Man muss ihn einfach bewundern, den Erik Eckermann. Bereits während seines Studiums und mit nur wenigen DM im Geldbeutel ausgerüstet, begann er Kleinwagen und Rollermobile in ganz Deutschland zu retten, die ansonsten wohl in der Schrottpresse gestorben wären. Zwar waren diese Altautos meist billig, doch gar nicht so selten musste sich Eckermann das Geld für die Anschaffung trotzdem ausleihen. Reich wurde er nicht damit, denn die durchaus ansehnliche Sammlung musste schliesslich Stück für Stück veräussert werden, um die gegründete Familie zu finanzieren.
Doch Eckermann war eben nicht nur ein Sammler, er ist auch Automobilhistoriker und Autor. Erschienen die Geschichten über seine Fundstücke einst im ADAC Newsletter, entschied er sich schliesslich, daraus ein Buch zu formulieren.
Kein Coffee-Table-Book
Entstanden ist ein umfangreicher Band, der weniger mit stylischer Grafik und grossen Farbaufnahmen als mit gut recherchierten Geschichten und persönlichen Erinnerungen Eckermanns überzeugt.
Der Inhalt ist nach Herstellern geordnet, der Autor beginnt mit Zündapp und kommt dann via Goliath, Gutbrod, BMW (2x), Opel, Borgward, Messerschmitt und Lloyd bis zum Volkswagen. 23 Kapitel sind es, die genannten Marken sind also nur ein Auszug.
Eckermann mischt Markenhistorisches mit seinen Erlebnissen beim Auffinden und Ingangsetzen der Fundstücke. Obwohl er sich eigentlich auf Kleinstautos konzentrieren wollte, stiess er auch immer wieder auf andere Fahrzeuge, die er halt einfach retten musste, etwa einen BMW V8 mit Autenrieth-Karosserie oder einen Borgward Hansa 1500. Beim Grossteil der Fahrzeuge handelt es sich aber wirklich um kleine Autos und man erfährt in vielen Fällen auch, wo die Schmuckstück schliesslich landeten, nachdem sie Eckermann wieder veräussern musste.
Mischung aus Tagebuch und Automobilhistorie
In gemütlich vorgetragener Prosa beschreibt der Buchautor ein Auto ums andere. Die Goliath GP 700 Limousine etwa holte er mithilfe seiner Mutter beim Verkäufer ab, nur ums sie kurz darauf bei Schneefall in einen Graben zu setzen. Für den Kauf des seltenen Goliath GP 700 E Coupés musste er sich das Geld von einem Bekannten ausleihen, fand dafür aber nach dem Kauf heraus, dass es sich beim Wagen um den Werksprototyp 001 handelte.
Nur schon dieses Kapitel zu Goliath enthält viel Wissenswertes über ein Auto, das nur in sehr beschränkten Stückzahlen entstand und heute fast vergessen ist.
Praxisnutzen
Während sich das Buch kurzweilig liest und eigentlich fast wie ein moderner “Blog” daherkommt, zeigt Eckermann auch ein Herz für Rechercheure. Ab Seite 248 gibt es nämlich einen umfangreichen Anhang, der nicht nur die verwendeten Abkürzungen ausdeutscht, sondern auch alle erwähnten Hersteller-, Marken- und Eigennamen alphabetisch listet und mit Referenzen zu den Seitenzahlen dokumentiert. Ob Trippel, Rinspeed oder Moretti, hier findet man alles in kürzester Zeit. Zudem gibt es noch ein Sach- und Personenverzeichnis sowie ein Literaturverzeichnis. Und, als wäre das nicht schon einiges, kommen auch noch ein Strassenverzeichnis und eine Übersicht der Karosseriefirmen dazu sowie ein Hinweis auf Periodika-Artikeln zu einzelnen Marken.
Dass die Verweise ausschliesslich auf gedruckte Informationsquellen verweisen, sei hier entschuldigt, obwohl heutzutage natürlich zu manchem klassischen Automobil online mehr zu finden ist als in vielen Zeitschriften der Vergangenheit.
Wer sich für die kleinen Autos der Fünfzigerjahre interessiert, der sollte sich dieses Buch unbedingt merken, auch wenn es mit EUR 38.00 nicht ganz billig ist. Aber schliesslich kommt es nicht aus einem riesigen Verlag, wird auch nicht in grossen Auflagen, sondern im Book-on-Demand-Verfahren gedruckt. Aber die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass man gerade dieses Buch immer wieder aus dem Regal nehmen wird, um etwas Bestimmtes nachzuschlagen oder um Details zu einem Automobil zu finden, ähnlich, wie man das vielleicht auch mit Paul Simsas Buch “Dies alles fuhr auf unseren Straßen – Vergessene Autos aus noch nicht alten Tagen”, welches immerhin ein Vorbild für das vorliegende Werk Eckermanns war, tat und tut.
Bibliografische Angaben
- Titel: Kleinwagen und Mobile der 50-er Jahre
- Autor: Erik Eckermann
- Verlag: AutoHistorica
- Auflage: 1. Auflage 2021
- Format: Gebunden, 19 x 27 cm
- Umfang: 280 Seiten, 240 Abbildungen
- Preis: EUR 38.00 (plus Versand)
- Kaufen/bestellen: Online beim Verlag AutoHistorica oder im einschlägigen Buchhandel