Es kommt schlicht daher, das neue Buch zu Monteverdi. Kein Foto ziert das Titelblatt, nur das Monteverdi-Logo. Das hätte wohl auch Peter Monteverdi gut gefallen, wenn er noch leben würde. Doch der Autokonstrukteur und Firmenbesitzer verstarb bereits 1998. Schon 1980 erschien ein damals schwarz gebundenes 240 Seiten starkes Buch zu Monteverdi, geschrieben von Carl L. Wagner und Roger Gloor.
Dieselben Autoren überarbeiteten nun ihr Werk komplett, ergänzten damals noch nicht bekannte Entwicklungen und viele weitere Kapitel der vielseitigen Monteverdi-Geschichte. Ermöglicht wurde ihnen das Unterfangen von Paul Berger, der das Erbe von Peter Monteverdi verwaltet und kürzlich in eine Stiftung eingebracht hat. Berger waltet denn auch als Verleger des Buchs.
Ein Selfmade-Mann
Peter Monteverdi gelang es, schon in jungen Jahren mit Produkten und Erfolgen aus sich aufmerksam zu machen, die seine Sportwagen auf dieselbe Ebene erhoben wie die Fahrzeuge von Lamborghini, Ferrari oder De Tomaso. Der am 7. Juni 1934 geborene wuchs zwischen Last- und Personenwagen auf und schon mit vier Jahren erhielt er sein erstes eigenes Auto, ein Tretmobil aus Holz. Der vielseitig, auch musisch und schauspielerisch begabte Monteverdi machte nach dem Schulabschluss eine Automechanikerlehre beim Lastwagenbauer Saurer. Eigentlich hatte er auch mit einem Medizinstudium geliebäugelt, aber dieses blieb ihm verwehrt. Als neues Ziel fasste er nach dem ersten Rennen, das er in Erlen in seiner Jugend mitverfolgen konnte, den Entschluss, Autorennfahrer zu werden.
Schon früh zeigte sich sein Talent zur Leistungssteigerung von Motoren und nachdem er dieses mit einem Mofa erprobt hatte, wendete er es an einem Fiat 508 C Balilla 1100 an, den er 1952 zum Sportwagen umbaute, dem Monteverdi Special.
Durchgehend dreispaltig und nur wenig Platz für Bilder verschenkend erzählen Wagner/Gloor (Wagner recherchierte, interviewte und schrieb, Gloor übersetzte) im ersten Teil des Buchs den Werdegang des jungen Peter Monteverdi. Sie berichten von seiner Zeit als Rennmechaniker bei Franz Hammernick, seinem ersten Autotauschhandel und seinem ersten eigenen Renneinsatz im Rahmen eines Eisslaloms.
Mit 22 Jahren musste Monteverdi den Familien-Garagenbetrieb nach dem Ableben des Vaters übernehmen. Kurz danach kaufte er sich seinen ersten Ferrari, ein Dreiliter-Mille-Miglia-Coupé mit Vignale-Aufbau aus dem Jahr 1953. Und es sollte nur wenig Zeit vergehen, da war er auch bereits Ferrari-Importeur und Testa-Rossa-Besitzer. Es folgte ein 750 Monza, den er später zum Flügeltüren umbaute, seine zweite Eigenkonstruktion.
Dann folgte die MBM-Phase und in der zweiten Hälfte der Sechzigerjahre schliesslich der Beginn der GT-Phase mit den Monteverdi Sportwagen.
Ein Schöngeist und ein Praktiker
Peter Monteverdi war ein raffinierter Unternehmer, aber auch einer, der verstand, was seine Kunden wollten, nämlich Autos, die zwar schön, aber auch praktisch waren. Daher bestand er auch auf den Einbau einer Klimaanlage und stand der Wandler-Automatik durchaus offen gegenüber als er seine GT-Modelle namens High Speed baute. An den amerikanischen Motoren schätzte er die Robustheit bei gleichzeitig guter Leistung. Und schöne Formen waren für ihn eine Selbstverständlichkeit. So ist es auch kein Zufall, dass seine Designer-Qualitäten von anderen Firmen in Anspruch genommen werden. Neben den Monteverdi-Fahrzeugen entstehen Prototypen oder Umbauideen für andere Firmen.
Gut drei Viertel des Buchs werden von der Zeit bis 1980 eingenommen, dann folgt der zweite Teil, der die Zeit danach abdeckt. Sie beginnt mit dem Ende des Militärfahrzeugprojekts und setzt sich mit dem Aufbau der Monteverdi Car Collection, dem grössten Automuseum der Schweiz, fort. Und dann war da noch sein Formel-1-Engagement anfangs der Neunzigerjahre und der Hai 650 F1.
