schön aufgeteilt in eine Vormittags- und Nachmittagsschicht. Und sie hielten sich nicht nur an das Hygienekonzept, sie kriegten auch richtig etwas zu sehen.
Natürlich ist ein grosser Schlosspark eine ideale Umgebung, um trotz Abstandsregeln eine Autoveranstaltung zu organisieren. Und mit ein paar Anpassungen sorgte das Team um Johannes Hübner auch dafür, dass keine Dichtesituationen entstanden. So wurde die traditionelle Siegerehrung kurzwegs gestrichen und stattdessen kamen die Preise (rund 130 Pokale) zu den Teilnehmerfahrzeugen.
100 Jahre Talbot
“Talbot” ist eine Automarke, die man noch kennt, obschon sie schon eine ganze Weile nicht merh auf dem Markt ist, seit die Peugeot-Citroën-Gruppe 1994 den Stecker zog und nach Autos wie dem Talbot Samba oder dem Tagora den Markennamen aufgab.
Begonnen hat es allerdings schon 1898 mit der Marke Clément in Paris, deren Fahrzeuge der Lord of Shrewsbury and Talbot in England unter seinem Familienmarken ab 1903 auf den Markt brachte. Und 1920 entstanden dann in der Firmengruppe Sunbeam-Talbot-Darracq die Fahrzeuge namens Talbot, auf die sich das Jubiläum in Schwetzingen bezog.
Leider fanden sich nicht alle gemeldeten Fahrzeuge ein, so fehlte etwa der Talbot 105 von 1933, aber es gab trotzdem noch fünf schöne Exemplare zu sehen, die breites Spektrum vom Vorkriegs-Sportwagen, über einen fast reinrassigen Rennwagen bis zum Fünfzigerjahre-Granturismo abdeckten.
Den Kategoriesieg errang schliesslich der Talbot T15 von 1937.
90 Jahre Pininfarina
Im Jahr 1930 wurde die Carrozzeria Pinin Farina von Batista “Pinin” Farina gegründet. Sie ist ein der wenigen Karosseriefirmen, die bis heute überlebt haben und sie gehört sicherlich zu jenen, deren Produkte bis heute bei Sammlern und Liebhaber das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen. Und die Menge der Fahrzeuge, die bei Pininfarina entweder gebaut oder zumindest gestaltet wurden, ist fast endlos und umfasst auch reine Studien wie den Ferrari Modulo oder die Corvette Rondine.
Leider fand sich keines dieser Einzelstücke im Schlossgarten wieder, obschon u.a. ein einmaliger Ferrari 330 GTB von 1965 als “Understatement GT” gemeldet war, aber dann wohl (corona-bedingt) nicht eintraf. Auch andere Einzelstücke fehlten.
So ging der Jubiläumspreis dann an einen Alfa Romeo 6C 1750 von 1930 mit dem wohl ersten Pininfarina-Kleid (damals noch getrennt geschrieben), das je einen Alfa Romeo zierte.
Der Nash Healey Roadster von 1952, der auch mit einer herrlichen Pininfarina-Karosserie beeindruckte, erhielt dahingegen den Klassensieg in seiner Epoche, genauso wie der Ferrari 275 GTB von 1964, der die FIVA-Klasse F1 (1961-1964) dominierte.
Dass sich kein Besitzer eines Fiat 124 Spiders oder eines Peugeot 205 GTI auf dem Concours zeigte, war aber schon etwas schade, denn gerade diese in grösseren Zahlen produzierten Pininfarina-Entwürfe sind es, die heute den meisten noch bekannt sind.
Dafür gab es allerdings einen wunderschönen Ferrari 365 GT4/BB von 1973, zwei Dino 246 GT einen Alfa Romeo Giulia Spider und ein elegantes Peugeot 404 Coupé von 1964 zu sehen.
Reges Clubleben
Interessant war die dreitägige Veranstaltung in Schwetzingen allerdings nicht nur wegen der Schönheitskonkurrenz, sondern auch wegen der Anstrengungen einiger Oldtimer-Clubs, ihre Fahrzeuge und Anliegen dem Publikum zu präsentieren.
Da waren einmal die Mercedes-Clubs, die einen Einblick in die Palette von Mercedes-Benz in den Jahren 1950 bis 1990 geben wollte. Und dies gelang ziemlich überzeugend, da störte es auch nicht, dass der 300 SL der Fünfzigerjahre nur auf dem VIP-Besucherparkplatz zu finden war. Ob Ponton-Limousine, Baby-Benz oder die klassischen 190 SL und 230/280 SL, sie waren alle vorhanden und zwar in grosser Zahl.
Dazu kam auch noch eine Reihe von 600-er-Version der Sechziger- und Siebzigerjahre, die alleine schon eine gute Markendarstellung gewesen wären.
Die Alt-Ford-Freunde liessen es kaum langsamer angehen. Sie stellten Beispiele aus dem über hundertjährigen Schaffen von Ford zum Betrachten hin, vom Buckeltaunus über den Capri bis zum Escort XR3. Darunter gab es echte Rosinen und als Ergänzung fanden sich auch im Concours-Feld noch einige weitere Model T und Model A.
