“Haubentaucher” ist ein toller Titel für ein Buch. Gemeint sind allerdings nicht die Seevögel, die man gerne mit altem Brot füttert, sondern Männer, die sich mit alten Automobilen beschäftigen. Marc-Steffen Unger (Fotos) und Carsten Sobek (Text) haben sich aufgemacht, um Geschichten zu erzählen, die man nicht jeden Tag lesen kann.

Kein Autobuch
Die Autoren sagen selber, dass ihr im Eigenverlag publiziertes Werk kein Autobuch sei, obschon natürlich das Automobil das vereinende Element der zwölf unabhängigen Geschichten ist. Und die Geschichten handeln von Männern, die das Automobil (im weiteren Sinne) zu ihrem Beruf oder vermutlich besser ihrer Berufung gemacht haben. Dass es hier nicht um Neuwagenhändler geht, wird einem schnell klar, wenn man durch das Buch blättert. Dass es aber ausschliesslich um Originalitätsfanatiker gehen würde, ist allerdings genauso falsch. Im Gegenteil.

Das Buch zeigt mit den zwölf porträtierten Personen und ihren Firmen die Vielfalt, die es im Dienstleistungsumfeld des historischen Automobils gibt, sehr schön auf. Beschäftigt sich der eine mit Kabinenrollern, fokussiert der andere auf Autos mit Stern. Der eine mag den historischen Rennsport, der andere französische Eleganz. Immer aber wird klar, diese Männer machen ihren Job nicht nur als Broterwerb, sondern weil sie es wirklich wollen.

Dass diese Begeisterung sowohl aus dem Text als auch aus den Bildern spricht, zeigt, dass sowohl der Schreiberling als auch der Fotograf ihr Handwerk, das sie über fünf Jahre in den Dienst dieses Buchs stellten, beherrschen.
Kein Coffee-Table-Buch
Man hätte aus den stilvollen und eindrücklichen Fotos auch einen grossformatigen Bilderband machen können, ein sogenanntes “Coffee Table Book”, aber dies wollten die Autoren nicht, wie sie selber sagen: “Dieses Buch ist kein Coffee Table-Buch. Es ist ein Werkbankbuch. Das ist seine natürliche Umgebung – und einen öligen Fingerabdruck auf dem Papier empfinden wir als Kompliment”.

Das Buch solle eine Hommage an das traditionelle Schrauber-Handwerk, an schmutzige Fingernägel und verwitterte Blechteile sein, so lassen sich die Autoren vernehmen. Und dies ist ihnen sicher gelungen. Restaurierungsbetriebe mit klinisch reinen Räumen und sorgfältig aufgereihten Werkzeugen fehlen genauso wie reine Handelsunternehmen. Dies soll aber nicht bedeuten, dass diese Männer nicht profitabel arbeiten wollen oder gar einen Business-Plan im Kopf haben. Allerdings überwiegt das Vorgehen nach Instinkt, so wird einem beim Lesen der Geschichten schnell klar.
Keine Anleitung
Es werden also zwölf Betriebe und ihre Inhaber/Gründer vorgestellt. Natürlich erfährt man ab und zu Wissenswertes über deren Arbeitsweise, aber als Anleitung, wie man ein Auto restauriert oder wo man Ersatzteile findet, taugt das Buch nicht. Soll es auch nicht. Es soll einen Einblick in zwölf Schrauberunternehmen geben und den Leser dazu motivieren, es ihnen gleich zu tun, auch wenn dafür nur eine enge Garage und ein alter 2 CV zur Verfügung steht.
Reality-TV im Buchformat
Eigentlich handelt es sich beim Buch “Hauben Taucher” um ästhetisch aufbereitetes Reality-TV in Buchform. Dies soll nicht als negative Kritik verstanden werden, aber es reduziert vermutlich die Zielgruppe auf nicht mehr ganz junge Männer, denen ein ehrlicher Handwerksbetrieb eben noch am Herzen liegt. Die sogenannte “nächste Generation” wird wohl kaum ein Buch kaufen, auch wenn es mit EUR 39.00 gar nicht so teuer ist und eine wirklich erfrischende Perspektive auf das rostigste Hobby der Welt richtet.

A propos, das letzte Kapitel heisst denn auch treffend “In Rust We Trust” (ungefähr zu übersetzen mit: Wir trauen dem Rostzerfall”. Und dieses letzte Kapitel handelt von Vater und Sohn Hoffmann, die im Ruhrgebiet Oldtimer-LKWs restaurieren und dafür auf 44’000 Quadratmetern “Ersatzteile” vorhalten. Die Fotos sind atemberaubend, selbst wenn man sich nicht für alte Lastwagen interessiert.
Wer ein Geschenk für einen guten Freund sucht, der alten Automobilen und Patina etwas abgewinnen kann, der wird hier sicherlich fündig. Und natürlich darf man sich das schön gestaltete Buch auch selber schenken, die beiden Autoren, die viel Herzblut in dieses Projekt investiert haben, werden sich sicher freuen.

Bibliografische Angaben
- Titel: Hauben Taucher - Leben im Motorraum
- Autoren: Carsten Sobek (Text) und Marc-Steffen Unger (Fotos)
- Sprache: Deutsch
- Verlag: Eigenverlag
- Auflage: 1. Auflage 2019, 2. Auflage 2020
- Format: Gebunden, 30,5 x 23 cm
- Umfang: 156 Seiten, 200 Abbildungen (Farbe/Schwarzweiss)
- ISBN: keine
- Preis: EUR 39.00 (zuzüglich Versandkosten)
- Kaufen/bestellen: Nur online via die Buch-Website
Information
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