All dies wird natürlich ähnlich akribisch zusammengefasst wie die Versteigerung eines erheblichen Teils der Car Collection im April 1992. Dass Gloor hier die komplette Liste der Zuschläge aufführt, sei hier lobend erwähnt und angemerkt, dass die erzielten Preise vor 25 Jahren zwar tiefer, aber insgesamt gar nicht so schlecht waren.
Das Buch endet mit den neuesten Ereignissen, nämlich der Gründung einer Stiftung und dem Vertrag mit dem Schweizerischen Verkehrshauses Luzern, das einen Teil der Sammlung in Zukunft zeigen wird.
Ein Lesebuch
Es ist ein Buch zum Lesen, zum sich von der ersten bis zur letzten Seite durcharbeiten. Wer den Band nur als Nachschlagewerk nutzen will, tut sich etwas schwerer, denn die interessanten Entwicklungen zu Fahrzeugen sind oft über viele Kapitel verstreut, weil es den Autoren wichtiger war, dem Lauf der Zeit zu folgen.
Wer sich trotzdem zu einem bestimmten Wagentyp schlaumachen möchte, dem hilft das sauber geführte Namensregister am Ende des Buchs, um die entsprechenden Seiten zu finden.
Wer sich primär für technische Daten und Fahrleistungen interessiert, wird diese ebenfalls vor allem im Lesetext suchen müssen. Zwar gibt es eine kurze Zusammenfassung der Charakteristiken der einzelnen Fahrzeuge im hinteren Teil, diese reichen dem echten Aficionado aber oftmals nicht, aber wie gesagt, im Lauftext finden sich viele zusätzliche Details.
Allerdings, und hier gebührt den Autoren ein besonderer Dank, sind im Anhang die Stückzahlen und damaligen Neupreise aufgeführt.
Voll von Anekdoten und Details
Auf den rund 210 Seiten Text erfährt man auch viele kleine Anekdoten, zum Beispiel, wie der Monteverdi Hai gewichtsmässig austariert wurde. Oder wie der Mittelsportwagen zu seinem Namen kam. Es sind diese liebevoll wiedergegebenen Details, die einem die Lektüre versüssen.
Einige dieser Geschichten sind übrigens hinten im Buch in sogenannten “Nachgängen” zu finden. Hier handelt es sich meist um Berichte, die bereits in Oldtimer-Zeitschriften (z.B. SwissClassics Revue, Autozeit) erschienen sind, während der erste Teil weitgehend dem Text aus dem Buch von 1980 entspricht und somit die Periode bis 1980 abdeckt, der Teil 2 im Rahmen der Neuredaktion neu entstanden ist und die Periode nach 1980 beschreibt.
Viele Bilder
470 Abbildungen seien im Buch abgedruckt, nachgezählt haben wir das nicht, aber glauben tun wir es sofort. Es sind tatsächlich viele Bilder, doch schon der Index Bilder pro Seite, der fast 2,5 beträgt, verrät, dass man es hier sicherlich nicht mit einem Coffeetable-Book zu tun hat.
Nur wenige der historisch spannenden und sehenswerten Fotos sind grossformatig abgedruckt, leider! Die Fotoliebhaber hätten sicherlich ein grosszügigeres Layout der gewählten Variante vorgezogen, aber dann wäre das Buch auch sicherlich deutlich dicker als 212 Seiten geworden und damit auch teurer.
Und CHF 87.00 (plus Versandkosten) sind ja kein Pappenstiel, bei diesem Buch aber sicherlich gut angelegt. Denn eine Alternative hat kaum, wer sich für die Schweizer Automarke interessiert.
Bibliografische Angaben
- Titel: Monteverdi - Geschichte einer Schweizer Automarke
- Autoren: Carl L. Wagner und Roger Gloor
- Sprache: Deutsch (eine englische Version ist in Vorbereitung)
- Verlag: Herausgeber Monteverdi Binningen (Paul Berger)
- Auflage: 1. Auflage 2016
- Format: Gebunden, 21x30 cm (A4)
- Umfang: 212 Seiten, 470 Fotos, davon 215 in Farbe
- ISBN: 978-3-033-05953-5
- Preis: CHF 87.00 (plus Versandkosten)
- Bestellen/kaufen: über monteverdi-book@bluewin.ch oder im einschlägigen Buchhandel, weitere Informationen auf der Monteverdi-Website