Jack Turner (1916-2011) hatte Benzin im Blut. In den Vierzigerjahren bewegte er einen stark modifizierten MG K3 mit einigem Erfolg, schwenkte dann zum eigenen Special im Jahr 1951. Andere wurden auf ihn aufmerksam, bestellten Fahrgestelle und Aufhängungselemente. Turner perfektionierte sein Leiterrahmenchassis und erkannte neue Nischen im Markt.
Vom Special zur (Klein-) Serie
1955 präsentierte Turner den A30 Sports. Das Fahrgestell war leichtgewichtig und bestand aus je zwei dicken Längs- und Querrohren sowie Befestigungen für Fahrwerksteile, Antriebsstrang und Karosserie.
Der Aufbau bestand aus Kunststoff, die Aufhängungen stammten samt Vierzylindermotor und Getriebe aus dem Austin A30. Damit war Turner sogar dem Austin-Healey Sprite voraus und the British Motor Company sah in ihm einen Konkurrenten, weshalb die Teile teuer über Austin-Händler beschafft werden mussten, was den kleinen Sportwagen teuer werden liess.
Keine eigenen Motoren
Jack Turner ruhte natürlich nicht, seine Sportwagen besser, stärker und schneller zu machen. 1957 ersetzte der 950 cm3 grosse A35-Vierzylinder den A30-Motor. Er hiess nun 950S, sah aber immer noch fast gleich aus wie sein Vorgänger. Zudem präsentierte der Konstrukteur einen Variante mit Coventry Climax Motor.
Stetige Evolution
Deutlicher sichtbar waren die Änderungen, als 1959 nach etwa 260 produzierten Sportwagen der Turner Mark I präsentiert wurde. Angepasst waren vor allem die Front, die nun eindeutig moderner aussah, und das Heck worden. Das Chassis blieb weitgehend unverändert. 815 £ kostete der Mark I, dessen Interieur allerdings immer noch relativ "roh" daherkam.
Für die Sportfahrer rüstete Turner den Mark I wiederum auch mit dem Coventry Climax Motor aus, der je nach Tuning-Stufe 75 oder mehr PS mobilisieren konnte, was in Anbetracht von knapp 600 kg Leergewicht für ziemlich eindrückliche Fahrleistungen sorgte.
In Deutschland kostete der Turner Cimax im Jahr 1960 DM 13’200, womit der Wagen schon fast auf Porsche-Niveau landete.
Hybrid – Renn- und Alltagswagen
Bereits 1960 wurde der Mark I nach etwa 40 gebauten Exemplaren durch den komfortabler ausgestatteten Mark II abgelöst, den es nun auch mit Ford-Motoren mit 997, 1198, 1340 und 1500 cm3 gab. Zudem figurierte nun auch der von Alexander leistungsgesteigert Austin-Motor mit 60 PS (bei 5800 Umdrehungen) in der Preisliste.
1960 kostete die 42,5-PS-Austin-Version DM 9225, die 60-PS-Variante DM 10’225. Für einen 90 PS starken Climax-Turner musste man DM 14’200 bezahlen. Als Gegenwert erhielt man einen sehr kompakten Sportwagen von nur 3,508 Meter Länge und 1,373 Meter Breite, der in der Höhe (bis zur Windschutzscheibenkante) gerade einmal 1,165 Meter mass. 550 kg wog beispielsweise die 60-PS-Alexander-Ausführung, die damit auf weniger als 10 kg pro PS kam, einen Wert, den sonst nur schnelle und teure Sportwagen damals schafften.
Viele attraktive Details waren übrigens nur gegen Aufpreis erhältlich, etwa der Drehzahlmesser, Speichenräder oder Scheibenbremsen vorne.
Im Laufe der Produktion des Mark II wurden die Austin-Vorderradaufhängungen durch Triumph-Herald-Elemente ersetzt, hinten blieb es bei der Starrachse aus einer Kombination von Austin-Komponenten und selber entwickelten Teilen. Optisch änderte sich beim Übergang vom Mark I zum Mark II wenig, nur die Türen wurden etwas rechteckiger.
Rund 150 Mark II verliessen die Fabrik in Wolverhampton in den West Midlands.
Eine Handgranate
Die Automobil Revue konnte 1962 einen der raren Turner Mark II mit Climax-Motoren probefahren und zeigte sich begeistert:
“Ein ordentlich wilder, aufheulender Motor, der nur zu gern über den roten Strich drehen würde, ein leicht zu schaltendes, schönes Getriebe und eine hart anpackende Kupplung schufen den ersten Eindruck, der durch die harte Federung, die stichgenaue und direkte Lenkung und die satten Bremsen ergänzt wurden. Für den Verkehr ist diese kleine Handgranate nicht gedacht, aber auf einer Rundstrecke ist sie zu Hause. Noch bei 80 km/h schaltet man in den Zweiten zurück und braust weiter, und der Anzug scheint bei 140 km/h im Dritten immer noch erheblich zu sein. Strassenhaltungsprobleme traten auf dem Billard von Goodwood natürlich nicht auf, und die kurze Probefahrt war ein grosses Vergnügen.“
Der letzte Wurf
Gegen Ende 1963 wurde eine weitere Variation des Turner-Themas vorgestellt, der Mark III. Der bereits früher erhältliche Ford-(Kent)-Vierzylinder mit 1,5 Liter, der u.a. auch im Ford Cortina GT Dienst tat, wurde nun Standardmotorisierung im Turner Roadster. Von seinem Vorgänger unterschied sich der Mark III durch einen grossen Lufteinlass auf der Motorhaube und durch elliptisch geformte Heckleuchten. Die meisten Mark III wurden in die USA verschifft, wo der Wagen gerne von Sportfahrern, die am Wochenende an Autorennen teilnehmen wollten, gekauft wurde. Der Ford-Motor bot die ideale Basis für eindrucksvolle Leistungssteigerungen und mit einem Leergewicht von unter 600 kg war man auch für die Rennstrecke gut gerüstet.
