Wird ein Mensch 50 Jahre alt, so ist das weiter nichts Besonderes. Meistens gibt man eine große Party, hört sich ein paar mehr oder weniger lästige Sketche von vermeintlichen Freunden an und feiert bis zum Umfallen oder bis zum Aufwachen – ganz nach Kondition und Art der Party.
50 werden ist nicht schwer, 50 sein dagegen sehr ...
Ein Auto mit rundem 50er ist dagegen eine Rarität wie beim Menschen der volle Hunderter bei guter Gesundheit – und beinahe noch mehr. Im Zeitalter der flüchtigen Modellzyklen, die von zickigen Marketingchefs beordert werden wie früher die Marschordnung einer Kompanie, ist ein Fünfziger die ganz große Sensation.
Das 50. Produktionsjubiläum schaffen auch solche Firmen kaum, deren Modellzyklen vor konservativ empfundener Beharrlichkeit nur so strotzen: Einen Bentley oder Rolls mit 50 Jahren ununterbrochener Bauzeit kennt man eigentlich nicht - eifrige Bescheidwisser unter den Lesern dürfen still und leise in ihren Unterlagen graben gehen und sich in der Zwischengas-Redaktion melden, wo sie fündig wurden.
Der Käfer, na gut, der hat’s natürlich gepackt: Zählt man die erste Generation der 50 Prototypen von 1938 dazu, bis zum letzten Jahr Mexico-Produktion, so umfasst dies Baujahre 1938 bis 2001, immerhin 63 Jahre, überzuckert von der stolzen Stückzahl von 21 Millionen, das ist natürlich eine steile Karriere.
Von Fossilen und Klassikern
Bevor man die Steilkurve zu Porsches Meisterwerk namens 911 formvollendet aussteuern kann, bleiben ein paar Gedanken zu Henry Fords T-Modell: 15 Millionen Stück vom ersten Baujahr 1908 bis zum letzten, das war 1927. Und ganz ehrlich: Als der Ford T endlich abtrat, waren alle froh. Er rollte zuletzt als Fossil durch die Strassen, liess sich nur noch mit gehobenem Aufwand an den Mann oder lieber noch an die Frau bringen. Seine Zeit war längst abgelaufen, auch wenn ihm Stan Laurel und Oliver Hardy das ewige Leben in komischen Filmen verleihen wollten, und von Charlie Chaplin eine ganz zauberhafte Unterstützung erfuhren.
Dem Käfer ging es ebenso. Er galt als Fossil von allenfalls romantischem Nährwert. Die Technik war antik, der Verbrauch hoch und der Rest war von gestern.
Weitere konkurrierende Fahrzeugmodelle von Firmen wie Unimog oder Caterpillar, die einem Porsche 911 den Platz auf dem Podium für den glänzendsten Auftritt zum 50. Bauzeit-Jubiläum streitig machen könnten, sind von ihren Handling-Nachteilen zu sehr gezeichnet, als dass man sie in dieser Auflistung wirklich ernst nehmen könnte.
Stetige Wandlungen beim 911
Der Porsche 911 dagegen ist zum 50. Jubiläum der Baureihe knackiger denn je. Na gut, ausser dem Auftakt zur Fahrgestellnummer, die lange noch ganz brav auf die historische Ziffernfolge „901“ aufgebaut hat, ist seit dem Modell 964 aus dem Baujahr 1988 nicht mehr viel vom Urmodell aus den Händen von Alexander Porsche übriggeblieben.
Immerhin, die Linie stimmt noch heute. Und ein paar Grundideen, die man bei Porsche mehr oder weniger zufällig vergessen hat, zwischendurch einfach wegzuschmeißen, so wie man das mit abgeschnittenen Zöpfen sonst immer tut. Wer einen alten 911er neben einem neuen Carrera parkt, der kann sich vor jedem Kindergarten der Republik die korrekte Antwort abholen, was er da abgestellt hat. Zwei Porsche, und zwar die echten.
Beliebte Luftgekühlte
Alle anderen Modelle des Hauses werden von den Freunden der klassischen Carrera-Modelle ganz gerne unter „modischer Schnickschnack“ abgelegt. Man kennt da im Hause der gusseisernen Porsche-Freaks keine Gnade. Gerne rotten sich die Freunde bestimmter Jahrgänge zu Grüpplein zusammen, die gemeinsam das Fähnlein der einen oder anderen Modellreihe hochhalten.
