Im Jahr 1969 gab Ford den Autofahrern in Europa einen Grund zum Träumen, denn am 21. Januar jenes Jahres wurde der Ford Capri präsentiert und das sportlich gezeichnete Coupé mit langer Haube und kurzem Heck raubte fortan vielen Autokäufern den Schlaf. 12 Jahre später war der Glanz des Capri zwar etwas verblasst, doch die Ford-Ingenieure verschafften dem Familiensportwagen durch Einbau eines 160 PS starken Sechszylinders neuen Schub.
Ein Mini-Mustang
Die erste Ausgabe des Ford Capri glänzte weder durch innovative Motorentechnik noch durch ausgeklügelte Fahrwerkskonzepte. Der Capri war ein einfach konzipiertes und alltagstaugliches Coupé für die kleine Familie, das mit sportwagenmässigem Design und viel Auswahlmöglichkeiten für wenig Geld Autoindividualität offerierte.
Dem Leistungshungrigen wurde anfangs der Siebzigerjahre mit dem RS 2600 ein Gerät in die Hand gegeben, mit dem man Porsches versägen konnte und auf der Autobahn zu den Schnellsten gehörte. Die Aufgabe des RS 2600 war es aber vor allem, die Homologationshürde für den Gruppe-2-Tourenwagen-Rennsport von 1000 Serienfahrzeugen zu überschreiten, was dem mit mechanischer Kugelfischer-Einspritzung ausgerüsteten Sechszylinder problemlos gelang.
Sorgsame Modellpflege
Im Februar 1974 wurde nachgebessert, als Capri II überzeugte das Coupé nunmehr mit einer praktischen Heckklappe, umklappbarer Fondsitzbank, neuen Motoren und einem geglätteten Design. Es durfte nun etwas mehr Luxus sein und die Motoren brachten es bis 138 PS (im Falle des Dreiliter-Modells).
Die Luft um den Capri wurde allerdings zunehmend dünner und selbst die Rennsporterfolge (u.a. Tourenwagen-Europameister 1971/1972, Deutscher Rennsportmeister 1972/1973) konnten die Absatzzahlen im Gegenwind der GTI-Generation nicht genügend stützen.
Die dritte Generation
Im März 1978 debütierte die dritte Generation des Ford Capri. Sie verfügte einmal mehr über eine modifizierte Karosserie, wobei vor allem die neue Front mit Doppelscheinwerfern und der aerodynamisch günstige Lamellengrill auffielen. Dank vieler Änderungen konnte der cw-Wert von 0.405 auf 0.386 gesenkt werden, sicherlich ein guter Wert für das in die Jahre gekommene Coupé. Immerhin wies der Porsche 928 damals einen cw-Wert von 0.438 auf.
Als Motoren wurden vorderhand Vierzylinder- und Sechszylinder-Aggregate mit 1,6 bis 2,3 Liter Hubraum angeboten. Am grundsätzlichen Layout des bereits neunjährigen Sportwagen wurde nicht gerüttelt.
Die Preise lagen um die 18’000 DM oder ähnlichen Beträgen in Franken, der Capri war teurer, aber nicht teuer geworden.
Neues Spitzenmodell
Auf dem Genfer Automobilsalon von 1981 debütierte dann ein Modell, das sogar Sportwagenfans zum Grübeln brachte. Mit 160 PS aus 2.8 Litern Hubraum katapultierte sich der Capri 2.8 Injection direkt zwischen Alfa Romeo GTV6, Mazda RX-7, Opel Monza 3.0 E, Porsche 924 und Mitsubishi Starion EX, preislich aber lag er trotz guter Ausstattung mit DM 25’950 oder CHF 25’890 günstiger als die Alternativen aus Italien, Japan oder Deutschland.
