Viele von uns haben als Buben Sport- oder Rennwagen gezeichnet, aber die wenigsten dürften schon mit 14 Jahren angefangen haben, einen der weltbesten Sportwagen zu konzipieren und schliesslich mit 24 Jahren auch zu bauen und zu Preisen auf Bugatti-Niveau zu verkaufen. Adrian Morgan Squire aber tat genau dies.
Ein geborener Konstrukteur
Adrian Squire wurde im Jahr 1910 geboren. Als er in die Schule ging, blickte man gerade auf das Ende des ersten Weltkriegs zurück. Es lag Euphorie und Zukunftsglauben in der Luft und Sportwagenbauern in Grossbritannien feierten neue Erfolge, ob sie nun AC, Aston Martin, Bentley, Frazer Nash, Invicta oder Riley hiessen. Der in guten Verhältnissen aufgewachsene Squire muss damals von den neuen Möglichkeiten der sportlichen Mobilität stark beeindruckt gewesen sein. Jedenfalls heuerte er mit 18 Jahren bei Bentley als Lehrling an und zog schliesslich zu MG weiter. Beide Unternehmen bauten gute Sportwagen, doch Squire wollte es besser machen.
Unternehmer mit 21 Jahren
Als ihm das Schicksal eine Erbschaft von 20’000 britischen Pfund brachte, machte sich Squire selbständig mit dem Ziel, den ultimativen Sportwagen zu bauen. Er sollte leicht und gleichzeitig fahrsicher sein, nur aus den besten Teilen und Materialien bestehen.
Squire gab sich mehrere Jahre, um seine Konzeptionen, die er bereits seit fast einem Jahrzehnt stetig verfeinerte, soweit voranzutreiben, dass er den ersten Wagen bauen konnte.
Vierzylinder mit Kompressor
Als Motor wählte er einen Vierzylinder, wie ihn D. D. Ross für Frazer Nash entwickelt hatte. Squire liess den Motor auf seine spezifischen Anforderungen hin bei Anzani bauen, Block und Zylinderkopf zeigten den Squire-Schriftzug.
Der 1493 cm3 grosse Reihenvierzylinder mit zwei obenliegenden Nockenwellen wurde mit einem Roots-Kompressor, den David Brown baute. So gerüstet leistete der kleine Vierzylinder beeindruckende 110 PS. Die Leistung wurde über ein Wilson-ENV-Vorwählgetriebe auf die Hinterräder geleitet.
Fortschrittliches Fahrgestell
Als Chassis nutzte er kombinierte Längs- und Querträger in Form eines Leiterrahmens, verstärkt um Diagonalstrukturen. Während der erste Wagen die Achsen noch unter dem Rahmen hatte, wurden spätere Fahrzeuge mit Achsen über dem Rahmen ausgerüstet (“underslung").
15,5 Zoll grosse Magnesium-Trommeln sorgten für eine überragende Bremsleistung. Die Hinterachse war starr an Blattfedern aufgehängt, während die Vorderräder, einzeln einfedern konnte. Die Reibungsstossdämpfer liessen sich der Fahrweise anpassen.
Unter 1050 kg leicht war ein fahrfertiger Wagen, was zusammen mit den über 100 PS zu fast konkurrenzlosen Fahrleistungen führte.
Verschiedene Aufbauten auf zwei Radständen
Die frühen Chassis wurden von Vanden Plas mit Aufbauten verstehen, doch auch H. Markham (Reading) und Ranalah boten (günstigere) Karosserien auf. Ein Fahrgestell wurde von Corsica eingekleidet.
Über 1200 Pfund kostete in den Dreissigerjahren einer dieser Sportwagen, nur wenige andere Wagen waren teurer. Aber auch nur wenige waren schneller, schliesslich wurde jeder Squire mit der Garantie verkauft, dass er in Brooklands über 100 Meilen pro Stunde (rund 161 km/h) erreicht hatte. Werksmechaniker kümmerten sich auch zuhause bei den Besitzern um das Wohl der Fahrzeuge.
Begeisterung
Während die damalige Motor-Presse vom neuen Wagen begeistert war und dessen sicheres Fahrverhalten und die überragenden Fahrleistungen (gestoppte 169 km/h) lobte, wollten die Kunden nicht so ganz anbeissen.
Einer der ersten Käufer hiess Val Zethrin, ein reicher Auto-Enthusiast aus Kent. Nachdem er einen dieser neuen Wagen in London gesehen hatte, bestellte er sofort selber einen und erhielt im Januar 1936 eine der ersten Versionen mit längerem Radstand - Chassis 1501, Motorennummer 1074 - und beauftragte die Firma Ramalah Coachworkds Ltd., eine viersitzige Tourer-Karosserie auf das Chassis zu setzen. Als Farbe wählte er Kastanienbraun, das Interieur liess er mit dunkelrotem Leder auskleiden.
Kurz nach dem Kauf meldete er den Wagen, der als “CLO 5” für die Strasse zugelassen worden war, für die RAC Rallye an und nahm auch an mehreren Anlässen auf der Brooklands Rennstrecke teil. 1937 verkaufte er den Sportwagen an seinen Freund Thomas Gibson.
Absatzprobleme
Die Geschäfte liefen nicht gut. Zwar konnte Adrian Squire sieben Wagen verkaufen, dies reichte aber nicht, um die bereits aufgelaufenen Kosten zu decken und so trennte er sich im Jahr 1936 bereits wieder von seiner Firma. Er selber wechselte wieder in den Angestellten-Status und trat bei Lagonda ein, nur um später zur Bristol Aerospace Company zu wechseln. Tragischerweise wurde er im Jahr 1940 bei einem Bomberangriff der Deutschen getötet.
Komplettrestaurierung
Noch 2011 wurde der Wagen von Fiskens an der Pariser Rétromobile in unrestauriertem Zustand angeboten.
Der Käufer aber unterzog den Wagen einer Komplettrestaurierung, die nicht weniger als 4100 Stunden Aufwand produzierte und anerkannte Experten wie Classic Motor Cars, Tim Abbott, Derek Chinn und Cecil Schumacher involvierte.
Im Jahr 2015 stand der Wagen dann wieder so da, wie ihn Val Zethrin fast 80 Jahre vorher gekauft hatte. In der Folge wurde der Tourer am Royal Concours of Elegance in Edingburgh und am Concorso d’Eleganza Villa d’Este gezeigt.
Jetzt soll der schnelle und elegante Sportwagen mithilfe von Gooding & Co am 20. Januar 2017 in Scottsdale einen Käufer finden, der bereit ist USD 1,5 bis 2 Millionen für den Wagen zu bezahlen. Ob es gelingen wird, werden wir schon bald wissen.
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