Besonders beliebt sind derzeit die luftgekühlten Jahrgänge bis 1997, die man unter dem Banner der Heldenverehrung gerne für gepflegte Ausfahrten hernimmt. Nicht zu lebhaft, damit das Andenken keine Kratzer bekommt, nicht zu lahm, damit die Welt bemerken soll, dass ein Sportwagen nach dem Schnittmuster „Lenkung vorn, Rest hinten“ ewig jung bleiben kann - wenn er nur korrekt gepflegt wird.
Das Ofenwerk als Oldtimer-Zentrum
So traf es sich ausgezeichnet, dass im Nürnberger Raum eine Umwidmung von hohem Stil stattgefunden hat: Im ehemaligen Ofenwerk der Riedhammer GmbH, das früher in Nürnberg Ofenanlagen für die Keramikindustrie herstellte, entstanden über 10.000 Quadratmeter Fertigungs- und Büroflächen für alles was brummt und Krach macht und was man trotzdem liebhaben kann: Ein Oldtimer-Zentrum von hohen Gnaden.
So bot es sich an, mehr aus dem Oldtimerhobby zu machen. Inzwischen haben sich in der Klingenhofstraße gut 40 Betriebe eingemietet, die sich alle mit dem Thema Oldtimer beschäftigen. Das verpachtete Café rundet das Angebot perfekt ab und bietet die einzige Abwechslung im Umgang mit technischer Klassik: Die Karte ist frisch, das Angebot verzichtet auf Rückschlüsselung komplexer Ersatzteilnummern. Derlei ist sonst die Spezialität des Hauses. Inhaber Peter Riedhammer zitierte die Bentley-Boys gerne mit dem Spruch „The difference between men and boys is the price of their toys“.
Dabei sind die Preise zivil, zumindest relativ gesehen. Man könnte ein Fahrzeug in der Mietwerkstatt unter kundiger Anleitung selber restaurieren, sofern das eigene Geschick dazu ausreicht. Man könnte weiter reihum mit Gutachter, Autosattler, Fahrzeughandel, und Versicherung die Dinge durchziehen, die zum echten Oldtimer gehören wie der Keilriemen zum Lüfterrad der frühen Jahrgänge.
Und am Ende würde der ortsansässige Brillenmacher zum stilgerechten Cabrio-Klassiker die geeignete Schutzbrille anfertigen, nicht ohne sie zuvor im Hauseigenen Windkanal getestet zu haben.
Über 500 911-er im Ofenwerk
Oder man stampft eben ein Porsche-Jubiläum aus dem Boden, das sich gewaschen hat: Etwa 500 standesgemäße 911-er und Anverwandte sollen am mittleren Juli-Wochenende im Ofenwerk gewesen sein, vom ehrwürdigen 356er bis zum heissen Turbo wurde kein Modell aus der Geschichte des Hauses ausgelassen.
Das Werksmuseum selbst steuerte hausgemachte Raritäten bei, darunter den Polizeiporsche aus der Baureihe 993, der seiner Lebtage noch nicht so viel unverfälschte Bewunderung erlebt hat, wie seit jener Stunde, da er mit 411.000 Kilometern auf der Uhr im Museum abgestellt wurde. Er passte gut zum Treffen der Porsche Klassiker, die ja gerne so tun als müsste man heute noch seinen Motor ausschliesslich mit Luft kühlen. Ein paar Reminiszenzen an die Geschichte des Hauses Porsche dürfen auch in Ehren ergrauen.
Wie die Gusseisernen zu ihrem Namen kamen
Strittiger Punkt am abendlichen Lagerfeuer, das den mitreisenden Gattinnen zuliebe als Galadinner ausgeschrieben worden war, waren die Anekdoten mit den ganz langen Zöpfen: Warum heisst der harte Kern der Verehrer die „Gusseisernen? Drei Meinungen kämpfen immer wieder heiß um die Pole Position, der Übersichtlichkeit nach historisch geordnet: Kam es zum Spitznamen weil ...
... 1. Die Recken der 901-Frühzeit rund um Helmuth Bott und Paul Hensler sich mit dem Fahrverhalten der zickigen Ur-Serie nicht abfinden wollten, bis sie auf den Trick verfallen waren, die vordere Stoßstange mit gusseisernen Gewichten auszufüllen, nur um das Trägheitsmoment und die Höhe gutmütiger Handling-Eigenschaften geeignet nach oben zu treiben? Nur wer den frühen 11er mit stabilen Driftwinkeln um den Handlingkurs von Weissach bewegt hat, dürfte sich demnach „Gusseisern „nennen“?
