Vom 11. bis 14. Juli 2024 stellte der Duke of Richmond einmal mehr sein Schloss samt Umfeld dem historischen und aktuellen Motorsport sowie generell allen interessanten Automobilen zur Verfügung. Dem Ruf folgten Tausende von Zuschauern, bereits am Donnerstag war das Gelände so voll, als wäre es der einzige Austragungstag. Das Wetter spielte weitgehend mit, einige Niederschläge zwischendurch stellten sicher, dass man sich wie in England fühlte.
Das Festival of Speed ist ein Anlass für Auto- (und Motorrad-) Enthusiasten. Historische Automobile werden mit modernsten Fahrzeugen gemischt und meist fahrend gezeigt, im Prinzip könnte man das Festival als fahrenden Automobilsalon mit angekoppelter Oldtimermesse sehen.
Die Veranstaltung hat soviel Zug drauf, dass mancher Autohersteller seine Neuheiten gerne in Goodwood präsentiert. Dazu kommen berühmte und legendäre Personen aus dem Automobil- und Motorradumfeld, die am Festival meist gut gelaunt in irgendwelchen Fahrzeugen Platz nehmen und damit auf der behelfsmässigen Bergrennstrecke hochdonnern. Geschwindigkeit ist nur in den wenigsten Fällen entscheidend, Show und Emotionen immer.
100 Jahre MG
Jedes Jahr weist eine Skulptur auf ein grosses Ereignis oder Jubiläum hin. Im Juli 2024 wurde die Marke MG gefeiert, die ja inzwischen 100 Jahre alt ist. Zwar geriet sie vor einigen Jahren in chinesische Hände, aber immerhin entstehen weiterhin Autos mit dem berühmten Oktagon-Markenzeichen.
Die Skulptur machte den Bogen vom einst so beliebten MGB zum aktuellen MG Cybster.
Und auch auf der Strecke durften einige MGs, darunter ein K3 und ein Metro 6R4 Gruppe-B-Auto, auf die Geschichte der berühmten Marke hinweisen.
Vom Antrieb ohne Pferd bis zum Hybrid
Hauptthema am Berg war “Horseless to Hybrid” und damit Renn- und Sportwagen aus über 130 Jahren Automobilgeschichte. Der älteste Wagen, ein Salvesen Steam Wagonette aus dem Jahr 1893 kämpfte dabei gegen modernste Hypersportwagen um die Gunst und das Interesse des spalierstehenden Publikums.
Natürlich fehlten auch reine Elektroautos nicht, aber Fahrzeuge mit charakteristischen bis dramatischen Lautäusserungen begeisterten die Besucher wohl doch mehr.
An spannenden Fahrzeugen fehlte es natürlich nicht, wann sieht man schon einen Lancia Stratos, eine Alpine-Renault A442B, einen Matra MS670 oder einen Jaguar XJR9 LM an sich vorbeiziehen?
20 Jahre Red Bull Racing
Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Zuschauer, darunter auch sehr junge Leute, kamen wohl wegen Red Bull Racing nach Goodwood. Tatsächlich kann die Rennwagenschmiede, die einst mit den Autos von Jaguar Racing, welche wiederum aus Stewart Grand Prix heraus entstanden waren, begannen. Seither sind 20 Jahre vergangen und Red Bull kann auf sechs Konstrukteur- und sieben Fahrertitel stolz sein.
Dies wurde mit einem breiten Auftritt gefeiert und fast alle Red-Bull-Evolutionen waren vor Ort, knapp die Hälfte wurde auch fahrend auf der Bergrennstrecke gezeigt. Hinter dem Steuer sassen unter anderem Teamchef Cristian Horner, der aktuelle Weltmeister Max Verstappen, aber auch Mark Webber, Christian Klein, Daniel Ricciardo oder David Coulthard.
130 Jahre Mercedes-Benz Motorsport
Etwas mehr Jahre auf dem Buckel als Red Bull Racing hat Mercedes-Benz (inklusive Vorläufern). In Stuttgart kann man auf 130 Jahre Rennsport zurückschauen und auch dies wurde in Goodwood gefeiert.
Man zeigte Vorkriegsrennwagen wie den Mercedes-Benz Targa Florio von 1924, den W25 von 1934 oder den W196 Streamliner.
Ein Höhepunkt war auch der berühmte blaue Renntransporter “Blue Wunder”, der allerdings nur statisch gezeigt wurde.
Für Freunde jüngerer Rennwagen mit Stern zeigten sich unter anderem der Sauber-Mercedes C9, der CLK LM und ein Formel 1 aus dem Jahr 2021 auf der Bergrennstrecke.
Premiere Auto Union Typ 52
Eine besondere “Neuheit” hatte Audi Tradition zu bieten. Präsentiert wurde nämlich erstmals der Auto Union Typ 52 von 1934, ein Auto, das es damals nur als Idee im Planungszustand gab.
Jetzt wurde der Wagen nach alten Zeichnungen neu erschaffen und Hans-Joachim Stuck durfte damit den Berg hoch fahren.
Für Audi zeigen sich aber auch noch weitere interessante Fahrezuge, etwa der Typ C, mehrere Audi quattro, mehrere R8-Le-Mans-Autos und ein R18 TDI aus dem Jahr 2011.
Erinnerungen an Niki Lauda
Auch an Niki Lauda, den “Resilient Racer”, wurde erinnert.
Unter anderem fuhren ein BRM P180 von 1972, ein Ferrari 312 B3 von 1974, ein Ford Capril RS 3100 von 1974, ein Brabham-Alfa Romeo BT46B von 1978 und ein McLaren MP4/1B von 1982 den Schlosshügel hoch.
Gefeiert wurde übrigens auch Reinhold Joest und sein Rennteam, der mit Fahrzeugen von Porsche und Audi mehrfach in Le Mans antrat und bei vielen Rennen den Siegerpokal nachhause nehmen konnte.
