Am 15. September 1948 flog Major Richard L Johnson an Boder des Düsenjets North American F-86A-3 Sabre einen neuen offiziellen Geschwindigkeitsrekord ein. 1079.6 km/h schnell war er dabei. Dies reichte zwar nicht, um den Schall hinter sich zu lassen, aber das Interesse gerade in Amerika war trotzdem enorm.
Da wollte Battista “Pinin” Farina, der sein Auge schon länger auf den amerikanischen Markt geworfen hatte, nicht zurückstehen und er übernahm Design-Elemente des Düsenfliegers für seine neue Kreation.
Premiere auf dem Turiner Salon 1952
Am Turiner Salon präsentierte Pinin Farina im April 1952 seinen neuen - wohl in Anlehnung an den Jet mausgrau lackierten - Wurf, der sofort auf grosses Interesse stiess.
Ungeteiltes Lob wurde dem Sportwagen, der auf dem Fahrgestell des Lancia Aurelia B52 ruhte, allerdings nicht zuteil.
Die Automobil Revue kommentierte am 30. April 1952 unter dem Titel “Düsenstil auf Lancia-Fahrgestell” noch zurückhaltend:
“Eine der Hauptattraktionen des Turiner Salons ist ein von Pinin Farina karossierter Lancia Aurelia, bei dessen Gestaltung sich Farina von der Architektur von Düsenflugzeugen inspirieren liess. Neben der wuchtig-einfachen Frontgestaltung und den nicht verchromten, glatten Radkappen ist die Form der Windschutzscheibe bemerkenswert, welche auf der rechten Seite etwas nach oben verlängert ist und den Fahrer besonders gut vor Zugluft schützen soll.”
Da hielt sich die ADAC Motorwelt im Juni 1952 schon weniger zurück:
“Eine weitere neue Linie hat Pinin Farina - unter Anlehnung an den „Sabre" - selbst an- gedeutet. Der P. F. 2000-Sportwagen soll einen außergewöhnlichen Wagen mit ganz eigener Wirkung darstellen. Der Geschmack mag sich noch wandeln, doch für den Moment halten wir das dem heutigen Stil entsprechende Lancia-Coupé von Pinin Farina für unvergleichlich schöner als den P. F. 2000.”
Verhaltenes Echo, aber kein Aufgeben Farinas
Der Meister liess sich nicht beirren. Bereits im Oktober 1952 präsentierte er in Paris am 39. Salon d’Auto eine zweite Version des neuen Themas. Er setzte ein grosszügig verglastes Dach auf den Spider, was den Entwurf deutlich eleganter wirken liess.
Die restlichen Designelemente wurden praktisch unverändert übernommen, auf der Flanke prangte neu ein Lüftungsgitter hinter den Türen.
Für Genf kam dann wieder eine offene Variante zu Ehren. Sie wies wie das Pariser Coupé einen Kühleinlass hinter den Vorderrädern auf und wirkte offensichtlich auf die Beobachter deutlich harmonischer. Zumindest berichtete die Automobil Revue am 11. März 1953 unter dem Titel “Pinin Farinas dritter Traumwagen” entsprechend:
“Der schönste unter den Wagen Pinins ist der dritte Versuch eines als «Düsenauto» verkleideten Roadsters. Er ist im Gegensatz zu den Vorgängern voll gelungen.”
Und: “Nach dem Coupé wieder ein Roadster - geradezu eine moderne Reinkarnation des unvergessenen Auburn-Roadsters dar dreissiger Jahre.”
Besonders interessierte sich die Automobil Revue auch für die Gestaltung der Kühleröffnung. So wurde im Dezember 1953 über dieses Designelement geschrieben:
“Die Funktion der Kühlluftöffnung ist beim Lancia Aurelia pf 200 von Pinin Farina in edler und reiner Form dargestellt. Die Klappen der Jalousie und ihr Halter werden ohne falsche Scham gezeigt. Obere und untere Querschlitze können zur Aufnahme der Verbrennungs- und der Ölkühlluft dienen. Auch die Scheinwerfergrösse muss sich keinen übermässigen Begrenzungen unterziehen. Dagegen lässt sich die Stossstange in die Kreismotive nur noch als Rudiment eingliedern.
Zu diesem Zeitpunkt war die Kühleröffnung vorne immer noch beinahe rund und ohne Chromschmuck gestaltet, während die Ur-Version einen schlanken Chromring getragen hatte. Bereits aber sprach man vom “pf 200”, wann und warum die eine “0” verloren gegangen war, ist unklar.
Inzwischen hatten offensichtlich auch erste Kunden angebissen, zumindest wurde in der Presse im Dezember 1953 berichtet, dass bei Pinin Farina ein pf 200 auf Cadillac-Basis im Bau sei. Diese Version war vermutlich für die Jazz-Grösse Norman Granz bestimmt.
Weiterentwicklung
Pinin Farina gab nicht auf, er hatte eine kleine Serienproduktion im Auge und entwickelte seinen Entwurf stetig weiter.
