Mit vollem Namen hiess der Skoda "Versuchswagen S 440 mit Kunststoffkarosserie" - eine lange Bezeichnung für ein Auto, das es nur einmal gab. Und seine Geschichte ist von vielen Wendungen gekennzeichnet und endet doch mit einem Happy End.

Den Roadster als Ergänzung der Modellreihe Skoda 440 1955 entwarf Otakar Diblik, ein Architekt der Technischen Hochschule Brno, mit dem Ziel, die Modellreihe Skoda 440 zu ergänzen.

Diblik arbeitete damals als Entwickler im Karosseriewerk Karosa Vysoke Myto (Nord Ost Böhmen, Tschechische Republik). Das Unternehmen Karosa war, als es noch Sodomka hiess, die führende Karosserie-Firma in der Tschechoslowakei. Dies war in der Zeit zwischen den Weltkriegen. Ihr Inhaber Sodomka wurde für seine Karosserie-Kreationen mit den berühmtesten Autodesignern der Zeit verglichen.

Niemand ahnte allerdings im Voraus, mit welchen Schwierigkeiten die Konstrukteure des innovativen Roadsters zu kämpfen haben würden. Probleme mit dem Material und der Konstruktion führten zusammen mit politischen Hindernissen schliesslich zum Scheitern des Projektes.
Leichtgewichtige Kunststoff-Karosserie
Die Karosserie des Roadsters wurde in einem auf Glasfaser-Laminat Technologien spezialisierten Werk namens Kovona in Karvina (Nord Mähren, nahe Ostrava) hergestellt.

Die Rohkarosserie wog lediglich 56 kg. Bei Karosa/Vysoke Myto wurden, unter der Leitung von Ing. Nalezenec, für den Roadster das serienmässige Fahrgestell und andere Bauelemente sowie Instrumente der gängigen Typen Spartak 440 und S 1200 montiert, darunter auch ein elfenbeinfarbenes Lenkrad.
Änderungen gegenüber der Basis
Einige Änderungen sind hierzu noch erwähnenswert. So wurde zum Beispiel die Vorderachse durch Torsionsstäbe abgefedert. Die Hinterachse, für die damalige Zeit ungewöhnlich, wurde zuerst mit pneumatischen, dann sogar mit hydro-pneumatischen Bälgen bestückt.
Das Armaturenbrett wurde umgestaltet, eine hintere Sitzbank ganz ausgelassen, dafür gab es eine gepolsterte Gepäckablage.
Roadster als Experimentierfeld
Der Wagen diente gleichzeitig als Testfahrzeug, um neue Wege bezüglich Materialtechnik und Konstruktion zu beschreiten.

Das Hardtop beispielseise wurde als leichte Konstruktion aus Plexiglas hergestellt, mit filigranen Verstärkungen, die keine waren, denn sie wurden nur farbig angedeutet. Die Bauweise erinnerte an ein U-Boot oder an ein Fahrzeug aus Science-Fiction-Filmen. Diese Dachkonstruktion zeigte allerdings Nachteile bezüglich Festigkeit und der Treibhauseffekt an sonnigen Tagen war bedeutend. Ein herkömmliches Cabrioletdach besass das Auto gar nicht.
Schon bald wurde klar, dass es der hübsche Wagen nie zur Serienreife bringen würde. Trotzdem war der Spartak eine attraktive Erscheinung. Die elfenbeinfarbene Karosserie kontrastierte mit einem blauem Unterbau. Das Interieur war im grau-blauem Kunstleder ausgeführt.

Missglückter erster Auftritt
Die erste, öffentliche Vorstellung dieses Prototyps fand 1956 in Mlada Boleslav statt. Sie verlief überhaupt nicht nach Plan. Während eines Wettbewerbs, an dem der Karosa-Spartak teilnahm, hatte der Werksfahrer einen Reifenschaden. Das Auto, u. a. die Frontpartie, wurde dabei stark beschädigt. Eine schnelle Reparatur vor Ort mit Kunststoff versuchte man später als Vorteil in der Werbung auszunützen.

