Béla Barényi ist einer der grossen Köpfe, wenn es um Sicherheitsvorkehrungen im Automobil geht. Er selbst definierte die passive Sicherheit und entwickelte viele innovative Ideen, um den Fahrer, den Passagier, und das externe Unfallopfer zu schützen.
Kindheit und Ausbildung
Béla Barényi wurde 1907 im heutigen Tschechien geboren, zu einer Zeit als Pferdefuhrwerke das Strassenbild noch beherrschten und Automobile von den meisten noch misstrauisch beugt wurden. Allerdings hatte Barényi das Glück, in einer vermögenden Familie der Österreichischen Monarchie aufzuwachsen. Sein Grossvater, Fridolin Keller, besass einen luxuriösen Austro-Daimler, so gewöhnte und interessierte sich Barényi schon früh für die Fortbewegung im Automobil.
Im Ersten Weltkrieg und während der Weltwirtschaftskrise verlor die Familie allerdings ihr Vermögen und die Schulgelder der Kinder konnten nicht mehr bezahlt werden. Doch der Junge Béla fand trotzdem einen Weg, 1924 sein Maschinenbaustudium am Wiener Technikum für Maschinenbau und Elektrotechnik zu beginnen.
1926 schloss Béla die technische Fachschule ausgezeichnet ab. Allerdings führt die Wirtschaftskrise dazu, dass es auch der brillante Kopf, der er war, nicht leicht hatte, eine Stelle zu finden. Er wurde jeweils befristet bei den Steyr-Werken in Wien, den Adlerwerken in Frankfurt, der Firma GETEFO in Berlin sowie der Société Pendelastic bzw. Soprotec in Paris tätig und sammelte so etwas Arbeitserfahrung.
Anstellung bei Daimler 1939
1938 gehörte Barényi zu den vielen Arbeitslosen, die es überaus schwer hatten, eine Stelle zufinden. Er reichte eine Bewerbung an den Chefkonstrukteur von Daimler-Benz, Max Wagner, ein, erhielt aber eine Absage. Glücklicherweise arbeitete zu der Zeit sein ehemaliger Studienkollege Karl Wilfert bei Daimler-Benz, der ihm die Möglichkeit verschuf, ein Gespräch unter vier Augen mit dem Herrn Haspel, dem Leiter der Pkw-Entwicklung, zu führen.
Wilfert warnte Barényi, nicht länger als zwei Minuten zu reden, da wichtige Leute nicht ewig Zeit haben würden und ihnen das Zuhören ganz schön schwer falle und speziell Herr Haspel sei kein Freund langer Worte.
Aber Béla hatte vieles zu erzählen und spätestens als er auf die Frage, was an den aktuellen Autos seiner Meinung nach falsch konstruiert sei, “alles” antwortete, schweifte er aus. Und Herr Haspel hörte 22 Minuten lang zu, wie Barényi das Automobil in der Zukunft sah.
"Ein Haus wie Daimler-Benz kann nicht von der Hand in den Mund leben. Herr Barényi, Sie denken 15 bis 20 Jahre voraus. Sie kommen in Sindelfingen unter einen Glassturz. Was Sie erfinden, kommt direkt in die Patentabteilung”, meinte Dr. Wilhelm Haspel und machte Barényi zum “Konstrukteur für Selbstständige Arbeiten".
Seiner Zeit voraus
Barényis Ideen waren seiner Zeit meist Jahre voraus. Das Design des späteren VW Käfers skizzierte er beispielsweise bereits 1925 während seiner Studienzeit. Als Barényi 1955 die Volkswagen GmbH auf Urheberrechtsverletzung verklagte, wurde seine Urheberschaft am VW Typ 1 dann auch gerichtlich anerkannt.
Und auch bei seinen Ideen zur passiven Sicherheit merkte man häufig erst nachträglich, wie genial sie waren. So war es dann auch bei seinem Konzept mit den Knautschzonen und der Patentnummer DBP 854157. Barényi realisierte, dass die Energie, die bei einem Unfall entsteht, irgendwie umgewandelt werden musste, deshalb sollte ein Fahrzeug einen stabilen Kern haben und vorne und hinten Knautschzonen, die bei einem Aufprall verformt werden können und somit die Energie absorbieren.
Das Thema Sicherheit war in den Fünfzigerjahren allerdings noch nicht aktuell, wer wollte beim Autokauf denn schon über Unfälle und Insassenschutz reden? Doch Barényi blieb hartnäckig, leistete viel Überzeugungsarbeit und prompt kam 1959 der W111 Saloon als erster Serienwagen mit Knautschzonen auf den Markt.
Andere Ideen brauchten ganze Jahrzehnte, bis sie in Serie gingen, Beispielsweise die “Verschwindscheibenwischer”, die von der Karosserie verdeckt werden, wenn sie nicht gerade liefen und damit die Verletzungsgefahr von Fussgängern mindern. Das Konzept konstruierte Barényi bereits 1948, verwirklicht wurde die Idee erst 1979 mit der S-Klasse W 126.
Späteres Wirken
Im Verlauf seines Wirkens sammelte Barényi 2500 Patente an, die auf seinen Namen ausgestellt wurden. Dazu meinte Karl Wilfert, ein langjähriger Freund Barényis: “Das, ich möchte beinahe sagen Tragische im Werdegang von Herrn Barényi liegt darin, dass sich noch kaum jemand die Zeit dafür genommen hat, sich die vielen weit vorgreifenden Ideen erläutern zu lassen: Man kann, glaube ich, nicht immer mit einem gewissen Unterton sagen, der meldet ja bloß Patente an. Sondern man sollte dabei bedenken, dass diese Patentanmeldungen als geistige Kapitalvermehrung der Firma zu betrachten sind.”
1974 ging Béla Barényi in Rente, was in seinem Fall, keineswegs etwas mit Ruhestand zu tun hatte. Tatsächlich begann er bei sich zu Hause ein Privatarchiv zum Thema automobile Sicherheit einzurichten, beziehungsweise zu erweitern. Das Haus und sein Archiv verkaufte Barényi Mitte der Neunzigerjahre dann an die Mercedes-Benz AG. 1994 wurde er von der “Automotive Hall of Fame” in Detroit als aussergewöhnlicher Erfinder und Innovator aufgenommen.
1997 starb Béla Barényi im Alter von 91 Jahren.
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