Mit dem Goggomobil hatte sich die Firma Hans Glas GmbH erfolgreich im Personenwagengeschäft etabliert, doch man wollte nicht auf Kleinstwagen reduziert werden und begann sich ab Beginn der Sechzigerjahre die Autohierarchie nach oben zu arbeiten, zuerst mit dem Glas 1004, später mit den Modellen Glas 1700, 1300 und 1700 GT. Später folgte noch der Glas 2600 V8, doch da stand bereits nicht mehr alles zum besten mit der Firma Glas und sie musste schliesslich bei BMW Unterschlupf finden.
Knapp 14’000 Glas 1700 Limousinen wurden gebaut. vom Coupé und Cabriolet 1300/1700 GT waren es etwa über 5’000 Exemplare. Ihnen gemeinsam war der moderne Vierzylindermotor mit obenliegender Nockenwelle, die über einen Zahnriemen - erstmals in der Grossserienproduktion angewandt - angetrieben wurde.
Diesem Coupé und Cabriolet widmet Uwe Gusen nach rund zehn Jahren Recherchierarbeit ein einzigartiges Buch, das auch für Nicht-Glas-Enthusiasten interessant ist. Und zwar nicht nur deshalb, weil natürlich auch dem vom Glas 1300/1700 GT abgeleiteten BMW 1600 GT viele Seiten gewidmet werden, sondern auch, weil der Glas 1300 GT eines der interessantesten deutschen Autos der Sechzigerjahre ist.
Gezeichnet durch einen Meister
Pietro Frua durfte für Glas die Gestaltung von Coupé und Cabriolet übernehmen und es ist ihm sicher ein meisterlicher Entwurf gelungen. Kein Wunder also, dass der Designer und der Bau der Prototypen von Stefan Dierkes gleich in zwei Kapitel des Buchs beschrieben werden.
Auch die Premiere an der IAA Frankfurt im Jahr 1963 wird umfangreich dokumentiert.
Produktionseinblicke
Dem Sportmotor und seinen Machern wird ein weiteres Kapitel zugestanden und auch die Produktionsvorbereitungen - die Bodengruppe entstand in Dingolfing, die Karosserie bei Frua in Italien, während die Entmontage wieder in Deutschalnd erfolgte - wird ein Kapitel zugestanden.
Auch Vor- und Endmontage werden im Detail behandelt und gerade hier finden sich viele Bilder, die man vermutlich noch nie vorher gesehen hat, selbst wenn man ein Glas-Fan ist.
Vertrieb und Marketing
Natürlich dokumentierte Uwe Gusen auch den Verkaufs- und Vermarktungsaktivitäten der Firma Glas und hier sind dann auch einige Farbaufnahmen von anno dazumals zu sehen. Es werden die Farbpaletten gezeigt, aber auch die Titelblätter der Betriebsanleitungen. Auch viele der damals genutzten Werbeillustrationen sind im Buch abgedruckt, ein Schmaus für die Augen.
Auch der Erfolg der PR-Abteilung und die Spuren in der Motorpresse werden dankenswerterweise mit Hefttitelseiten illustriert kurz zusammengefasst.
Alle Modelle von Glas (und anderen)
Neben dem Ursprungsmodell 1300 GT wird natürlich auch der Glas 1700 GT, der dank 100 PS in rund 10 Sekunden von 0 bis 100 km/h beschleunigen konnte, umfassend beschrieben. Auch die Modellpflege während der Produktionsjahre und die Cabrioletvariante sind sowohl textlich als auch bildlich abgehandelt.
Ein eigenes Kapitel beschreibt Sondermodelle, u.a. den GT-Viersitzer, den Pietro Frua auf eigenes Risiko baute, und den Martini-Glas 1300 mit Kunststoffkarosserie. Weiter hinten werden auch noch die Frua-Kreationen Ford Escort 1300 GT Monte Carlo erwähnt, die sich optisch eng an das Glas Coupé anlehnten, technisch aber auf Ford-Basis entstanden.
Abenteuer Amerika und Motorsport
Glas hatte auch grosse Exportpläne und wollte - vergeblich - den amerikanischen Markt erobern. Bekanntheit und Ruhm holte man sich im Motorsport, obschon der Wagen im Vergleich zur Konkurrenz etwas schwer geraten und mit der hinteren Starrachse leicht handicapiert war. Eine De-Dion-Hinterachse hätte Zweiteres richten sollen, doch kam sie nicht zuletzt wegen der BMW-Übernahme nie unter den Wagen und wurde entsprechend auch nicht homologiert.
