Als der wichtigste neue historische Motorsportwettbewerb in über 15 Jahren war es grossmäulig angekündigt, das 72. Goodwood Members Meeting vom 29. bis 30. März 2014. Und was geboten wurde, verdient tatsächlich Hochachtung.
Verknüpfung mit der Tradition
Lord March startete den Goodwood Road Racing Club bereits 1998, mit dem Members Meeting knüpfte er an eine Tradition an, die in den Fünfziger- und Sechzigerjahren in Form von 71 Club-Meetings des British Automobile Racing Clubs begründet wurde. Mit der sicherheitsbedingten Schliessung des Goodwood Circuits im Jahr 1966 trat eine 48-jährige Pause ein, die nun sozusagen ein Ende gefunden hat.
Der Anlass stand nur Mitgliedern des Goodwood Road Racing Clubs offen und er versprach Unterhaltung und Action, wie man sich das von den deutlich stärker bevölkerten Goodwood Revival Anlässen gewöhnt ist.
Für die erste neuzeitliche Durchführung hatte man keine Mühen gescheut und ein Feld von rund 400 interessanten Rennfahrzeugen zusammengetrommelt, die in 12 Rennen und drei Demonstrationsläufen artgerecht bewegt wurden.
Ein Rennen nur für Bugattis
Fast 30 Bugattis fanden sich zu einem Marken-Cup zusammen, der als Grover-Williams Trophy für Vorkriegs-Bugattis ausgeschrieben war. 15 Bugatti 35, drei Bugatti 51, aber auch einige Exoten wie ein 57G, ein 39A sowie zwei 59 stürmten los, als die Startflagge gesenkt wurde.
Den Sieg fuhr Knoll-Jones auf einem Bugatti 35B nach Hause, gefolgt von Tom Dark auf einem Bugatti 59/50 B III. Die Rundendurchschnitte bewegten sich deutlich über 130 km/h, gebummelt wurde mit den wertvollen Rennwagen also nicht.
Und noch selten konnte man ein derartig blau dominiertes Feld rarer Vorkriegsrennwagen durch ein Osterglockenfeld ziehen sehen. Wohl alleine schon deshalb lohnte sich die Reise nach Südengland.
Erstmals ein Rennen für Autos der Achtzigerjahre auf dem Goodwood Circuit
Für ein “First” sorgte das Tourenwagenrennen für Fahrzeuge bis Jahrgang 1983, noch nie zuvor hatte es nämlich auf dem Goodwood Circuit ein Rennen für derart modernen “Saloon Cars” gegeben. Am Start waren Fahrzeuge wie der Ford Capri III (mit Emanuele Pirro am Lenkrad), der Rover 3500 SD1, der Chevrolet Camaro Z28 oder der Mazda RX7. Jochen Mass trat in einem BMW 2002 ti an.
Wie vom Goodwood Revival her bekannt wurde der Wettbewerb um die Gerry Marshall Trophy in zwei Rennen durchgeführt, das eine wurde von Profis bestritten, das andere vom Fahrzeugbesitzer. Beim ersten Rennen schwang Chris Ward im Rover 3500 SD1 vor Emanuele Pirro im Capri obenauf, und auch in der Endabrechnung waren die beiden respektive ihre Teamkollegen vorne.
Was aber mehr zählte als die Ergebnisse, war das Wiedersehen mit vielen raren Tourenwagen der jüngeren Rennsportgeschichte.
Le-Mans-Legenden in Bewegung
Natürlich begeisterten die Rennläufe das Publikum, aber fast genauso interessant waren die drei Demonstrationsfelder. Im Feld der Le-Mans-Prototypen wurden über 20 Rennwagen gezeigt, die aus einer Zeit stammten, bevor in Le Mans die Spitzengeschwindigkeiten mit Schikanen gesenkt wurden.
Für viel Aufsehen sorgte dabei unter anderem der Porsche 917 Langheck mit Martini-Bemalung, aber auch andere Wagen wie die Alpine-Renault A441, der Jaguar XJR9 LM oder die Porsche 956/962 kreierten echte Langstrecken-Rennatmosphäre.
Die F1-Turbo-Ära
Während in den historischen Formel-1-Meisterschaften meist mit Fahrzeugen aus der Ford-Cosworth-Zeit gefahren wird, durften in Goodwood für einmal die Turbo-Rennwagen der später Siebziger- und Achtzigerjahre auf die Rennbahn. Wenn man die alten Turbomotoren hört, wundert man sich, warum die modernen V6-Turbos der heutigen F1 so langweilig klingen.
