Die Automarke “Ballot” dürfte nur noch den wenigsten Leuten ein Begriff sein, schliesslich sind es schon über 85 Jahre her, dass die Produktion nach knapp dreitausend Autos gestoppt wurde. Warum also ein Werk mit fast 1000 Seiten und über 1600 Bildern publizieren, das dazu auch noch über EUR 300 kostet, wenn man kaum mit einem grösseren Interesse rechnen kann?
Weil die Entwicklungen und Technologien der Marke Ballot über Jahrzehnte die Autoindustrie beeinflussten und dies hatte nicht zuletzt viel mit einem Schweizer Ingenieur zu tun.
Vom Schiffsmotor zum Automobil
Es waren die Brüder Edouard und Maurice Ballot, die 1905 ihre eigene Firma gründeten, um Motoren für Schiffe und industrielle Anwendungen zu entwickeln. Zunächst war das Automobil kein Thema, doch nach dem ersten Weltkrieg wurde René Thomas, ein bekannter Rennfahrer, bei den beiden Brüdern vorstellig und es entstand der Plan, für das 500-Meilen-Rennen von Indianapolis 1919 vier Rennwagen bereitzustellen.
Ballot sicherte sich die Dienste des Schweizers Ernest Henry, der bereits für Peugeot fortschrittliche Vierzylinder-Rennwagen gebaut hatte.
Henry hatte seine Ideen über den Krieg verfeinert und verwirklichte für Ballot einen Reihen-Achtzylindermotor mit zwei obenliegenden Nockenwellen und vier Ventilen pro Zylinder, ein überaus fortschrittliches Aggregat.
Der Rennwagen war eine Sensation und erzielte gute Ergebnisse, auch wenn die ganz grossen Erfolge teilweise ausblieben. Unterhalt des Achtzylinders wurde ein Vierzylinder nach ähnlichen Prinzipien, also auch mit zwei obenliegenden Nockenwellen und 16 Ventilen, auf den Markt gebracht. Allerdings waren diese beiden Konstruktionen sehr teuer und kaum jemand konnte es sich leisten, sie zu kaufen.
Man schob also etwas einfachere und günstigere Automobile nach, die auch von unterschiedlichen Karosseriebauern eingekleidet wurde, doch mehr als 3000 Fahrzeuge konnten bis zum Schluss der Aktivitäten im Jahr 1933 nicht verkauft werden.
Eigentlich eine kurze Geschichte also, warum also die 920 Seiten?
Komplette Historie
Der erste der beiden Bände ist Monsieur Ballot und seiner Firma, Ernest Henry, dem genialen Ingenieur, den Rennwagen und deren Einsätze gewidmet.
Im zweiten Buch dann werden die Strassenautos, die Motoren, die auch in andere Autos fanden, die Automarken, die die Henry-Entwicklungen weiter nutzten und umfangreichen Anhängen zu finden.
Viel historisches Bildmaterial
Rund 1650 Abbildungen und Fotos, viele davon aus der Zeit, haben die Autoren Daniel Cabart und Gautam Sen in Zusammenarbeit mit einigen Enthusiasten, darunter der Österreicher Ballot-Achtzylinder-Besitzer Alexander Schaufler, zusammengetragen.
Noch selten sah man eine derartig umfangreiche Dokumentation über Autos, die heute allesamt über 85 Jahre alt sind. Ob Aufnahmen vom Produktionsprozess, von den Gebäuden oder von den Autos an Autosalons oder auf der Rennstrecke, alles ist vorhanden.
Rennberichte, Fahrzeugtests und Verkaufsmaterial
Über 200 Seiten umfassen alleine die Anhänge, die u.a. Rennergebnisse, Rekorde, Magazin-Artikel. Fahrtests, Homologationsunterlagen, Verkaufsprospekte und Werbesujets beinhalten.
Man kann sich kaum vorstellen, dass hier noch etwas fehlen könnte.
Nicht nur für Ballot-Enthusiasten
Man muss nicht einer (der vermutlich wenigen) Ballot-Fans sein, um von diesem Buch beeindruckt zu sein. Tatsächlich dürfte der Inhalt für auch für technik-affine und allgemeiner interessierte Leser spannend sein, denn schliesslich hat Ernest Henry vor rund 100 Jahren mit seinem Achtzylinder epochemachende Motorentechnik gebaut, Bauprinzipien angewendet, die noch für Jahrzehnte als innovativ galten und sogar heute noch in ähnlicher Form eingesetzt werden.
Natürlich richten sich die umfangreichen Nachträge und auch grössere Teile der 920 Seiten sicherlich eher an den Vorkriegs-Anhänger, aber schliesslich ist die Auflage auch nicht beliebig gross und der gebotene Inhalt die USD 350 sicherlich wert.
Bibliografische Angaben
- Titel: Ballot
- Autoren: Daniel Cabart, Gautam Sen
- Sprache: Englisch
- Verlag: Dalton Watson Fine Books
- Auflage: 1. Auflage 2019
- Format: Gebunden, 2 Bücher im Schuber, ca. 23 x 31 cm
- Umfang: 920 Seiten, 1650 Fotos/Abbildungen
- ISBN: 978-185443303-9
- Preis: USD 350.00
- Kaufen/bestellen: Auf der Website von Dalton Watson Fine Books oder im einschlägigen Buchhandel