Sein Vorläufer war der berühmte “Bertone” Alfa Romeo, also das Giulia Sprint Coupé mit Frontmotor und Heckantrieb. Dessen Nachfolger kam modisch keilförmig und mit Transaxle-Antriebslayout daher, mit einer Linienführung von Giorgetto Giugiaro. Diese erwies sich als überraschend zeitlos, selbst im letzten Produktionsjahr 1986, also 12 Jahre nach Aufnahme der Fertigung, wirkte der GTV6 noch jugendlich und attraktiv. Und ist es bis in die Neuzeit geblieben.
Beliebt sind die Alfetta-Coupés mit Vier- und Sechszylindermotoren bis heute, da empfiehlt es sich regelrecht, dem Auto ein Buch zu widmen. Als Autor konnte der Heel Verlag auf Umberto Di Paolo zurückgreifen. Und dass jener weiss, worüber er schreibt, zeigt sich schon an seiner privaten Autohistorie, in der eine Alfetta GVT 2000 das erste Fahrzeug war, gefolgt von einem GV6, den er zehn Jahren lang besass.
Neun Kapitel
Fast 240 Seiten durfte der Autor dem eleganten, keilförmigen Coupé widmen. Zuerst wird die Entwicklung samt Vorgängern eingeleitet. Im zweiten Kapitel wird die Entwicklung des Designs ausgeführt. Eine ganze Reihe von Entwürfen und Modellen von Centro Stile Alfa Romeo, aber auch von Giugiaro zeigen, wie die endgültige Linie des Coupés entstanden ist. Man kann die Einflüsse anderer Alfa-Modelle, etwa des Montreal, bei der Designfindung verfolgen, aber auch die Weiterentwicklung zur zweiten und (nie produzierten) dritten Serie/Evolution nachvollziehen. Damit bildet dieses zweite Kapitel sicherlich einen der Höhepunkte im Buch.
Über 50 Seiten gesteht Di Paolo den verschiedenen Modellvarianten zu, begonnen bei der Alfetta GT 1.6 bis zu sehr raren und teilweise nur halboffiziellen Spezialversionen wie dem GTV6 Gleich, der Alfetta GT V8 2.6 (mit Montreal-Motor) oder dem GTV6 3.0 Südfafrika.
Ob der vielen Spezialversionen kommen allerdings die populären Versionen GTV 2000 und GTV6 fast ein wenig zu kurz.
Vor allem hätte sich der eine oder andere Leser sicherlich noch Ausschnitte aus den damaligen Testberichten gewünscht, wie man sie in anderen Typen-Büchern findet.
Zwei Generationen
Grob kann man die Alfetta-Coupé-Epoche in zwei Serien aufteilen, die erste dauerte von 1974 bis 1980 und bestand praktisch ausschliesslich aus Vierzylindermodellen (erkennbar an den Chromstossstangen), die zweite begann mit deutlich mehr Kunststoff 1980 und endete 1986 nach insgesamt 134’643 Alfetta Coupés. Allerdings spricht man beispielsweise auch bei den GTV6-Versionen ab 1980 auch noch von zwei Serien, die sich hauptsächlich optisch (im Interieur) unterscheiden. Um eine Zuordnung der 23’000 gebauten GTV6 zu den den einzelnen Baujahren und Ausführungen zu ermöglichen, führt Di Paolo dankenswerterweise auch Fahrgestellnummernkreise und Motorcodes auf.
Viel Motorsport
Das vierte Kapitel behandelt die Technik auf fast 30 Seiten, während das sehr umfangreiche Kapitel “Das Coupé im Rennsport” die Tourenwagen- und Rallye-Karriere des Alfetta-Coupés auf 80 (!) Seiten beleuchtet. Hier wird sicherlich nur wenig ausgelassen. Viele historische Bilder machen diesen Teil zu einem besonders unterhaltsamen Kapitel.
Eine zwölfseitige Kaufberatung dagegen überlässt einige Detailfragen den Oldtimer-Magazinen, vor allem hätte manchen Leser sicherlich eine stärkere Differenzierung der zwei Evolutionsstufen und ein noch stärkeres Eingehen auf die beliebtesten Modelle gewünscht. Diese werden zwar durchaus behandelt, einfach nicht sehr individuell.
Kurze Kapitel zu den Modellautos, den Nachfolgern und der Werbung runden das Buch ab. Ein Stichwortverzeichnis fehlt leider (wie so oft), die technischen Daten sind bereits in den vorderen Kapiteln samt Produktionszahlen integriert.
Bildreich
Neben der kompetenten Themenführung, wenn man von einigen vermutlich gewollten Wiederholungen im Text absieht, überzeugt das mit EUR 39.95 nicht billige Buch sicherlich durch die sehr reichhaltige Bildauswahl, die aus einer Mischung historischen Aufnahmen, Werkillustrationen und extra für das Buch an verschiedenen Schauplätzen in der Schweiz erstellten Fotos besteht.
Die Bildauswahl jedenfalls ist gelungen, auch die neu aufgenommenen Fotografien sind von guter Qualität.
Mehr, mehr, mehr
Während der Novize mit diesem Buch sicherlich genügend über das elegante Alfetta Coupé erfährt, würde sich der Besitzer oder Enthusiast an gewissen Stellen noch mehr Tiefe/Grösse wünschen. Vermutlich aber war der Platz beschränkt, sonst hätte man sicherlich die Werbungen grosszügiger darstellen und vielleicht auch ganze Verkaufsprospekte abdrucken können. Auch Fabmuster (nicht nur Farbnamen) hätten vielleicht deutlicher gemacht, wie farbig die Siebzigerjahre waren.
All dies ist allerdings als Kritik auf sehr hohem Niveau zu verstehen, das Buch gefällt nämlich durch eine elegante Gestaltung und einen grossen Reichtum an interessanten Aspekten zum Alfetta-Coupé. Knapp 40 Euro scheinen dafür jedenfalls nicht zu hoch gegriffen zu sein. Und für eine Ergänzung kann man ja dann bei einer allfälligen Neuauflage noch 20 bis 40 Seiten dazulegen.
Interessant übrigens ist, dass der Titel nun ein Bild des GTV 2000 zeigt, während offenbar bei einer Vorversion die Nutzung des Prospekt-GTV6 in Braun angedacht gewesen war.
Bibliografische Angaben
- Titel: Alfa Romeo - der Keil aus Arese - Alfetta Coupé GT/GTV/GTV6
- Autor: Umberto Di Paolo
- Sprache: Deutsch
- Verlag: Heel Verlag
- Auflage: 1. Auflage April 2018
- Format: Gebunden mit Schutzumschlag, 245 x 290 mm
- Umfang: 240 Seiten, über 200 Schwarzweiss- und Farbbilder
- ISBN: 78-3-95843-695-4.
- Preis: EUR 39.95
- Kaufen/bestellen: Online beim Heel-Verlag , online bei amazon.de oder im gut assortierten Buchhandel