Dem Motorsport ist im Buch sehr viel Platz eingeräumt. Matthias Herrmann verzichtete zwar auf eine übersichtliche Tabelle, aber die meisten wichtigen Rennteilnahmen sind im über 22 Seiten laufenden Text erwähnt.
Und dann kam BMW
Die vergleichsweise kleine Autofirma Glas wurde durch die schwierige Wirtschaftslage Mitte der Sechzigerjahre besonders stark gebeutelt, als beste Lösung strebte man eine Fusion mit BMW an. Per 1967 übernahm BMW die Gesellschafter-Anteile von Glas, stellte alsbald die Produktion des Glas 2600 V8 Coupés ein und begann die übrigen Modelle vor allem hinsichtlich Qualitätssteigerung zu überarbeiten. Das Coupé sollte weitergebaut werden, denn eine eigene Alternative hatte BMW hier nicht. Doch die Kunden schienen das Vertrauen in den Glas 1300 GT verloren zu haben, die BMW-Verkaufsanstrengungen verpufften. So entstand der BMW 1600 GT, den man als Evolution des Glas Coupés sehen kann, der aber den bekannten BMW-1,6-Liter-Motor im Bug trug und hinten eine BMW-Schräglenkerachse zur Radführung verwendete.
Doch auch dem BMW 1600 GT war kein grosser Erfolg beschieden, nach 1255 Exemplaren wurde die Produktion eingestellt. Im Buch aber sind alle wichtigen Details der BMW-Variante minutiös dokumentiert, von der Technik, über die Produktion bis zum Verkauf. Auch Sondermodelle und Sonderprojekte bleiben nicht unerwähnt.
Abgerundet
Im hinteren Teil des Buchs findet der Leser eine Kaufberatung und fotografisch umfangreich dokumentierte noch existierte Fahrzeuge. Eine übersichtlich dargestellte Produktionsstatistik sowie eine Auslieferungsstatistik fassen das über Jahre zusammengetragene Wissen Gusens zusammen und und wir durch eine internationale Bestandesstatistik, nach der wohl noch rund 880 Coupés und Cabriolets bestehen dürften, ergänzt.Technische Daten der verschiedenen Modelle fehlen genauso wenig wie ein komplettes Stichwortverzeichnis, das vor allem das Nachschlagen nach Spezialitäten so viel einfacher macht (Danke!).
Appetitlich aufgemacht
Das Buch sieht sehr professionell gemacht aus, der Groove mancher clubintern gefertigten Marken-/Typenmonografie fehlt komplett. Man würde nicht darauf kommen, dass kein grosser Verlag hinter dem layouttechnisch übersichtlich gestalteten Werk steht. So machen Autobücher Spass. Man spürt den Enthusiasmus der Macher und das geballte Wissen, das über die rund 248 Seiten dokumentiert wurde.
Auch der Druck und die Qualität der verwendeten Fotos, insbesondere der Werksabbildungen, überzeugt.
Wer sich für den Glas/BMW GT im Detail interessiert, hat kaum eine Alternative, als dieses Buch zu kaufen. Aber wir wünschen diesem Werk einen deutlich grösseren Leserkreis, denn Entwicklung und Geschichte des Dingolfing-Coupés sind historisch spannende Teile der deutschen Automobilhistorie.
Bibliografische Angaben
- Titel: GLAS GT und BMW GT - Sportwagen aus Dingolfing
- Autor: Uwe Gusen (unterstützt durch Stefan Dierkes und Matthias Herrmann
- Umfang: 248 Seiten, viele (historische) Schwarzweiss- und (aktuelle) Farbabbildungen
- Format: Gebunden, 22 x 25,2 cm, 1.094 kg
- Verlag: Glas Automobilclub International e.V., 1. Auflage 2015
- Preis: Euro 39.90
- Bestellen/kaufen: Via den Autor Uwe Gusen (per Email)
Information
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icg hatte selbst zu erst einen 1304 und dann einen 1304 ts
und einen bmw 1600 gt !
das waren noch zeiten !
karl-willi lang