Mit seinen Recaro-Sitzen, dem komplett instrumentierten Armaturenbrett und sogar einem ohne Aufpreis gelieferten Autoradio machte der Ford in den Verkaufsräumen sicherlich eine gute Falle, wie langweilig wirkte da manche Kompaktlimousine im Vergleich.
Schliesslich war der Capri trotz seines Alters von nunmehr 12 Jahren ein echtes Sportcoupé geblieben, das trotz hinterer Starrachse dank stetiger Modellverfeinerung beim Fahren immer noch viel Spass bereitete.
Kein RS 2600 Nachfolger
Obschon sich der Vergleich aufdränge, wollte der 2.8 Injection kein direkter Nachfolger des legendären RS 2600 sein. Er war deutlich komfortabler und alltagszahmer geraten, allerdings ohne deswegen deutlich im Temperament abzufallen. In 8,2 Sekunden spurtete der Capri mit Bosch-K-Jetronic von 0 auf 100 km/h, die Spitze wurde von AMS mit 208,7 km/h gemessen. Mit diesen Fahrleistungen sah der Capri gegenüber der Konkurrenz gut aus, nur der GTV6 enteilte ihm auf der Autobahn.
Im Verbrauch sah es weniger gut aus. 14,7 Liter verbrauchten die AMS-Testfahrer pro 100 km, ein Porsche 924 schaffte das Pensum dagegen mit 9,6 Litern. Kein Wunder kreidete Werner Schruf von AMS dem Capri allzu unbescheidene Trinksitten an, während die Kollegen aus der Schweiz das Gaspedal offenbar weniger forsch bedienten und “nur” 12,1 Liter im Schnitt verbrauchten, was sie gegenüber den 17 Litern, die ein RS 2600 bei beherzter Fahrweise verbrannte, als Fortschritt erachteten.
Ausgereiftes Fahrverhalten
Eine hintere Starrachse gehörte in den Achtzigerjahren sicherlich nicht mehr zum guten Ton. Trotzdem schlug sich der Ford Capri 2.8 Injection in den Tests überraschend gut. Die Automobil Revue notierte:
“Im Laufe der Jahre hat der Ford Capri eine ständige Weiterentwicklung vor allem auf dem Fahrwerksektor durchgemacht. Gab es beim RS 2600 im Jahre 1971 hauptsächlich noch den mangelnden Gerädeauslauf bei hohen Tempi, das übermässige Untersteuern in engen Biegungen, das ständige Abheben des kurveninneren Antriebsrades beim Beschleunigen aus Kurven heraus sowie die brettharte Federung zu bemängeln, so sind heute beim 2.8 Injection in all diesen Punkten durchwegs Verbesserungen zu notieren. Mitverantwortlich dafür dürften nicht zuletzt die Flachreifen der Serie 60 (Verhältnis Reifenhöhe/Reifenbreite 0,6:1) von Pirelli (P7) bzw. Goodyear (NCT) sein. Sie sorgen für ausgezeichneten «Grip» bei Blitzstarts, aber auch für ein erfreulich ausgewogenes Kurvenverhalten bei hohem Tempo.
Dank der installierten Servolenkung ist der Lenkkraftaufwand auch beim Manövrieren im Stand und bei rascher Kurvenfahrt gering, und die niedrigen Reifenflanken sorgen für einen unverzüglichen «Response» auch auf kleine Lenkradausschläge. Zu einem Durchdrehen des kurveninneren Antriebsrades kommt es beim 2.8 Injection nur noch dann, wenn aus sehr engen Biegungen heraus in einem unteren Gang Vollgas gegeben wird. Auf Nässe ist diese Tendenz naturgemäss noch ausgeprägter, doch anders als beim RS gehört eine Differentialbremse nicht mehr an oberste Stelle der Wunschliste.
Der Geradeauslauf ist auch bei hohen Geschwindigkeiten recht gut, obschon die breiten Pneus eine gewisse Bereitschaft zeigen, Längsrillen nachzulaufen.”