Aber auch NSU-, Jaguar- oder Adler-Fans kamen auf ihre Rechnung, denn auch bei diesen Marken setzten sich Clubs in Szene und zeigten ihre Fahrzeuge.
Amerikaner unterhalb des Hirschbrunnens
Für viele Besucher ist der im Rahmen der Classic-Gala stattfindende US-Classic-Car-Concours ein Höhepunkt.
Auch 2020 standen hier wiederum imposante Autos, die man nicht jeden Tag sieht und die Breite und Vielfalt des amerikanischen Autobaus sehr schön repräsentierten. Alleine schon die Kategoriesieger – Chrysler New Yorker, Cadillac 341 Phaeton, Ford Model A, Ford Mustang Boss – zeigen, dass hier nicht einfach Corvette an Corvette, oder Mustang an Mustang aufgereiht waren.
Von Autos im Jet-Age-Design, über den Aerodynamik-Look der Vorkriegszeit bis zu den Flossen-Exzessen der späten Fünfzigerjahre gab es alles zu sehen.
Die Kleinsten neben der Grössten
Gleich gegenüber oder fast schon zusammen mit den Amerikaner fanden die kleinsten Autos in Schwetzingen ihren Platz, wobei eigentlich waren sie (wie die US-Cars) über den ganzen Schlosspark verteilt, denn auch zwischen den übrigen Concours-Teilnehmern fanden sich immer wieder kleinste Autos wie der Brütsch Zwerg, der Fiat 500 Topolino oder ein Simca 6.
Die BMW Isetta konnte man mit dem italienische Original, der Iso Isetta vergleichen.
Das Fuldamobil S7 sah man fast Seite an Seite mit dem Silberfloh von 1954 und auch ein Trabant fehlte natürlich im Schlosspark nicht.
Epische Breite
Sowieso ist es die schiere Breite, die den Schwetzinger-Besucher atemlos werden lässt. Vergessene Autos der Wirtschaftswunderzeit stehen zwischen einstigen Brot-und-Butter-Massenvehikeln und spezialkarossierten Einzelstücken.
Im Schnitt waren die prämierten Autos 70 Jahre alt, offensichtlich fehlten also auch gerade die Vorkriegsautos und die Veteranen der Pionierjahre nicht.
Es sind die bunte Mischung und die freundlichen Besitzer, die geduldig immer wieder erklären, warum ihr Auto etwas besonderes ist, die die typische Schwetzingen-Stimmung ausmachen.
Nicht nur Benzin
Passend zum aktuellen Weltgeschehen waren in Schwetzingen auch nicht-benzin-betriebene Fahrzeuge zu sehen und zwar durchaus auch historische.
So düste etwa ein Detroic Electric fast genauso lautlos durch den Park wie ein Stanley Steamer, notabene beides Vorkriegsfahrzeuge.
Auch Dieselmotoren waren natürlich vertreten, einzig den Holzvergaser vermisste man (ein bisschen).
Auch jüngere Fahrzeuge
Hoch anzurechnen ist der Classic-Gala auch, dass man die Augen nicht vor neueren Fahrzeugen verschliesst.
So sorgte ein TVR Tuscan aus dem 2000 für ordentlich viel Interesse, was nicht zuletzt auch an seiner besonderen Lackierung lag, die sich je nach Lichteinfall anders zeigte. Es gab aber auch einen Artega zu sehen und andere vergleichsweise moderne Fahrzeuge bis zum Microlino, der modernen Elektro-Isetta aus der Schweiz.
Flammkuchen und Eiscrème
Auch Hunger mussten Teilnehmer und Besucher nicht leiden, Getränke- und Kaffeestände gab es zuhauf. Auch bei der Verpflegung wird auf Vokstümliches geachtet und einzig die Maskenpflicht und die Notwendigkeit, sich einzutragen, erinnerten manchmal noch an die Pandemie, die in Tageszeitungen immer noch täglich viele Spalten füllt.
Bei den Anwesenden sah man jedenfalls selbst dann, wenn die Gesichter teilverdeckt waren, zufriedene Augen und die hochgezogenen Mundwinkel konnte man zumindest erahnen. Es ist Johannes Hübner zu danken, dass er den Concours trotz aller Risiken durchgezogen hat, auch wenn doch ein nicht unbeträchtlicher Teil der gemeldeten Fahrzeuge leider den Weg nicht nach Schwetzingen fanden.
Was da war, war mehr als genug, auch eine Anreise über Hunderte von Kilometern zu rechtfertigen. Hoffen wir, dass bei der 17. Classic-Gala Schwetzingen im Jahr 2021 die “richtige” Normalität wieder zurück ist.
