Bereits 1959 begannen die Arbeiten an der Giulia Tulbolare Zagato, da war die Alfa Romeo Giulia noch nicht einmal fertigentwickelt. Aber Zagato arbeitete eng mit Alfa Romeo zusammen und hatte daher Zugang zu den Entwicklungsdaten.

Für Alfa Romeo wiederum waren Elio und Ugo Zagato ideale Partner, denn ihre Konstruktionen erwiesen sich als sehr erfolgreich im Rennsport. Sie folgten getreu der Devise, dass ein Sportwagen zuverlässig sein musste, und ein niedriges Gewicht sowie einen geringen Luftwiderstand aufzuweisen hatte. Die Giulia TZ von 1963 war die perfekte Umsetzung dieser Maxime.
Präsentation in Turin im Jahr 1962
Erstmals gezeigt wurde der Wagen noch in Prototypenform am Turiner Autosalon im Spätherbst des Jahres 1962. Die Automobil Revue schrieb in ihrem Salonbericht:
“Ungewöhnlich für Alfa Romeo sind aber auch die rechteckförmigen und stromlinienförmig verschalten Scheinwerfer, die als Einheit aufklappbare vordere Karosseriepartie, sowie das schräg nach vorne abgeschnittene Wagenheck. Als Chassis verwendet der neue GT eine Stahlrohrrahmen-Konstruktion, in welchem wahlweise der 1,3- oder der 1,6-Liter-Motor eingebaut werden können. Noch liegen keine definitiven Leistungsangaben über den leicht schräg montierten Giulia-Motor vor, doch soll die Maschine schon heute auf 130 CUNA-PS kommen. Die grösste Sensation aber stellt die völig neue Auslegung der Antriebsachse dar. Das Differential ist am Rahmen fest montiert und die Führung der beiden Achshälften der Pendelachse wird unten durch einen massiven Dreiecklenker, oben durch die Doppelgelenkwelle übernommen.
Die bis heute verwendeten Trommelbremsen wurden durch am Ausgleichsgetriebe liegende Scheibenbremsen ersetzt. Die Federung sämtlicher vier Räder erfolgt durch schrägliegende Schraubenfedern. Voraussichtlich dürfte die serienmässige Fabrikation des Giulia Zagato GT im Monat März beginnen. Als Spitzengeschwindigkeit für den rund 640 kg wiegenden Wagen gibt das Werk einen approximativen Wert von 240 km/h an. Preis ca. 3,4 Millionen.”
Was die Journalisten damals noch nicht wissen konnten, war, dass die Leistungen des Prototypen damals überhaupt noch nicht befriedigten. Zwar waren einige grobe Probleme mit den Aufhängungen damals bereits gelöst worden und auch vom ursprünglich anvisierten abnehmbaren Dach hatte man sich entfernt, aber erst im Jahr 1963 wurden nach Versuchen mit mehreren Frontpartien (die kürzeste Version wurde gewählt) und einem modifizierten Heckbereich, der nach den Ideen des Aerodynamik-Pioniers Kamm gestaltet war, die Leistungsfähigkeit erreicht, die Auftraggeber Alfa Romeo erwartete.
Präsident Giuseppe Luraghi gab sein Einverständnis für 100 Exemplare, soviele wurden für die Homologation in der GT-Klasse benötigt.
Anlässlich des Autosalons von Turin konnten dann ab dem 30. Oktober 1963 die ersten Bestellungen für den nun in seiner endgültigen Form präsentierten Giulia TZ unterschrieben werden.
Ein reinrassiger Rennwagen
Mit der Serien-Giulia hatte die Tubolare-Zagato-Variante (“tubolare” weist auf den tragenden Rohrrahmen hin) nur mehr wenig gemein, wenn man einmal von Motor und Getriebe absah.
Die 15-Zoll-Räder (Reifengrösse 155 x 15) waren rundum einzeln aufgehängt, vor sorgten moderne Dreieckslenker für die Radführung. Scheibenbremsen rundum sorgten für optimale Verzögerungswerte.
Minimales Gewicht stand weit oben auf der Prioritätenliste. Die Pedalerie war duchlöchert wie ein Schweizer Käse, die Seitenscheiben bestanden aus dünnem Plexiglas und natürlich wurde auf jeden Luxus-Schnickschnack verzichtet. Aber auch der Rohrrahmen, der nur 62 kg wog, trug zum niedrigen Kampfgewicht bei, genauso wie die dünnwandige Aluminiumhaut, deren Design Zagatos Hauszeichner Ercole Spada zugeschrieben wird. Allerdings unterschied sich die Form nicht stark von der ebenfalls von Zagato gebauten Giulietta SZ, auf deren Blechteile man beim Bau der ersten TZ-Prototypen zurückgreifen konnte.
