“War die Menge der Auktionen vor fünf Jahren noch eine überschaubare Größe, so wird heute an fast jedem Wochenende mindestens eine Oldtimerversteigerung abgehalten, alleine auf dem europäischen Kontinent”, leitet Herausgeber Martin Stromberg die zweite Ausgabe des zweisprachigen (Deutsch/Englisch) “Auktionsspiegels” ein.
Eigentlich ist das fast drei Kilogramm schwere und 440 Seiten dicke Buch ein Abfallprodukt, denn die Classic-Data-Experten, und da gehört Stromberg dazu, sammeln die Ergebnisse der Autoversteigerung ja mit gutem Grund. Sie bilden nämlich eine wichtige Datenquelle, wenn es darum geht, den Wert von Tausenden von Oldtimern aktuell festzulegen.
Und so besuchen die Classic-Data-Leute denn halt die meisten grösseren Versteigerungen in Europa, über 100 waren es zwischen September 2015 und Juli 2016. Und weil diese Daten interessant sind, haben Stromberg und seine Mitstreiter 2015 zum ersten Mal einen Jahresrückblick namens “Auktionspiegel” veröffentlicht. Und jetzt ist die zweite Ausgabe herausgekommen.
Verbesserter zweiter Jahrgang
Man habe dazu gelernt, schreibt Stromberg im Vorwort. So wurden Lesbarkeit und Vergleichbarkeit der Einträge verbessert, mehr Bilder integriert. Zudem werden einzelne Autos nun umfangreicher kommentiert. 100 Auktionen waren es insgesamt, 7500 Einzelergebnisse zu 300 Marken wurden protokolliert.
Kein Lese- oder Bilderbuch
Der Auktionsspiegel taugt weder für den “Coffee Table”, noch für die vergnügliche Lektüre vor dem Kaminfeuer, es ist ein Nachschlagewerk. Dies ersieht man schon daraus, dass es neben dem Editorial, einem Schlagwortverzeichnis der Auktions-Nomenklatur und einem kurzen Kapitel zu den amerikanischen Versteigerungsergebnissen im selben Zeitraum kaum Text gibt.
Es wird auch darauf verzichtet ,die Ergebnisse im Ganzen zu analysieren und grafisch zu vergleichen. Einzig zu einer summarischen Zusammenfassung lässt sich Stromberg im Editorial hinreissen: “Aktuell ist eine Beruhigung des Marktes zu beobachten. Die Anzahl der Rekordergebnisse hat abgenommen. Massenklassiker haben zur Zeit das Nachsehen und Höchstgebote deutlich unter dem Estimate werden hier momentan mehr zur Regel als zur Ausnahme. Allerdings ist es zu früh, von einem allgemeinen Preisverfall zu sprechen. Mag im unteren Preissegment durchaus eine Sättigung eingetreten sein, so werden für seltene oder einzigartige Fahrzeuge mit besonderer Karosserie oder Historie weiterhin Höchstpreise erzielt. Der Käufer ist anscheinend wählerischer geworden und honoriert mehr und mehr das Besondere.”
Daten im Zentrum
Es geht also um die einzelnen Ergebnisse und die sind in einem Detailgrad notiert, wie man sie sonst wohl kaum findet. Zu jedem versteigerten Fahrzeug werden natürlich Marke, Modell und Jahr, aber auch Bemerkungen und Karosserietyp angegeben. Zusätzlich sind Hubraum und Anzahl Zylinder erfasst, aber auch die Art des Getriebes. Etwas besonderes sind die Zustandsnoten, die Classic Data nach dem eigenen System vor Ort vergibt. Erst diese lassen überhaupt einen Vergleich von Auktionsergebnissen zu.
Dokumentiert sind natürlich die Hammerpreise, sofern ein Auto verkauft wurde, aber auch der notierte Schätzwert und das Höchstgebot, wenn Autos nicht verkauft wurden. Zur jeweiligen Versteigerung wird das Auktionshaus und der Ort des Verkaufs, sowie die Lotnummer und das Datum genannt.
Man hat sich bei Classic Data dafür entschieden, die Preisbeträge in den Landeswährungen zu belassen, damit kann dem Problem von Wechselkursen aus dem Weg gegangen werden. Allerdings muss man als Leser schon genau aufpassen, um nicht zu übersehen, dass eine Versteigerung in der Schweiz natürlich CHF-Estimates zeigt, eine in Belgien aber Euro-Schätzungen, zumal der Ort nur kodiert angegeben ist, z.B. “Do” für Dolder-Versteigerung (in Zürich). Gute Geografiekenntnisse helfen jedenfalls. Dies ist aber nur bei Losen ein Problem, die weder einen Hammer- noch einen Höchstpreis zeigen.
Enorme Datenmenge
Die Fülle der Daten ist mehr als eindrücklich und dass bei 7500 notierten Ergebnissen auch der eine oder andere Fehler vorkommen kann, versteht sich von selber. Wir wollen hier gleich mithelfen, einen davon zu korrigieren.
Auf Seite 131 wird der Ferrari F40 genannt, der von der Oldtimer Galerie Toffen auf dem Dolder in Zürich versteigert wurde. Natürlich hatte dieser einen 8-Zylinder- und nicht einen 12-Zylindermotor. Es wird kein höchstes Gebot dargestellt, was wohl daran lag, dass den vor Ort versammelten Bieter der aufgerufene Startpreis von CHF 850’000 zu hoch war. Solche Details aber lassen sich in einem standardisierten Datenwerk nicht darstellen, sind aber trotzdem gut zu wissen.
Gewünscht hätten wir uns noch erweiterte Angaben bei den (von Classic Data erstellten) Bildern, z.B. wann, wo und durch wen ein Wagen verkauft wurde (gerne auch mit den in der Tabelle verwendeten Kürzeln).
Für Käufer und Verkäufer
Interessant ist der Auktionsspiegel sicherlich für Leute, die ein Auto kaufen oder verkaufen wollen, denn immerhin zeigt sich hier ein Teil des Marktes in maximaler Transparenz. Dass Zustand und Beschreibung eines Autos alleine den Wert noch nicht ausmachen, ist auch klar, denn Geschichte, Vorbesitzer, Farbkombination, Güte der Restaurierung und so weiter, sind natürlich ebenfalls Einflussfaktoren. Dies erklärt auch Stromberg so in seinem Editorial.
Ob es noch zeitgemäss ist, eine derartige Datensammlung in Buchform zu veröffentlichen, dies entscheiden die Käufer, die für günstige 50 Euro Zugang zu einem akribisch gesammelten Datenpool erhalten.
Bibliografische Angaben
- Titel: Auktionsspiegel (2015/2016)
- Herausgeber: Martin Stromberg
- Sprachen: Deutsch/Englisch
- Verlag: Classic Data (2016)
- Fomat: Gebunden mit Schutzumschlag, 31 x 24 cm
- Umfang: rund 440 Seiten
- ISBN: 978-3981395280
- Preis: EUR 49.30 (inkl. Porto in Deutschland)
- Kaufen/bestellen: Via Email info (at) classic-data.de, respektive auf der Website des Herausgebers , oder auch online bei amazon.de