Im März 1954 stand wiederum eine offene Version in Genf am Salon. Die AR schrieb dazu am 17. März 1954:
“Das Thema des «Raketenautos», das er (Pinin Farina) pf 200 nennt, wandelt er in Genf als neues zünd-brandrotes Cabriolet mit schwarzem Verdeck ab. Die Genfer Ausführung unterscheidet sich schon wieder etwas von der letzten Version, die in Brüssel ausgestellt worden war.
Die Frontverschalung des jüngsten Cabriolet Pinin Farina pf 200 ist leicht elastisch auf Gummipuffer montiert und kann bei ganz leichten Berührungen als Schutz des Wagens wirken.”
Tatsächlich hatte sich die Front des pf 200 leicht gewandelt. Die Kühleröffnung trug nun (wieder) einen (breiten) Chromschmuck und war bei den Versionen des Jahres 1954 deutlich flacher, als in Ellipsen-Form ausgelegt, was eleganter wirkte. Auch die Stossstangen waren deutlich ausgebildeter. Insgesamt wirkte der Wagen gefälliger.
Dies zeigte sich auch bei den Coupés, die in dieser Zeit entstanden und das Front-Design der Genfer-Variante übernahmen. Die Glaskuppel allerdings war leider verschwunden, hinter der Fahrertüre waren nun Blechverkleidungen mit Kühlschlitzen montiert.
Rund sechs bis acht Exemplare
Leider gingen viele der originalen Dokumente bei einem Brand in der Pinin-Farina-Fabrik verloren, so dass es nicht mehr ganz klar ist, welche der gezeigten Wagen jeweils auf einem neuen Chassis entstanden oder nur eine Modifikation eines früheren Prototypen waren. Auch ist die Gesamtzahl der zwischen 1952 und 1955 entstandenen Einzelstücke unklar, man spricht von sechs bis acht Exemplaren, wovon noch vier im Umlauf sein sollen.
Im Detail sind alle bekannten pf 200 unterschiedlich, so wurden die sechs (!) Auspuffenden teilweise unter den Stossstangen durchgeführt oder auch oberhalb durch eine Karosserieöffnung montiert.
Die offenen Versionen wiesen mehr oder weniger nützliche Dachkonstruktionen auf, nicht alle konnten auf einfach versenkbare Seitenscheiben zählen.
Die technische Basis
Als Fahrgestell nutzten alle Lancia-pf 200-Varianten das B52-Chassis mit dem längeren rund 2,9 Meter langen Radstand, das die Turiner in fast 100 Exemplaren an Karossiers auslieferten.
Als Motor kam der V6 mit 1991 cm3 zum Einsatz der je nach Ausführung 75 oder 90 PS abgab.
Chassis B52-1051
Dieser Wagen, der heute in einer grün-metallisierten Farben, die dem originalen Farbton entsprechen soll, gilt als zweites Cabriolet, das gebaut wurde. Das erste Cabriolet war wohl B52-1004, das ebenfalls noch existiert. 1051 weist heute bereits eine verchromte, aber noch runde Nase auf und wechselte 2005 an einer Versteigerung von Christie’s in Monterey für USD 257’000 die Hand.
Chassis B52-1052
Auch beim Chassis B52-1052 handelt es sich um ein Cabriolet. Es fand im August 2014 an der RM Auction von Monterey für USD 1,1 Millionen (Schätzpreis 1,0 bis 1,5 Millionen) einen neuen Besitzer. Gemäss RM soll es sich dabei um den Wagen gehandelt haben, der 1953 auf dem Genfer und Turiner Salon stand. Allerdings zeigen sich bei näherer Betrachtung optische Unterschiede zwischen dem Genfer Auto und B52-1052, die natürlich auch nachträglich bei Restaurierungsarbeiten entstanden sein konnten.
Tatsächlich wurde das eigentlich recht gesunde Fahrzeuge zwischen 2003 und 2013 sehr grundlegend restauriert. Dabei wurde viel Gewicht auf möglichst hohe Originalität gelegt und dazu auch viel Geld investiert.
Chassis B52-1052 soll mit Nunmernschild “Milano 215522” 1953 am Concorso d’Eleganza in Stresa International aufgetreten sein und dabei ausgezeichnet worden sein. Um 1960 gelangte der Wagen nach Übersee und wechselte danach bis zur Versteigerung zwei Mal die Hand.
Hoffentlich sieht man das schöne Auto bald wieder!
Weitere Informationen
- AR-Zeitung Nr. 20 / 1952 vom 30.Apr.1952 - Seite 1: Turiner Autosalon
- ADAC Motorwelt Nr. 6 vom 1. Juni 1952 - Seite 13: Sportwagen beherrschen Turiner Salon
- AR-Zeitung Nr. 43 / 1952 vom 08.Okt.1952 - Seite 9: Die Weltproduktion in Paris
- AR Zeitung Nr. 12 / 1953 vom 11. März 1953: Kampf um die Form
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Der 1954 Ausgabe wurde redisignet am hinten beim Aldo Brovarone.
Wann Aldo Brovarone die Maserati A6G PF 1954 design hätten, haben sie die Inspiration zum Front, bekommen von die Aurelia PF 200
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