Die spektakulären Shadows
Ein optisches und akustisches Erlebnis waren die Autos von Shadow Racing, die als “Motorsport's Most Mysterious Machines” angekündigt wurden.
Gezeigt wurden eine Vielzahl von CanAm-Rennsportwagen, aber auch Formel-1-Rennwagen, die meisten in der berühmten schwarzen UOP-Bemalung.
An den Lenkrädern drehten Rennsport-Grössen wie Damon Hill, Jackie Oliver, Marino Franchitti und Jake Hill, der nichts anbrennen liess bei seiner rasenden Fahrt.
Eleganz abseits der Bergrennstrecke
Neben vielen Rennsport- und Strassenklassikern, die statisch ausgestellt wurden, fand in Goodwood auch noch der “Cartier Style et Luxe” Concours d'Elégance auf den Rasenflächen des Schlosses statt.
Ein eklektischer Mix von Luxuskarossen und Sportwagen stellte sich der Jury, darunter auch eine Sammlung von Traktoren der Hersteller Porsche, David Brown und Lamborghini.
Siegreich im Concours war der Bugatti Type 57 SC Atalante. Zu Klassensiegern gekürt wurdn ein Pagani Zonda C12S, ein Rolls-Royce Silver Ghost, ein Fiat X-1/9 Lido, ein Lamborghini Countach, ein Meyers Manx und der David Brown 880 Selectamatic.
Schotter und Wald
Gefahren wurde nicht nur auf der Asphaltstrasse den Schlosshügel hinauf, sondern auch im Walt beim Nordende des Goodwood Estates. Hannu Mikkola hatte 2005 eine entsprechende Wald-Sonderprüfung gestaltet und seither wird diese jedes Jahr befahren.
So erprobten sich spannende Autos aus der Rallye-Geschichte auf dem teilweise recht rutschigen Schotterkurs durch den Wald. Zu sehen waren unter anderem diverse Audi quattro, Lancia Delta, Porsche 911, Subaru Impreza, Ford RS 200 sowie moderne Rallye-Autos der aktuellen WRC.
Auch hier wurde viel Action geboten und es gab auch einen Wettkampf um die Bestzeiten.
Kampf um Bestzeiten
Für viele Fans der spannendste Teil der Veranstaltung waren aber die Shootouts auf der Bergrennstrecke am Schloss Goodwood vorbei mit dem Schlussstechen am Sonntag Abend. Die besten 10 Autos blieben trotz teilweise recht rutschiger Strecke unter knapp über 50 Sekunden.
Michael Lyons schaffte im Gurney Eagle EA74 aus dem Jahr 1974 die beeindruckende Zeit von 50.29 Sekunden, die zwar noch neun mal geschlagen wurde, grossteils aber von deutlich jüngeren Automobilen. Nur gerade Jake Hill im Nissan Skyline GT-R32 und Nick Padmore im Lotus 77 sassen hinter ähnlich alten Lenkrädern, während der Rest der Fahrzeuge deutlich jüngere Baujahre aufwies.
Am schnellsten fuhr Romain Dumas den Hang hoch. Bei 43,98 Sekunden blieb die Uhr für den Ford Supervan 4.2 stehen, der mit 2000 PS Elektropower aufwarten konnte. Platz 2 ging an das Projekt “Midnight”, einen Subaru WRX der Neuzeit. Auf Platz 3 fuhr der gerade einmal 18-jährige James Wallis im Porsche 992 GT3 Cup ein.
Durchaus beeindruckend waren aber auch die Zeiten deutlich älterer Autos, die nicht um den Gesamtsieg mitreden konnten. So schaffte Mark Walker im Darracq 200 HP von 1905 eine Zeit von 1:14 Minuten und Julian Majzub blieb im Bugatti 35B nur knapp über einer Minute.
Mehrfach musste das Shootout unterbrochen werden, weil Fahrzeuge ab der Strecke gekommen waren und auch sonst gab's den einen oder anderen Ausrutscher zu vermelden, unter denen aber jeweils nur das Material leiden musste.
Während inzwischen alle Spuren der visuell und akustisch spannenden Veranstaltung wieder beseitigt sein dürften in Goodwood, bereitet man sich bereits auf den Anlass im Jahr 2025 vor. Und an Überraschungen und Sensationen wird es auch bei der nächsten Durchführung nicht fehlen, da kann man dem Duke of Richmond durchaus vertrauen.
P.S. Die Bildergalerie mit über 270 Fotos gibt einen guten Eindruck von der Veranstaltung.










































































































































































































































































































































































































































































































































































































Kommentare