Als Motor wurde ausschliesslich der Vierzylinder 00511 mit 1570 cm3 Hubraum eingebaut, der standardmässig 112 PS bei 6’500 U/min leistete. Zwei obenliegende Nockenwellen sorgten dafür, dass hohe Drehzahlen ohne bleibende Spuren möglich waren. Gekoppelt wurde der Motor via hydraulische Dreischeibenkupplung an ein Fünfganggetriebe.
Im Renntrimm und nach eifriger Nachbearbeitung von Tunern wie z.B. Conrero leistete der Motor dann über 150 PS, sogar Literleistungen über 100 PS sollen möglich gewesen sein. Damit wurde der Rennwagen zur fast unschlagbaren Konkurrenten in seiner Hubraumklasse.
Teuer, aber auch konkurrenfähig
28’950 Mark verlangte Alfa Romeo für den 660 kg schweren TZ in Deutschland, 29’850 Franken musste ein Schweizer Käufer seinem Bankkonto entnehmen. Bei Mercedes gab es für diese Summe fast einen 300 SE zu kaufen. Aber damit hätte man wohl kaum einen Klassensieg an der Targa Florio einfahren können, wie es Bussinello/Todaro 1964 mit Gesamtplatz 3 gelang.
Klassenerfolge galt es auch in Sebring, Le Mans und bei weiteren Rennen des Jahres, aber bereits beim Premierenrennen in Monza zur Coppa FISA hatte der schnelle Alfa sogar als Prototyp einen Gesamtsieg eingefahren.
Weniger für den Alltag geeignet
Natürlich rissen sich die Autotester der frühen Sechzigerjahre darum, die neue heisse Giulia zu fahren und vor allem die amerikanischen Magazine berichteten ausgiebig über die ersten Testerfahrungen.
Auch die Automobil Revue nahm Platz auf dem Fahrersitz und schrieb:
“Trotz des ausgeprägt sportlichen Charakters erreicht der Fahrkomfort ein beachtliches Niveau, die hervorragend gestalteten Einzelsitze stehen in bestem Einklang zum Temperament dieses Wagens, und die durch den drehfreudigen Zweinockenwellenmotor verursachten Geräusche bleiben im Rahmen des Üblichen bei einem GT, bei welchem im Hinblick auf ein geringes Gewicht bewusst auf intensive Geräuschisolierung verzichtet wurde. Mit dem hervorragenden 5-Gang-Getriebe von Alfa Romeo fuhr der von uns geprüfte Giulia TZ den stehenden Kilometer in 28.1 Sekunden, während der aus dem Stillstand innerhalb von 7 Sekunden auf eine Geschwindigkeit von 100 km/h beschleunigte.”
Warum der Wagen trotzdem nicht für den Alltag taugte, beschrieb Henry N. Manney in Sports Car Graphic:
“Er könnte nicht als ideales Transportmittel für regnerische Bedingungen beschrieben werden, denn obwohl die Scheibenwischer wie wahnsinnig arbeitete, liefen die Scheiben wegen der mangelhaften Belüftung an, über die Dreiecksfenster drang Wasser ins Innere und mangels Innenrückspiegel konnte man auch nach hinten nichts sehen. Kam noch dazu, dass ich im ersten Gang mit stark durchdrehenden Reifen startete und mich dabei drehte ....”
Mangelnde Alltagseigenschaften waren aber nicht das Hauptproblem der Giulia TZ sondern das Timing! Im Jahr 1964 hatte Porsche mit dem 904 GTS ein Auto für die Zweiliterklasse vorgestellt, das noch kompromissloser ausgelegt war als der Zagato-Alfa und die Rennsiege für sich einheimste.
Die noch schärfere Evolutionsstufe
Zagato und Alfa Romeo rüsteten nach. Die letzten - je nach Quelle 3 oder 10 - TZ 1 (wie die Autos der ersten Serie nachträglich genannt wurden) erhielten eine um 25 kg leichtere Kunststoffkarosserie. Dann war nach 112 (andere Quellen nennen 102 oder auch 120) Exemplaren im Jahr 1964 Schluss.
Nachgeschärft wurde mit der TZ2, von der weitere zwölf Fahrzeuge entstanden. Sie war noch flacher und auschliesslich als Rennwagen erhältlich. Rund 170 PS leistete der 1,6-Liter-Motor nun bei 7’000 U/Min. Die TZ2 war nur noch 1,06 Meter hoch statt der 1,2 Meter der Vorversion. Und mit 620 kg wog er auch noch weniger. Und sie war nicht weniger erfolgreich als die TZ1, Klassensiege in Sebring, Monza, auf dem Nürburgring oder an der Targa Florio beweisen dies.