Während weiteren Testfahrten flog das ultraleichte Original-Plexiglasdach weg.
Im September 1956 gehörte der GFK-Skoda Roadster zu den am meistbewunderten Exponaten an der Industrie-Messe in Brno. Offiziell hiess es: „Es handelt sich um einen Prototyp, mit dem die Eigenschaften des neuen Polytex-Kunststoffs getestet werden sollen.“
Um das Jahr 1958 herum wurde eine Frontscheibe des Typs S 450 montiert, aber der Roadster kam nicht in den Genuss eines neuen Daches. Danach wurde er nur noch als reiner Roadster präsentiert. Auch so blieb die Hoffnung, einst als Kleinserie aufgelegt zu werden, unerfüllt, dokumentierte Jan Tucek in seinem Buch „Spartak, Octavia, Felicia“.
Schon bald hatte sich nämlich gezeigt, dass die Karosserie nicht steif genug war. Sie musste an besonders beanspruchten Stellen mit Metalleinlagen verstärkt werden. Weitere, eigentlich notwendige Verstärkungen, hätten zu viel Gewicht mit sich gebracht. Der 1089 ccm grosse Motor leistete nur 40 PS und das Auto erreichte damit eine maximale Geschwindigkeit von 120 km/h, ein eigentlich moderates Tempo, das die Karosserie aber bereits erheblich belastete.
Allmählicher Zerfall
Nicht nur die technischen Mängel, die ungelöste Materialfragen, sondern auch politischen Wirren in den zuständigen Ministerien hemmten das Projekt. Intrigen im Stammwerk Skoda Mlada Boleslav hatten schliesslich zur Folge, dass die Konstruktion gänzlich fallen gelassen wurde.
Das Einzelstück verkümmerte nach seiner “aktiven Zeit” an Automessen und Ausstellungen immer mehr zu einem Wrack.

Zu Beginn der Sechzigerjahrejahre landete das verwaiste Auto in einer abgelegenen Ecke des Karosa-Areals - im Heizgebäude.
Vorläufige Rettung des Prototyps
Schliesslich kaufte es sein Ziehvater, Ing. Nalezenec, zur privaten Nutzung. Er brachte zeitgemässe „Verbesserungen“ an, indem er zum Beispiel die hinteren Kotflügel mit amerikanisch anmutenden Heckflossen ergänzte. Die Schlusslichter ersetzte er durch Teile eines Ford Cortina 1200 und für die Frontpartie passte er eine Tatra 603-Kühlermaske an.
Schliesslich verlor er das Interesse am Skoda Roadster und verkaufte den verbastelten Roadster seinem Schwiegersohn nach Pardubice, wo er dann, aufgebockt auf Holzpflöcken, auf bessere Zeiten hoffte ...

Aber es kam noch schlimmer. Der neue Besitzer konnte die geplante Restauratierung krankheitshalber nicht in Angriff nehmen.
1998 verkaufte seine Mutter das Wrack an Frantisek Hrbacek aus Javornik.
Wiederaufbau
Obwohl das Auto in einem sehr schlechten mechanischen Zustand war, zeigte die Karosserie, dass das Polytex-Material recht widerstandsfähig war. Das Karosa-Firmenmuseum in Vysoke Myto stellte dem neuen Besitzer eine komplette Dokumentation, samt allen zeitgenössischen Fotos, zur Verfügung. Hrbacek konnte massstabsgetreue Gipsabgüsse herstellen und mithilfe dieser die Karosserie Stück für Stück wieder in ihrer ursprünglichen Form auferstehen lassen.
Da das Original-Plexiglasdach nicht mehr auffindbar war und sich zudem ja als wenig praktikable Lösung erwiesen hatte, wurde anstelle davon auf ein Serien-Skoda-Feliciadach zurückgegriffen.
Zu neuem Glanz verholfen
Besitzer Frantisek Hrbacek beschloss schliesslich, den Oldtimer in unvollendetem Zustand zu verkaufen. Natürlich war der Preis der Seltenheit entsprechend hoch. Durch den Tausch gegen einen Oldtimer nach Wahl kam schliesslich der Verkauf zur Zufriedenheit beider Parteien zu Stande. So gelangte das Einzelstück nach Hradec Kralove (Königsgrätz, etwa 100 Km nordöstlich von Prag).

Der neue Besitzer engagierte ausgewiesene Fachleute für die Vollendung der Restaurierung. Die beste Sattlerei in Tschechien wurde beauftragt, ein Faltdach anzupassen, der Lack wurde in den ursprünglichen Farbtönen aufgetragen, Interieur und Technik auf Vordermann gebracht.
So endete die Odyssee schliesslich im Happy End, ein wichtiges Einzelstück aus der Skoda-Geschichte konnte gerettet werden.
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