Étienne de Valance stand von 1950 bis 1964 im Lohn von Panhard. Als Jahrgang 1930 begann er dort mit 20 Jahren die Ausbildung, was als „grande formation“ bezeichnet wurde und vorsah, dass die jungen Leute durch alle Abteilungen geführt wurden. Sie hatten somit am Ende Einblicke in alle Aspekte des Unternehmens.
Nach dem Abschluss seiner Einführungszeit bekam er eine Stelle im Service commercial, der den Verkauf, die Werbung, die Auslieferung und den Kundendienst umfasste. Eine wichtige Aufgabe war die Auslieferung, d.h. das Überbringen der Fahrzeuge von Paris zu den verschiedenen Kunden, was bis Ende 1951 praktiziert wurde. Nachher übernahmen Autotransporter diese Funktion. 1954 wurde er zum Pressesprecher (attaché de presse) und ab 1955 zusätzlich Rennleiter (responsable de sport). Letztere Funktion übernahm er von René Panhard, als dieser den Vorsitz im Unternehmen von Paul Panhard übernahm. Er verliess das Unternehmen nach der kompletten Übernahme von Panhard durch Citroën 1964.
Étienne de Valance erzählt quasi aus dem Nähkästchen. Sein Buch kreist um die Pole Werbung, Presse und Autosport für und von Panhard. Es ist chronologisch aufgebaut, d.h. die einzelnen Kapitel erzählen die Ereignisse und Highlights eines jeden Jahres aus der Sicht des Autors.
Daraus ist ein Bericht entstanden, der viele kleinere und grössere Episoden aneinanderreiht. Z.B.: diverse Lausbubenstreiche, Erlebnisse während den Auslieferungen und Ereignisse am Arbeitsplatz, die die Arbeitswelt der 50er Jahre in Frankreich illustrieren. Als Pressechef war er an den Präsentationen der neuen Modelle und den Auftritten an den Salons mitbeteiligt. Er kann auch die Geschichte hinter einzelnen Werbefotos erzählen wie etwa das berühmte Bild mit der Schauspielerin Pascale Audret mit Tigerbaby im Schoss bei der Vorstellung des Tigre oder einer Darbietung in historischen Kostümen zur Vorstellung der Dyna in Versailles. In einem Panhard fuhr der apostolische Nuntius von Paris, der spätere Papst Johannes XXIII, zu seiner Pilgerfahrt nach Lourdes, oder die Miss France wurde jeweils in einem Panhard zu ihrem Antrittsbesuch beim Staatspräsidenten im Palais de l'Élysée geführt.
Ein wichtiger Teil ist natürlich der Rennsport und insbesondere die Siege im Indice de performance des 24-Stunden-Rennens von Le Mans.
Zwischen 1950-1964 hat Panhard diesen Preis - viele sagen es sei der wichtigste Preis des Rennen überhaupt gewesen - zehn Mal gewonnen. Dabei waren es meistens Hersteller, die auf der Mechanik von Panhard aufbauten, wie Monopole, D.B. und am Schluss CD. Nicht zu vergessen ist natürlich der Sieg in der Rallye Monte-Carlo 1951. Effektiv lagen am Schluss drei Panhard PL 17 Tigre an der Spitze des Gesamtklassements. Zum damals stark kritisierten Reglement nimmt de Valance nicht Stellung, aber er beschreibt ausführlich die Festivitäten und die nachfolgende Presskampagne.
Ergänzt wird der Bericht durch viele Bilder und Dokumentationen aus Prospekten, eine Liste der Resultate von Panhards am 24-Stunden-Rennen von Le Mans und eine Chronologie der Marke Panhard von 1816-1900. Konkret ist sein erster Arbeitsvertrag abgedruckt. Es werden Auszüge aus den verschiedenen Prospekten der Firma gezeigt und Ausschnitte aus Zeitschriften widergegeben. Ausserdem hat er für alle ihm bekannten Persönlichkeiten von Panhard eine persönliche Widmung geschrieben.
Von besonderer Bedeutung aus historischer Sicht sind seine Berichte zum Gespräch mit Jacques Ickx und der Daimler-Benz AG, an dem auch Paul und René Panhard teilnahmen, betreffend der Definition des ersten Autoherstellers in der Geschichte: Panhard führte damals den Nachweis, dass sie schon 1891 Autos an Kunden verkauften während Daimler erst 1895 die ersten Autos auslieferte; zum Vertrag zwischen Panhard und Deutsch-Bonnet 1954 mit Abdruck der Kopie der ersten Seite; zum Vertragsbruch von René Bonnet 1962, den die Leute von Panhard effektiv durch die Ankündigung von Renault in der Presse erfuhren, mit Abdruck diverser Korrespondenzen.
In allen drei Fällen war de Valance direkt involviert. Nach dem Ausscheiden bei Panhard arbeitete de Valance in Werbeagenturen und war Sekretär der Fédération des Clubs Panhard et Levassor. Als einer der wenigen, die den PL von 1892 noch fahren kann, war er in diversen Veranstaltungen weiterhin eine zentrale Person. Zwischen 1968 und 1990 war er auch in der Organisation der 24-Stunden von Le Mans engagiert.
Das Buch ist als Bericht von Étienne de Valance auf Französisch verfasst. Die Aufmachung ist sehr gut, die Schrift ist etwas klein und die Bilder sind trotz des relativ kleinen Formats immer gross und qualitativ überwiegend sehr gut. Aufgrund der Werbebilder ist das Buch mit Farbe gespickt und jede Seite bietet eine kleine Überraschung. Zu kritisieren ist vielleicht, dass der wirtschaftliche Gang des Unternehmens kaum zur Sprache kommt. Der in der Wolle gefärbte Panhardier de Valance kann der schrittweisen Übernahme des Unternehmens durch Citroën denn auch überhaupt nichts Positives abgewinnen und verlässt das Unternehmen entsprechend 1964.
Das Buch ist ein authentischer Bericht über Panhard und somit jedem Panhard-Fan zu empfehlen. Daneben gibt es viele Einblicke in das Arbeitsleben und den Motorsport in Frankreich vor allen in den 50er und zu Beginn der 60er Jahre.
Bibliografische Angaben
- Titel: Mes Années Panhard
- Autor: Étienne de Valance
- Sprache: Französisch
- Verlag: Autodrome Editions
- Format: 25,9 x 1,4 x 23,8 cm
- Umfang: 128 Seiten
- ISBN-10: 2910434559
- ISBN-13: 978-2910434557
- Preis: EUR 32
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