Gemeldet für den Demolauf waren unter anderem zwei Alfa Romeo 183T, vier Arrows, drei Lotus-Renault, drei McLaren-TAG MP4, ein Ferrari 126 C4, zwei Renault und eine ganze Horde von Toleman-Hart. Auch der Zakspeed 871 figurierte auf der Startliste, während ein Williams-Honda FW10 und ein Benetton-BMW nur zu Ausstellungszwecken zur Verfügung standen.
In einem weiteren Demolauf liess man rund 20 Rallye-Fahrzeuge aus den Gruppe-B-Zeiten auf der Rundstrecke fahren. Die Geräuschkulisse und die locker bewegten Rennfahrzeuge wie MG Metro 6R4, Audi Sport Quattro, Lancia Delta S4 oder Citroën BX begeisterten das Publikum.
Fast wie ein Goodwood Revival
Natürlich traten auch klassische GT-Sportwagen an am letzten März-Wochenende, in der Moss Trophy massen sich Aston Martin DB 4 mit Ferrari 250 GT, Jaguar E Types und AC Cobra. Als Sieger ging ein Aston Martin DB 4 GT hervor, der seinen Sieg nur um eine halbe Sekunde vor dem interessanten Lotus 11 GT Breadvan retten konnte.
In der Sears Trophy traten Tourenwagen der Periode 1958 bis 1963 an, in der, wie es die Zuschauer lieben, David gegen Goliath, spricht Minis gegen Jaguar Mk 2 antraten. Das Salz in der Suppe waren Ford Lotus Cortina, Studebaker Lark, Wolseley Hornet, Alfa Romeo Giulia sowie Fiat Abarth 1500 S, Mercedes Benz 300 SE, Vauxhall VX 4/90, Isuzu Bellet, MG 1100 und ein Triumph 2000 Mk I. Am Ende hatte Nick Swift im Morris Mini Cooper S die Schnauze vorne, gefolgt von zwei Ford-Lotus Cortina und einem weiteren Cooper S. Der erste Jaguar allerdings lief erst auf Platz 15 ein. Goliath war besiegt.
Für Monoposto-Fahrer standen der Threlfall Cup (Formel Junior), die Clark-Stewart Trophy (1,5-Liter GP, 1-Liter F2 und F3 Einsitzer von 1961 bis 1965) und die Brabham Trophy (2,5-Liter GP-Einsitzer von 1954 bis 1960) zur Verfügung.
Sportwagenfahrer konnten sich im Rennen um die Peter Collins Trophy (Rennsportwagen bis 1955) und die John Surtees Trophy (Rennsportwagen 1960 bis 1966) vergnügen.
Im Rennen um die Tony Gaze Trophy kämpften Sport- und GT-Fahrzeuge bis 1959 gegeneinander, während im Salvadori Cup Rennsportwagen von 1955 bis 1960 um vorderste Positionen stritten.
Der Wettkampf der Häuser
Als Besonderheit hatte sich Lord March den Kämpf von vier “Häusern” um die Goodwood House Trophy einfallen lassen. Wer hier an Harry Potter denkt, liegt nicht ganz falsch, denn auch in Goodwood konnten in den Rennen und bei Aktivitäten darum herum Punkte für das jeweilige Haus gewonnen werden, dem der Fahrer zugeteilt war.
Als Sieger dieses Wettbewerbs ging Anthony Reids Methuen House hervor, die Häuser Darnley (Captain Jochen Mass), Torbolton (Captain Emanuele Pirro), und Aubigny (Nic Minassian) konnten geschlagen werden.
Offensichtlich waren alle Teilnehmer und Besucher mehr als angetan vom wieder-erfundenen Anlass, jedenfalls meinte Lord March am Ende: “Welch phantastischer Start für eine neue Veranstaltung! Die sensationelle Auswahl der Wagen und Fahrer war vermutlich die vielfältigste, die wir hier auf dem Circuit je hatten ... und alles fand in einem sehr intimen Rahmen statt, bei dem jedermann Teil des Ganzen sein konnte. Nun stellt sich uns aber die Herausforderung, wie wir die nächste Ausgabe, also das 73. Members’ Meeting noch eindrucksvoller gestalten können!”
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