... 2. Weil das Material für die luftgekühlten Zylinder der frühen Serie noch aus “GGG” bestanden hat. Und nur, wer auf dem Nürburgring der Frühzeit, als die Sprungkuppe am Pflanzgarten und am Belloff-Hügel die Formel 1-Autos samt Flügelwerk lässig in die Höhe spuckte, eine Rundenzeit unter 10 Minuten hinlegte, wäre demnach heute noch ein echter „Gusseiserner“?.
... 3. Oder geht es um diejenigen Modelle, die vor Neuzeit der weitgehend unmagnetischen Jahrgänge mit Wasserboxer und Vierventilkopf gebaut wurden? Und nur der Besitzer eines Carrera, bei dem ein Magnet mit lautem Klack-Geräusch im Motorraum verschwindet, um niemals nach unten auf die Straße zu fallen, das ist ein echter Gußeiserner?
Die Gesprächsrunden im Ofenwerk blieben über drei Tage konzentriert bei der Sache und mussten doch - wie stets in der 65jährigen Geschichte des Hauses Porsche, auf open end vertagt werden.
Bügelporsches als Gesprächthema
Derweil tagte für alle, denen der Umgang mit magnetischer Historie zu abstrakt war, der Arbeitskreis „Targa & Freunde“. Hier hat sich rund um den engagierten Freund aller Bügelporsche, Karsten Prochaska, ein Selbsthilfe-Konsortium gefunden, das auch vor gehobenen Aufgaben nicht zurückschreckt: Nachdem die Kunst, eine Targa-Dachhaut korrekt zu spannen, heute beinahe schon zu den Grundübungen zählt, widmet man sich der hohen Schule der Targa-Dressur und bietet einen Lehrgang, in dem der Umgang mit Spezialkleber ebenso traumwandlerisch trainiert wird, wie die Justierung von Dachgummis, Scheibengummi und Bügelgummi. Die Nennung erfolgt streng nach steigendem Schwierigkeitsgrad.

Die hohe Schule der Dichtheit gegen Wasser und Wind ist ebenso erlernbar wie das Abstellen von akustisch missliebigem Dachklappern schlechthin.
Der Targa-Lehrgang im Ofenwerk kostete schlappe 30 Euro und enthielt für jeden Teilnehmer eine CD, auf der Vergessliche das Gelernte stolz mit nach Hause tragen durften. Das öffnet einer Zukunft die Bahn, in der Raum für besondere Zitate gegeben wird: „Else, hol bitte den Laptop in die Garage, wir machen jetzt den Targa wieder dicht….“ Können sich Klassik und Moderne irgendwo noch zauberhafter begegnen?
Ausfahrt zu Alois Ruf
Während auf Rundfahrt das Fachwissen vermittelt wurde, dass man nach dem renommierten Porsche-Veredler Alois Ruf in Pfaffenhofen im Steigerwald lange suchen kann - ganz einfach, weil er in Pfaffenhausen bei Mindelheim zu Hause ist - verdichteten sich Gerüchte, wonach es zur Wunsch-Zahl der Teilnehmer aus aller Welt nicht ganz reichen würde: 911 Porsche-Treiber hätte man ganz gerne im Ofenwerk gehabt.
Gekommen sind über 500, grösstenteils luftgekühlt und teilweise gusseisern, getrennt nach den Kriterium 1 bis 3 (siehe oben). Die Ausfahrt selbst, fern der befahrenen üblichen Routen und mit kulinarischen Zwischenstationen versehen, trieb den Teilnehmern nach Passagen, die landschaftlich begeisterten und nach solchen, auf denen man die Fahreigenschaften der Zuffenhausener Produkte auskosten konnte ein breites und zufriedenes Grinsen ins Gesicht.
Kein Ende der Feierlichkeiten in Sicht
Auch für die Kleinen war gesorgt, denn die riesige Carrera-Rennbahn begeistert den Nachwuchs meist länger als es den Eltern lieb ist und so blieb noch ein wenig Zeit für Männershopping beim Werkzeughändler. Die nächste Würdigung des Geburtstagskindes steht beim Oldtimer Grand Prix am Nürburgring an, das nächste Event im Ofenwerk wird bereits in Angriff genommen.
Und die Historie zum Gusseisen bleibt weiter zur Klärung empfohlen. Auch künftige Porsche-Treffen verlangen nach einer ernsthafte Betätigung abseits der Konvoi-Fahrerei.
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