Die Automobil Revue publizierte während rund fünf Jahren (von 2009 bis 2014) pro Ausgabe auf Seite drei jeweils einen Artikel über eine vergessene Automarke. In Wort und Bild stellte der Schweizer Automobilhistoriker Roger Gloor in diesen jeweils von einem Bild begleiteten Beiträgen eine von 10’000 Marken vor, die einst existierte, heute aber keine Autos mehr produziert. Die Idee zur Serie kam Gloor, als er Fotos aus dem Archiv durchsuchte und dabei viele längst vergessene Marken identifizierte.
Die Leserschaft schrie schon bald nach einem Buch, um Gloors fundierte Recherche in gesammelter Form geniessen und greifbar machen zu können.
Mit dem "Motorbuch Verlag" fand sich der passende Partner mit Automobil-Hintergrund und so entstand ein Buch, das 300 (mehr oder weniger) vergessene Marken übersichtlicher Weise portraitiert.
300 verschwundene Marken
Von A wie Adler bis Z wie Züst reihen sich nun 300 verschwundene Marken zwischen zwei Buchdeckeln. Der Leser erfährt in kurzen Worten die Geschichte der Marke und wird auf herausragende Modelle hingewiesen. Vielfach wird auch auf den Grund des Scheiterns der Marke hingewiesen.
Viel Amüsantes
Beim Schmökern im Buch, es muss nicht in einem Zug durchgelesen werden, fallen immer wieder Kuriositäten auf. Da gibt es etwa den argentinischen "Justicialista", bei dessen Aussprache es einem schon fast schwindlig wird.
Oder die Marke namens “Keller”, die vor allem deutschsprachige mehr an ein Untergeschoss als an ein Auto erinnert. Beim "Kleinschnittger" aus Arnsberg, stimmte Programm und Name zusammen, denn der F125 war tatsächlich klein und schnittig.
Beim Namen "Staunau" aus Hamburg fragt man sich, ob hier ein Auto zum Staunen oder eines für den Stau gebaut wurde. Doch Gloor weiss natürlich die Hintergründe, es handelt sich hier um den kurzen Versuch des Industriellen Karl-Heinz Staunau, einen Kleinwagen aus DKW- und Ilo-Komponenten zu etablieren.
Bis fast in die Neuzeit
Nicht nur in Ehren ergraute Marken tauchen im 350 Seiten starken Buch von Gloor auf, sondern auch eine ganze Reihe von Herstellern, die noch vor kurzem an Autosalons ausstellten ... und vielleicht bereits wiederauferstanden sind (oder es noch tun werden) wie Wiesmann, TVR, Saleen, Saturn, Mercury, Maybach, Daewoo oder Artega.
Die Qual der Wahl
Es dürfte Roger Gloor nicht immer leicht gefallen sein, die zu portraitierenden Marken auszuwählen. Er stellte einen interessanten Mix aus grossen Marken wie AMC, Austin oder Trabant, und kleinen Herstellern wie Elva, GSM oder Zeta zusammen.
Aber schliesslich passt in ein Buch nur so und soviel und daher müssen die übrigen 9700 auf weitere Bände warten. Dies wird auch deutlich, wenn man die Aufteilung nach Ländern im Anhang studiert. Aus Deutschland sind beispielsweise 47 Marken vertreten, dabei gab es bereits 1899 80 Fahrzeugmarken dort. Italien etwa ist mit 27 Marken vertreten, Grossbritannien mit 55, Frankreich mit 45 und die kleine Schweiz mit 16.
Unterhaltsame Lektüre und Nachschlagewerk
Man kann Gloors Buch als Nachschlagewerk nutzen, aber auch im Sinne eines “Coffee Table Books” durchblättern. Hierzu tragen die vielen Abbildungen bei. Puristen hätten sich vielleicht eine Konzentration auf Original-Werks- und Werbebilder gewünscht, wie sie auch in den Beiträgen der Automobil Revue meist verwendet wurden, für die Buchform drängte der Verleger auf Farbe.
So oder so aber illustrieren die Bilder die einzelnen Marken vortrefflich, vor allem auch, weil es Roger Gloor natürlich nicht versäumt, zu jedem abgebildeten Wagen auch die technischen Daten zu erwähnen. Nur der Wunsch nach abgedruckten Markenzeichen bleibt offen, aber dies wäre wohl ein weiteres kleines Projekt geworden.
Mit Euro 69.00 ist das Buch auch nicht zu teuer, denn wo kann man sonst schon in übersichtlicher Form rund 130 Jahre Automobilgeschichte aus der Perspektive der “Verlierer” nachlesen?
Von einem Kenner verfasst
Roger Gloor hat sich praktisch Zeit seines Lebens mit dem Automobil befasst und war über 39 Jahre Redaktor bei der international beachteten Schweizer Fachzeitschrift Automobil Revue. Schon von früh her begann Gloor sich für alte Autos zu begeistern und er half auch dabei mit, das riesige Bild- und Textarchiv der Automobil Revue aufzubauen.
Dass er keine halben Sachen macht, zeigt unter anderem das 2550 Positionen umfassende Namenregister im Anhang des 1,7 kg schweren Werks.
Für das vorliegende Buch hat Roger Gloor seine Kurzbeschriebe komplett überarbeitet, wer aber einen Eindruck von seinen Kenntnissen und einiger seiner Darstellungen erhalten will, kann sich auf der Themenseite “Verschwundene Marken” von Zwischengas online umschauen.
Bibliografische Angaben
- Titel: Vergessene Autos - 300 untergegangene Autos
- Autor: Roger Gloor
- Verlag: Motorbuch, erste Auflage Dezember 2014
- Sprache: Deutsch
- Format: Gebunden, 22,8 x 29,7 x 3 cm, ca. 1,7 kg
- Umfang: 350 Seiten, rund 320 Abbildungen
- ISBN-10: 3613036886
- ISBN-13: 978-3613036888
- Preis: Euro 69.00, CHF 89.90
- Bestellen/kaufen: Online im Zwischengas-Shop , Online bei amazon.de , oder im gut assortierten Buchhandel