Doch die Tage der Tubolare Zagato Modelle waren bei Alfa Romeo gezählt. Mit der eigenen Rennabteilung Auto Delta setzte man die Priorität auf den Tourenwagensport und die GTA-Modelle, zurecht, wie der Rundumerfolg bewies.
Die noch schöneren Sonderkarosserien
Die technische Basis der Giulia TZ bot für die Karosseriefirmen Bertone und Pininfarina die ideale Basis für Spezialaufbauten. So entstand auf Basis des Chassis 101 1964 unter der kundigen Hand von Giorgetto Giugiaro bei Bertone der Alfa Romeo Canguro . Dieser Wagen war auf minimalen Luftwiderstand und geringes Gewicht ausgelegt. Zur Erhöhung der aerodynamischen Effizienz wurden die Scheiben plan zur Karosserie verlegt und nicht in einen Rahmen eingelassen. Die Türen ragten weit ins Dach hinein und die ganze Front konnte als Motorhaube aufgeklappt werden. Das Fahrzeug bot eine ausgezeichnete Platzausnutzung und gute Rundsicht. Die Karosserie sollte in der angestrebten Serie aus Kunststoff bestehen, der Prototyp verfügte über eine Aussenhaut aus Aluminium. Der Wagen wurde aber von einem Journalisten stark verbogen, aus der Serienproduktion wurde nichts.
Rund ein Jahre später präsentierte Pininfarina die Giulia Sport Speciale Due Posti am 3. November 1965 in Turin. Dieses Konzeptfahrzeug war ein reiner Traumwagen, der mit einer stark geschwungenen Gürtellinie und starker Bombierung der Seitenwände neue Designimpulse setzte. Der auf Chassis 114 aufgebaute Prototyp war nie als Basis für eine Serienfertigung gedacht.
Fahrfreude pur
Wie aber fühlt eine Giulia TZ heute an? Hören wir dazu Peter Wyss, dem Sport-Redaktor der Automobil Revue zu, der vor wenigen Monaten die Gelegenheit hatte, den heissen Alfa Romeo zu testen:
“Schälen wir uns also ins Cockpit und fühlen dem ersten richtigen Autodelta-Modell auf den Zahn. So archaisch der Anblick mit der langen nach unten gebogenen Front und dem wie abgeschnittenen Heck dieses Granturismos ist, so archaisch wirkt die Ausstattung und Ausstrahlung des Interieurs. Es hat drin, was es haben muss, um schnell zu fahren.
Hier drin fühlt man sich gleich wie in einem richtigen Sportwagen, und das vermittelt auch der Sound des in dieser Rennversion auf rund 170 PS hochgezüchteten 1600er-Motors. Auch dieses Trieb- werk mit Einfachzündung und zwei Weber-Doppelvergasern nimmt das Gas erst ab ca. 4000 Touren richtig an, und dann gehts hoch bis gegen 8000. Bei nur 660 kg Trockengewicht braucht er gar nicht mehr Power. Die Übersetzung passt, der Motor zieht in allen Gängen, die Gangwechsel lassen sich ohne Widerstände bewerkstelligen. Eine richtige Fahrmaschine, und das auch in den Kurven. Dank der 15-Zoll-Dunlop-Racingreifen liegt er in den Kurven satt auf der Strasse, sodass sofort Rennfeeling aufkommt. Wäre ich festgezurrt und mit Helm auf dem Kopf - ich wäre bereit für ein Rennen ... und ich wäre wohl noch immer in Balocco (in der Giulia TZ), wenn man mich gelassen hätte ...”
Weitere Informationen
- AR-Zeitung Nr. 48 / 1962 vom 8.Nov.1962 - Seite 17: Salone dell’Automobile di Torino 1962 - Vorstellung Alfa Romeo Giulia TZ
- AR-Zeitung Nr. 11 / 1963 vom 14.März 1963 - Seite 9: Alfa Romeo Neuheiten Giulia SS, Tubolare Zagato und 2600 Zagato
- AR-Zeitung Nr. 49 / 1963 vom 14.Nov.1963 - Seite 19: Kurztest Alfa Romeo Giulia TZ
- Road & Track Issue 12/1964: Alfa Romeo GTZ
- Sports Car Graphic Issue 6/1964: Alfa Romeo Giulia TZ
- Oldtimer Markt Heft 5 /1983, ab Seite 16: Alfa Romeo Giulia TZ
- Motor Klassik Heft 10/1987, ab Seite 142: Alfa Romeo Giulia TZ 1 und TZ 2
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Glanzleistung von Alfa Romeo und Zagato.
Ist (und bleibt wahrscheinlich) mein Traum!
Gruss: hjb
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