Die amerikanische Zeitschrift “Sports Car Graphic” konnte im Sommer 1964 einen dieser Wagen testen und zeigte sich angetan, obschon die Komfortmerkmale nicht ganz den amerikanischen Gepflogenheiten entsprachen. So verloren die Testfahrer bei knapp über 100 km/h zweimal das Dach und sowieso artete das Aufsetzen der Kapuze in aufwändige Arbeit aus. Ein hartes Fahrwerk und minimale Geräuschisolation machten den Mark III, im Test als Mark II genannt, auch nicht gerade zum Langstrecken-Cruiser, obwohl sich das Interieur gegenüber früheren Versionen deutlich aufgewertet zeigte.
Die grosse Stunde für den Turner aber kam auf der Rennstrecke, wo er ein sicheres Fahrverhalten zeigte, das den Piloten zu einem sauberen Strich animierte. Mit einigem Tuning seien 140 PS möglich, viel Holz für den leichten Sportwagen.
Teuer war der Wagen allerdings weiterhin, für dasselbe Geld (USD 2995) gab’s in den USA schon ausgewachsene Limousinen mit grossen Motoren zu kaufen. Diese beschleunigten dann zwar vielleicht nicht in 12,8 Sekunden von 0 bis 96 km/h, aber sie boten mehr Annehmlichkeiten. Nur für die Rennstrecke taugten sich ganz sicherlich nicht.
Hätte Jack Turner 1966 nicht einen Schlaganfall erlitten, von dem er sich nur langsam erholte, so wäre die kleine Erfolgsgeschichte sicherlich weitergegangen. Doch so wurde die Sportwagenfirma schliesslich liquidiert, nach etwa 100 gebauten Mark III.
Was braucht man mehr?
Der Turner Mark III (oder MkIII) ist für heutige Verhältnisse geradezu radikal kompakt. Nur gerade ein Smart dürfte kürzer sein, in der Breite unterbietet der Brite mit nicht einmal 1,4 Metern sowieso alles, was man in den letzten 20 Jahren kaufen konnte. Trotzdem sind die Platzverhältnisse im Innern bei geöffnetem Dach überraschend generös, nur die Pedale liegen etwas nahe beieinander. Auch an der Ergonomie gibt es wenig zu bemängeln, der Schalthebel für das vollsynchronisierte Vierganggetriebe liegt gut zur Hand.
Gestartet wird per Zündschlüsseldrehung und Anlasserzug. Sofort ertönt ein sportliches Raspeln aus dem seitlichen Auspuff hinter der Fahrertüre. Der Antritt ist sportlich, die Federung weniger hart als befürchtet. Vermutlich beurteilen wir heute, von 30-er und 40-er-Niederquerschnitts-Reifen geschädigt, dies anders als damals.
Er macht einfach Freude, der kleine Roadster. Hier zeigt sich auch wieder einmal, dass ein komplett restauriertes Fahrzeug halt oft mehr Vergnügen bereitet, als eines, das halt schon viele Altersspuren zeigt.
Aufwändige Restaurierung
Obwohl an einem Turner nicht allzu viel dran ist, kann die Restaurierung trotzdem aufwändig sein. So sind die Türen mit Aluminiumblech überzogen. Oftmals fehlen wichtige Anbauteile wie etwa die Heizung oder ein originales Luftfiltergehäuse. Wenn spezifische Knöpfe fehlen, müssen diese aufwändig mit dem 3D-Drucker nachproduziert werden, das kann dann schon einmal einige hundert CHF/Euro pro Knopf kosten.
Beim gefahrenen Exemplar, das auf Basis eines guten und vollständigen Substanz komplett restauriert wurde, war dem Besitzer eine hohe Treue Originalität wichtig. Der Wagen sollte exakt so aussehen, wie er vor 55 Jahren die Fabrik verlassen hatte.
So wurde auch der Motor wieder türkisfarben gespritzt, denn dies war damals für nicht in eigenen Fahrzeugen verwendeten Motoren bei Ford so üblich.
Auch die Heizung wurde wieder funktionsfähig gemacht, die richtigen Kleber nachgefertigt und auch sonst viel Detailarbeit geleistet. Das Ergebnis überzeugt und wird sicherlich die nächsten 30 bis 50 Jahre Freude machen.
Wir danken der Classic Car Connection , die den roten Turner Mk III von 1964 restauriert hat.
Weitere Informationen
- auto motor und sport / Nr. 14 / 1960 - Seite 15: Die schnellen Turner
- AR-Zeitung Nr. 47 / 1962 vom 01.Nov.1962 - Seite 23: Fahrbericht Alexander Turner
- Sports Car World, Ausgabe Juli 1963, ab Seite 38: Test Turner Mk II
- Sports Car Graphic, Ausgabe September 1964, Seite 63: Test Turner Mk III
- Enthusiasten-Website Turner Sports Cars
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