Viele Preise
Rund 130 Pokale wurden verteilt, der Einfachheit halber seien hier nur die vergebenen ersten Preise aufgeführt:
Klasse/Kategorie | Marke | Typ | Jahr |
---|---|---|---|
FIVA-Klasse A: bis Bauj. 1904 | Oldsmobile | Curved dash | 1903 |
FIVA-Klasse B: Bauj. 1905-1918 | Rolls Royce | Silver Ghost | 1910 |
FIVA-Klasse C: Bauj. 1919-1930 | Alfa Romeo | 6C 1750 Pininfarina | 1930 |
FIVA-Klasse D 1 : Bauj. 1931-1937 | SS1 | Salon Coupe | 1935 |
FIVA-Klasse D 2 : Bauj. 1937 - 1945 | Talbot | F150C Cabr, Usine | 1938 |
FIVA-Klasse E 1 : Bauj. 1946-1954 | Nash Healey | Convertible | 1952 |
FIVA-Klasse E 2 : Bauj. 1955 - 1960 | Mercedes | 220 S Coupé | 1957 |
FIVA-Klasse F 1: Bauj. 1961-1964 | Ferrari | 275 GTB PF | 1964 |
FIVA-Klasse F 2: Bauj. 1965 - 1970 | Lamborghini | Espada S1 | 1969 |
FIVA-Klasse G: Bauj. 1971-1990 | Ferrari | 365 BB | 1975 |
FIVA-Klasse H: 80 onwards | Ferrari | Testarossa | 1990 |
Klasse U - Best Original | Peugeot | Bébe | 1902 |
Klasse I: Ehrenmarke Talbot | Talbot | T15 | 1937 |
Klasse O: beste Eigenrestaurierung - Bj 1980 | Volvo | P 1800 S | 1964 |
Großer Preis des Classic-Gala Publikums 2020 | VW | Rometsch | 1951 |
Classic-Gala Prix Ingenieux 2020 | NSU | Wankelspider | 1964 |
Mercedes 600-Trophae | Mercedes | 600 | |
Classic-Gala-Jubiläumspreis 2020 | Alfa | 6C 1750 Pininfarina | 1930 |
Classic-Gala Prix Design 2020 | Cord | 812 | 1937 |
Classic-Gala Supersport pre 1970 | Alfa | 6C 2500 SS | 1939 |
Classic-Gala Supersport post 1971 | Porsche | 959 | 1988 |
Landespreis Baden-Württemberg | Mercedes | Indianapolis | 1923 |
Best of Show CLASSIC-GALA 2020 | SS1 | Sedan Coupé | 1935 |
Classic-Gala Grand Prix 2020 | Ferrari | 275 GTB | 1964 |
Star of Classic-Gala Schwetzingen | Maybach | SW 38 Cabrio | 1938 |
Classic-Gala Preis der Jury 2020 | Citroen | 5 CVTrefle | 1925 |
Classic-Gala Prix d'Elegance 2020 | Citroen | SM | 1971 |
Classic-Gala Prix Couture 2020 | Ford CAN | Model T Runabout | 1925 |
Classic-Gala Prix deLuxe bis 1939 | Mercedes | 540 K | 1937 |
Classic-Gala Best of 50ties | Gutbrod | Wendler Cabrio. | 1951 |
Classic-Gala Best of 60ties | Jensen | CV 8 | 1964 |
Classic-Gala Best of 70ties | Volvo | P 1800 ES | 1972 |
Classic-Gala Best British Car | Bristol | 412 | 1978 |
Classic-Gala Best Sportscar 2020 | Renault | Alpine 110 | 1975 |
Classic-Gala Vainqueur Francais | Facel Vega | FV3 | 1957 |
Classic-Gala Cabriolet des Jahres | Jaguar | E-Type S2 Cabrio | 1969 |
Classic-Gala Grand Prix Voiturette 2020 | Brütsch | Zwerg | 1955 |
Classic-Gala Transport-Pokal 2020 | Tempo | Pritsche | 1949 |
Classic-Gala Wirtschaftswunderauto | Mercedes | 300 S Coupe | 1955 |
Classic-Gala Garagengold | Renault | Alpine 310 | 1977 |
USCCC - Best of Show | Chrysler | New Yorker | 1953 |
USCCC - Best of 20ies | Cadillac | 341 Phaeton | 1928 |
USCCC - Best pre war - 1945 | Ford | A | 1930 |
USCCC - Best post war - 1960 | Chrysler | New Yorker | 1953 |
USCCC - Best of 70ies | Ford | Mustang Boss | 1970 |
Classic-Gala Prix Conaisseur | BMW | 3.0 CSL | 1975 |
Classic-Gala Collectors Choice | Aston Martin | V8 Coupe | 1977 |
Classic-Gala Prix Superieur | Mercedes | 190 SL | 1958 |
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das hier eine inflationäre Pokalvergabe stattgefunden haben soll, kann ich als Teilnehmer so nicht bestätigen. Die mehreren Jurorenteams, flankierend verstärkt durch Junioren (nach dem löblichen Motto "Jugend forscht"), haben sich viel Zeit und Muße bei jedem Fahrzeug nehmen können. Das ich im ersten Jahr meiner Teilnahme direkt einen Pokal gewonnen habe, 1.Platz bei den "Italian Classics", hat meinen FIAT ABARTH 1000 TC CORSA (siehe Foto Nr. 118) und mich gefreut. Ausschlaggebend war u.a. gewesen, dass dieses Fahrzeug deutschlandweit der Einzige mit einem FIA-HTP und Straßenzulassung ist ! Forza Italia, ABARTH-Klaus