Die 24 Stunden von Le Mans des Jahres 1982 hinterliessen wegen zwei Geschehnissen deutliche Spuren in der Geschichte. Zum einen lief Porsche mit einem praktisch neuen Rennwagen auf den Plätzen 1, 2 und 3 ein, und dies sogar noch mit den Startnummern 1, 2 und 3, zum andern wurde ein Fahrzeug unter dubiosen Umständen vom Rennen ausgeschlossen, das bereits auf dem Startplatz stand.
Vielfalt der Konstrukteure
Schon auf dem Papier sah die 50. Ausgabe des 24 Stunden Klassikers abwechslungsreich und attraktiv aus: 19 verschiedene Konstrukteure hatten ihre Fahrzeuge in die Sarthe gebracht, soviele wie seit 1964 nie mehr am Start waren.
Die Hälfte des Startfeldes waren brandneue Fahrzeuge, was daran lag, dass mit geänderten Regularien die neue Gruppe C und damit 26 derartige Fahrzeuge zugelassen waren.
Ford feierte sein Comeback mit zwei neukonstruierten Gruppe C-Prototypen, genannt C100.

Als Favoriten sah man im Allgemeinen die Porsche und Rondeau. Da 1982 ein Übergangsjahr war, liess man ein letztes Mal Fahrzeuge der Gruppe 5 (Produktionsrennwagen mit Dach) und Gruppe 6 (offene Sportwagen-Prototypen) mitfahren. Immer noch zugelassen waren auch die amerikanischen GT Klassen IMSA GTO und GTX.
Das ganze Rennen kann man zum Glück via offiziellem Film nochmals erleben (wir empfehlen hierzu ein paar filmische Ausschnitte des Rennens, siehe Link unter Multimedia links).
Unschlagbare Porsche 956
Schon während des Trainings wurde klar, an Porsche ging kein Weg vorbei. Die neuen Porsche 956 profitierten von der allerneuesten Turbo-Technik (Weiterentwicklung des Porsche-Interscope-Triebwerks), zeigten aber auch im Chassis- und Aerodynamikbereich sichtbare Fortschritte. Die Konkurrenz Rondeau, Ford, Sauber und Lola setzte auf Cosworth-V8-Motoren, die auf 3.9 Liter aufgebohrt worden waren und einen eher fragilen Eindruck hinterliessen.
Der Dreifachsieg der Porsche 956 bewies die Stärke der neuen Wagen und war eine klare Kampfansage für die nachfolgenden Jahre. Dabei war die Überlegenheit eigentlich gar nicht so gross. Zum einem hätte der Porsche 936C des Teams von Reinhold Jöst den Werksporsches beinahe den Dreifachsieg verdorben. Bis zur 22. Stunde war der private Porsche nämlich mit Rennfahrer Bob Wollek auf dem dritten Platz positioniert, als plötzlich der Motor 90 Minuten vor dem Ende überhitzte und explodierte.
Und auch bezüglich Höchstgeschwindigkeit waren die 956-er nicht die Schnellsten. Die Kremer Brüder hatten einen Gruppe C Porsche, CK5 genannt, auf Kevlarbasis gebaut und erreichten eine Höchstgeschwindigkeit von 345 km/h. Leider kam das Fahrzeug unzureichend getestet nach Le Mans und schied prompt nach 25 Runden bereits aus.
Die Mirage-Tragödie
Die Rennlegende Mario Andretti war mit seinem ältesten Sohn Michael auf einem Mirage M12 am Start. Auf den sensationellen Startplatz 9 hatten sie sich qualifiziert und waren mit allen anderen Fahrzeugen auf der Start/Zielgeraden für den Start aufgestellt. 20 Minuten bevor Luigi Chinetti (Gesamtsieger im Jahr 1932) die französische Flagge senkte und das Feld auf die erste Runde sandte, tauchten plötzlich technische Verantwortliche vom A.C.O. beim Mirage auf und disqualifizierten den Wagen. Das total verblüffte Team erfuhr, dass der Getriebeölkühler nicht hinter, sondern über dem Getriebe montiert sein müsse.
Die Techniker des Teams sahen noch Chancen, die Änderungen vorzunehmen und begannen sofort mit dem Umbau. Noch während die Mechaniker in aller Windeseile den Ölkühler umplatzierten, wurde das Fahrzeug trotzdem disqualifiziert und das nächste Reserve-Fahrzeug wurde auf das Starterfeld beordert.
Als das Rennen gestartet wurde, stand der Mirage vollkommen regelkonform in der Box. Teamchef Harley Cluxton liess den Wagen vor den Bereich der Rennleitung schieben und dort über Stunden in der Boxengasse stehen. Sein Protest wurde abgewiesen. Es war dies der letzte Auftritt eines Mirage-Rennwagens in Le Mans gewesen.
