Man kennt den Lotus Elan als leichtgewichtigen britischen Roadster mit Klappscheinwerfern und Kunststoff-Karosserie. Der Turiner Designer Pietro Frua schuf 1964 auf der Basis des Lotus Elan ein hinreissend aussehendes, italienisch anmutendes Coupé aus Alumininium- und Stahlblech, das er “Elan SS” nannte.

Der Schweizer Lotus-Importeur Holiday Cars als Initiator
Initiiert soll dieses Projekt durch den Schweizer Lotus-Importeur Holiday Cars Import worden sein. Präsentiert wurde der Wagen im März 1964 am Genfer Automobil Salon auf dem Frua-Stand, was in der AR 13/1964 vom 18. März 1964 auf Seite 5 mit folgenden Worten beschrieben wurde:
“Auf dem Frua-Stand wurde eine besondere Neuheit gezeigt, nämlich ein Elan mit neuer Coupé-Karosserie aus Aluminium. Hier handelt es sich um den ersten Lotus, der von italienischer Hand eingekleidet wurde. Das Elan-Coupé ist eine kleinere Ausgabe des in Turin erstmals gezeigten Maserati-Coupés (Anmerkung: der spätere Maserati Mistral). Im Gegensatz zu den übrigen Elan besitzt der Frua-Wagen Speichen- und nicht Scheibenräder.”
Frua, einer der führenden Stylisten
Pietro Frua war zu dieser Zeit bereits als Designer von bekannten Serienwagen bekannt. AR-Chefredakteur Robert Braunschweig schrieb auf Seite 19 der Ausgabe 13/1964 dazu:
“Ein seltener Gast als Karossier ist der als Formgeber von Serienwagen (Maserati Quattroporte, Glas 1500 und 1300 GT) erfolgreiche Pietro Frua. In Genf zeigt er ein ausserordentlich gelungenes Coupé auf dem Lotus-Elan, das möglicherweise die Chance hat, in einer kleinen Serie produziert zu werden. Der gegenwärtige Stil von Frua wird durch folgende Elemente gekennzeichnet:
Das Gesicht wird durch eine Stossstange horizontal geteilt, über welcher die Motorhaube in sanftem Bogen nach vorne fällt. Die Lufteintrittsöffnungen für den Kühler liegen unterhalb der Stossstange. Die Silhouette zeichnet sich durch abgerundete äussere Begrenzungen, aber durch gebrochene Kanten der Fensterrahmen aus. Die Pavillons sind nach hinten verschoben und die untere Linie der Fenster ist so tief wie möglich gesenkt. Frua hat auf diese Weise einen persönlichen Stil entwickelt, der heute seinesgleichen sucht und der die jüngsten Erfolge dieses Karossiers erklärt, der früher durch übertriebene Schnörkel oftmals die Grenze des guten Geschmacks überschritten hatte. Heute ist Frua zu den führenden Stylisten zu zählen.”
Die stilistische Ähnlichkeit mit Fruas Maserati Mistral, der ebenfalls den Lufteinlass unter der Stoßstange hat, verleitete übrigens Auto Motor und Sport Chefredakteur Heinz-Ulrich Wieselmann zu der Bezeichnung „Westentaschen-Maserati” (ams 7/1964 vom 4. April 1964, S. 29).
Präsentiert an den Salons von Genf und Paris
Der Elan SS wurde nach dem Genfer Salon 1964 noch auf weiteren Auto-Ausstellungen gezeigt, so im Oktober 1964 in Paris sowie im März 1965 erneut in Genf.
Bei den damaligen Präsentationen war die Aussenfarbe rot, das Interieur in einem elfenbeinfarbigen Ton gehalten. Das Interieur unterschied sich wie auch das Äussere – die Karosserie bestand aus Stahlblech, Hauben und Türen nutzten Aluminium als Material – deutlich vom Serien-Elan 1600 S2, der die Basis für Fruas Elan SS bildete. Erstaunlicherweise soll das Gewicht des Frua-Elans trotz luxuriöser Ausstattung nur 6 kg über dem der serienmäßigen Kunststoff-Roadsters gelegen haben.
Produktionspläne
In einer Pressemitteilung wurde 1964 der Plan bekanntgegeben, die Karosserie bei Frua bauen zu lassen und dann in drei Werken in England, Italien und der Schweiz zu komplettieren. Zu einer Serienproduktion kam es jedoch nicht. Im Herbst 1965 brachte dann Lotus selbst ein Elan Coupé - allerdings aus Kunststoff - auf den Markt.
Vorübergehend verschollen
Der Wagen kam laut Lotus ehemaligem Verkaufsdirektor Graham Arnold (In: Lotus Buyer Guide, 1986) erst 1967 auf die Strasse. Erster Besitzer war der Schweizer Formel-1-Rennfahrer Silvio Moser, der ihn im März und Juni 1967 in der Automobil Revue annoncierte. Danach hatte das Einzelstück mindestens zwei weitere Besitzer im Raum Lugano. Der letzte bot den Wagen in den Jahren 1977, 1978 und 1982 in der Automobil Revue zum Kauf an. Danach verliert sich die Spur des “Elan SS”. Ein Aufruf des Club Lotus im britischen Magazin „Thoroughbred & Classic Cars“ brachte im April 1995 vage Hinweise auf den Verbleib des Einzelstücks in Japan oder England.
Inzwischen soll der Wagen wieder aufgetaucht sein und sich in einem Restaurierungsprozess befinden. Mit einem Wiedersehen mit diesem durchaus sehenswerten Entwurf an einem Concours d’Elegance kann also in absehbarer Zeit gerechnet werden.
Noch eine Zusatzbemerkung: Neben dem Frua-Coupé gab es noch ein weiteres Aluminium-Coupé auf Elan-Basis, das für Ian Walker als Rennsportwagen gebaut wurde (siehe auch Kommentar unten).
Weitere Informationen
- AR-Zeitung Nr. 13/1964 vom 18.Mrz.1964 - Seite 5: Rasse und Tempo am Genfer Salon, u.a. Lotus Frua
- AR-Zeitung Nr. 13/1964 vom 18.Mrz.1964 - Seite 19: Genfer Spezialkarosserien, u.a. Lotus Frua
- Auto Motor und Sport Heft 7/1964 vom 4. April 1964, Seite 29: Genfer Notizbuch, u.a. Lotus Elan SS
- Frua-Website: Lotus Elan SS
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www.pietro-frua.de/1964_lotus.htm
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