Man bereitete sich auf die vierte Austragung der 24 Stunden von Le Mans seit dem Zweiten Weltkrieg vor. Gleichzeitig war 1952 die 20. Austragung seit 1923 und zum ersten Mal wusste der Veranstalter A.C.O, dass es wieder einmal viele und vor allem bedeutende Fahrzeuge am Start haben würde. Damit stieg auch das Interesse der Medien. Und dies wiederum steigerte die Anspannung für die angemeldeten Werk- und Privatteams.
Ferrari-Debüt in Le Mans
Die Scuderia Ferrari trat 1952 zum ersten Mal in Le Mans und meldete zwei Fahrzeuge vom Typ 250S Berlinetta an. Ebenfalls ihr Debut gab die Marke O.S.C.A..
Mit erheblich mehr Spannung aber wurde insbesondere in Deutschland der Auftritt von Mercedes-Benz erwartet, die zum ersten Mal nach 22 Jahren wieder in Le Mans an den Start gingen und gleich drei neue 300 SL an den Start brachte. Diese Wagen des Typs W194, deren Bezeichnung “SL” für “Sport Leicht” stand, waren geschlossene Coupés, eine Innovation für Le Mans.
Mercedes-Benz 300 SL mit Vorschusslorbeeren
Alfred Neubauer, dem damaligen Motorsport-Chef bei Mercedes, hatte Grosses vor in Le Mans, zeigten doch die vorangehenden Rennen, dass die Wagen sehr konkurrenzfähig waren: Platz 2 und 4 bei der Mille Miglia 1952 und Platz 1-2-3 beim Grand Prix in Bern (Bremgarten).
Für Le Mans rüstete Mercedes einen der drei 300SLs mit einer Luftbremse aus, einem via Extrapedal ausklappbaren Blech auf dem Dach, das für noch schnellere Rundenzeiten sorgen sollte. Doch die ganze Technik wirkte zu wenig ausgereift, und man demontierte wieder die Spezialmechanik vor dem Rennen. Zudem experimentierte man mit Flügelprofilen.
Jaguar, Aston Martin, Cunningham und Talbots
Mit drei gemeldeten Fahrzeugen reisten die Werksdelegationen von Jaguar, Aston Martin und Cunningham an. Talbot brachte zwei Wagen nach Le Mans.
Lancia gründete 1952 eine neue Entwicklungsabteilung, welche zwei für Rennen umgebaute Aurelia BT20 vorbereitete.
Wie im Jahr zuvor waren auch Porsche, Allard, DB, Frazer Nash, Healey, Jowett, Renault, Panhard und Morgan am Start sowie die Rennspezialisten Gordini und Monopole.
Ferrari beim ersten Start in Führung
Die ersten drei Stunden führte Alberto Ascari auf dem Ferrari 250S Berlinetta. Als die meisten Fahrzeuge der Top-Teams von technischen Problemen heimgesucht wurden, kämpfte sich zur Überraschung aller das Gordini-Team mit Robert Manzon an der Spitze vor. Der 2.3 Liter Gordini konnte bis zur Halbzeit die Führung halten, schied dann aber wegen Bremsproblemen aus.
Fast ein Sieg des Alleinfahrers Levegh
Nach dem Ausfall des Gordini übernahm Pierre Levegh, Pariser Garagist und ehemaliger Eishockeystar, im Talbot-Lago T26 GS Spider den ersten Platz und was darauf folgte, ging als eine der grössten fahrerischen Leistungen in die Geschichte von Le Mans ein. Zum Zeitpunkt des Führungswechsels sass Levegh bereits seit mehr als 12 Stunden ununterbrochen im Fahrzeug und wollte das Cockpit auch bis zu seinem Ausfall kurz vor Ende nicht räumen.
Warum Levegh seinen Partner Marchand nie ans Steuer liess, ist bis heute unklar geblieben. Bei jedem Boxenstopp stand dieser zum Fahrerwechsel bereit, aber Levegh fuhr immer unbeirrt weiter. Vermutet wird, dass Levegh befürchtet hatte, der unerfahrene Marchand könnte den schon angeschlagenen Motor überdrehen.