Comeback von Ford
Ford kam erstmals seit 1967 wieder werksseitig nach Le Mans und brachte zwei neue C100-Prototypen an den Start. Beide waren von Zakspeed, dem deutschen Motorsport Team von Erich Zakowski, aufgebaut worden. Die rein-deutsche Nummer 41 wurde von Manfred Winkelhock und Klaus Niedzwiedz gefahren, während in der Nummer 42 der deutsche Klaus Ludwig und der Schweizer Marc Surer arbeiteten. Obschon der eine Wagen in der Stunde 4 sogar an der Spitze lag, fielen schlussendlich beide Fahreuge mit Elektrik-/Motorschaden aus.
Sauber als innovativer Newcomer
Peter Sauber war mit zwei Sauber C6 SHS nach Le Mans gereist. Nummer #20 war mit einem 3.3-Liter- statt 3.9-Liter-Motor ausgerüstet. Der C6 wurde als einer der innovativsten Newcomer gefeiert, dies nicht nur wegen dem V-förmigen Heckflügel! Hans-Joachim Stuck war mit seinem C6 gut im Rennen dabei, bis Vibrationen des Cosworth Motors plötzlich so gross wurden, dass das Heck beinahe abriss und an eine Weiterfahrt nicht mehr zu denken war. Der zweite C6 wurde wegen elektronischen Defekten aus dem Rennen geworfen.
Seltene Eigenbau-Fahrzeuge am Start
Der Eigenbau Grid Plaza S1 von Emilio de Villota zeigte neuartige Ansätze mit Lufttunneln auf den Seitenkästen mit dem Ziel, einen hohen Anpressdruck zu erzeugen. Leider wurde diese Spezialität ein Opfer der fragilen Cosworth Motoren und schied schon nach 30 Minuten aus dem Rennen aus.
Der URD C81, konstruiert von Ernst Ungar, erreichte gute Zeiten im Qualifying, verabschiedete sich aber auch früh wegen technischen Problemen aus dem Rennen.
Aston Martin wieder in Le Mans
Für viele Briten war Nimrod ein Highlight im Startfeld von Le Mans 1982: Der neue Aston Martin Geschäftsführer Victor Gauntlett ging 1981 mit Robin Hamilton, einem britischen Fahrzeughändler, eine Partnerschaft ein, um die "Nimrod Racing Automobiles" zu gründen. Rennfahrzeuge mit den V8-Motoren von Aston Martin sollten in der Langstrecken-Weltmeisterschaft konkurrieren.
Aston Martin war selber nie federführend, unterstützte die private Formation aber stark. Für viele englische Fans wurde Nimrod deshalb als geheimen "Aston Martin"-Einsatz gesehen und entsprechend bejubelt. Der Nimrod mit Fahrer Simon Philipps erreichte immerhin den siebten Gesamtrang und damit die beste Gruppe-C-Rangierung hinter den drei Porsche 956.
Lancia und die verpassten Punkte
Lancia kam mit zwei LC1 nach Le Mans, um Punkte für die Marken-Weltmeisterschaft zu sammeln. Die wunderschön geformten Lancias mit Martini-Lackierung konnten dank einem Leichtgewicht von 700kg bei 450 PS Motorleistung gut mithalten im Training.
Im Rennen lief dann alles schief. Beide Fahrzeuge erlitten elektronische Kurzschlüsse und schieden aus.
Moby Dick, der Zweite
Reinhold Jöst hatte eine bis auf die Türen exakte Kopie des 1978 gebauten 935er, auch als Moby Dick bekannt, gebaut und nach Le Mans gebracht und gewann damit die IMSA GTX Klasse.
Mit einer speziellen “Promenadenmischung” kam der Amerikaner Bob Akin an den Start. Sein Porsche 935 hatte die Kühlerhaube eines Lola montiert. Gebaut hatte diese Kuriosität Chuck Gaa. Zwar waren die Rundenzeiten nicht überragend, aber das “Hybridgefährt” erreichte auf der Hunaudières die Höchstgeschwindigkeit von 334 km/h und war damit das schnellste Auto in der IMSA GTX Klasse.
Ergebnisse (Top Ten)
1. Jacky Ickx/Derek Bell, Porsche 956, 4899.086 km, 204.128 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit
2. Jochen Mass/Vern Schuppan, Porsche 956, 4’858,169 km
3. Haywood/Holbert/Barth, Porsche 956, 4’640.113 km
4. Fitzpatrick/Hobbs, Porsche 935, 4’488.164 km
5. Snobeck/Servanin/Merge, Porsche 935 K3, 4’431.804 km
6. Dieudonné/Baird/Libert, Ferrari 512 BB, 4’387.786 km
7. Mallock/Philips/Salmon, Aston-Martin Nimrod, 4’320.979 km
8. Cooper/Smioth/Bourgoignie, Porsche 935 K3, 4’307.310 km
9. Cudini/Morton/Paul, Ferrari 512 BB, 4’182.783 km
10. Yver/Scotty/Gitteny, Ford Rondeau M379, 4’178.048 km
Weitere Informationen
- Den offiziellen Film über dieses Rennen kann man direkt hier bestellen . Oder Sie lesen unsere Kritik.
- AR-Zeitung Nr. 26 / 1982 vom 24.Jun.1982 - Seite 7: Die grosse Porsche-Demonstration
Dann melden Sie sich an (Login).