Letztlich führte aber ein Motorschaden zum Ausfall, eine Stunde und 10 Minuten vor dem Rennende! Als Levegh in der Mulsanne ausrollte, brach auf den Tribünen Entsetzen aus. Die grösstenteils französischen Zuschauer hatten fest mit einem Sieg des Franzosen Levegh gerechnet, der zum Zeitpunkt des Ausfalls unglaubliche sieben Runden Vorsprung auf die beiden verbliebenen Mercedes-Benz hatte.
Sieg von Mercedes-Benz
Als nach 24 Stunden die Werks-Mercedes als Sieger abgewinkt wurden, herrschte auf den Haupttribünen Totenstille. Selten davor und danach gab es für den Sieger sowenig Applaus durch das Publikum.
Den Erfolg erhielten aber auch die Mercedes-Fahrer nicht geschenkt, denn die Verhältnisse waren teilweise recht schwierig. So trat denn auch 1952 der gefürchtete Nebel in der Morgendämmerung auf. Dieser war so dicht, dass die Fahrer der 300-SL-Coupés ihre Flügeltüren öffnen mussten, um mit dem Kopf herausgestreckt den Wagen entlang der Bordsteine zu lenken!
Trostpreis für Ehepaar Levegh
Wie jedes Jahr vergab der ACO den "Coupe des Dames", eine Auszeichnung, die normalerweise die schnellste Rennfahrerin erhielt. Da aber 1952 keine Frau am Start war, erhielt die Frau von Pierre Levegh den Pokal, da sie die ganzen 23 Stunden ohne Unterbruch die Rundenzeiten ihres Ehemannes im Talbot-Lago gemessen hatte, eine ebenfalls wahrhaftig ausserordentliche Leistung!
Pierre Levegh hiess zum Nachnamen eigentlich Bouillin. Da er aber oft fälschlicherweise mit Bouillon zitiert wurde, legte er sich ein Pseudonym an. Hierzu wählte er den Nachnamen Levegh, da sein Onkel bereits unter jenem Namen im Motorsport bekannt geworden war.
Erster Sieg eines geschlossenen Wagens
Der Sieg von Hermann Lang und Fritz Riess ist bis heute nicht nur der einzige Gesamtsieg von Mercedes in Le Mans, sondern markiert auch den ersten Sieg für einen geschlossenen Sportwagen bei diesem Rennen.
Gesamtklassement
1. Lang-Riess (Mercedes-Benz 300 SL) 3733,780 km (155,574 km/h)
2. Helfrich-Niedermayer (Mercedes-Benz 300 SL)
3. Johnson-Wisdom (Nash-Healey)
4. B. S. Cunningham-Spear (Cunningham)
5. Simon-Vincen (Ferrari)
6. Valenzano-Ippocampo (Lancia)
7. P. Clark-Keen (Aston Martin)
8. Bonetto-Anselmi (Lancia)
9. Chambas-Morel (Talbot)
10. Peacock-Ruddock (Fazer-Nash)
11. Veuillet-Mouche (Porsche)
12. Plantivaux-Chancel (Panhard 851 cm3)
13. Becquart-Wilkins (Jowett)
14. Memard-Dussous (Panhard)
15. de Regibus-Porta (Renault 753 cm3)
16. Gaillard-Chancel (Panhard)
17. Redelé-Lapchin (Renault 747 cm3)
Filmempfehlung / Weitere Informationen
- Wir empfehlen besonders den Film "Le Mans 1952" wo in guter Qualität viele rare Filmaufnahmen zusammengeschnitten wurden.
- AR-Zeitung Nr. 27/1952 vom 18.Juni 1952, Seite 3: Mörderisches Ausscheidungsrennen in Le Mans
- ADAC Motorwelt Nr. 7/1952, Seite 25: Die 24 Stunden von Le Mans
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