Die Federung wurde von den AR-Schreiberlingen zwar als straff beschrieben, der Komfort sei aber auch auf langen Fahrten recht gut, was man zumindest teilweise den bequemen Recaro-Sitzen verdanke.
Nicht ganz so positiv lautete das Urteil von Auto Motor und Sport, vor allem kritisierte man, dass die an Blattfedern geführte starre Hinterachse auf unebener Fahrbahn schnell an ihre Grenzen komme.
“Man merkt dem Capri ohnehin an einigen konstruktiven Lösungen an, dass er prinzipiell unverändert ins achte Produktionsjahr geht. Darüber kann auch der für gute Fahrleistungen sorgende Einspritzmotor nicht hinwegtäuschen. Dennoch ist der 2.8 Injection nicht ohne Reiz, zumal er mit einem Anschaffungspreis von 25’950 Mark als preisgünstiges Angebot gelten kann”, schloss Schruf seine Beurteilung ab.
Verlängertes Ende
Der grösste Kritikpunkt war im Prinzip das fehlende Fünfganggetriebe, denn tatsächlich wurde der 2.8-Liter mit Viergangschaltung präsentiert. Den fünften Gang erhielt er dann doch noch, trotzdem nahte das Ende des in die Jahre gekommenen Capris.
Der Erfolg des Einspritzmodells verlängerte die Auslaufphase, im Herbst 1984 aber wurden die letzten Linkslenker-Capris gebaut. Im Dezember 1986 stoppte auch die Fertigung der Rechtslenker, nach 17 Jahren Bauzeit und fast 1,9 Millionen produzierten Exemplaren war der Capri Geschichte.
Immer noch gut!
Wer sich in den Ford Capri setzt, wird sofort von nostalgischen Erinnerungen gepackt. Es genügt ein Blick auf das Kassettenradio, die Analoguhr oder das hübsche Sportlenkrad. Die Instrumente lassen sich, sofern sie sichtbar sind, bestens ablesen und die Bedienung des inzwischen schon lange zum Oldtimer gereiften Coupés gelingt ohne Studium der Betriebsanleitung (die im Übrigen auf zwei Seiten Platz hat) auf Anhieb. Es braucht auch nicht viel dazu, denn es ist alles übersichtlich angeordnet, wenn die einzelnen Schalter auch nicht immer genau da montiert sind, wo sie der neuzeitliche Autofahrer zuerst sucht.
Man sitzt gut in den Sportsitzen, aber wie ein Sportwagen fühlt sich der Capri trotzdem nicht an, eher wie eine etwas flacher geratene Limousine. Dieser Eindruck ändert auch nicht, wenn man losfährt. In Zeiten drehmomentstarker Turbodiesel wirkt der Capri zwar kräftig genug, aber nicht superschnell. Dies ändert sich auch bei der nächsten Kurvenkombination nicht, wo das Coupé überraschend starke Schräglagen zeigt. Mit 1,2 Tonnen darf man auch nicht die Agilität eines Lotus Elan erwarten. Dem Fahrspass ist dies alles nicht abträglich, man stellt sich schnell auf die Eigenheiten des Capris ein.
Es ist die Ausgewogenheit und die gefühlte Solidität, die den Capri zusätzlich sympathisch macht. Er wirkt heute noch so, als ob er jedem Alltagsstress gewachsen wäre und man freut sich immer wieder, ihn zu entern und loszubrausen. Dazu tragen der sonore Motorlauf und das knackig zu schaltende Fünfganggetriebe genauso bei, wie die Innenausstattung im Achtzigerjahrestil.

Die Fan-Gemeinde wächst, aber der Nachschub an unverbastelten und gut erhaltenen Capris ist bescheiden. Wer einen guten hat, der behält ihn eben.
“Der neue Capri - zum Glück ist er kein Traumwagen”, stand es in der Werbung für den Capri III. Irgendwie ist er es eben doch geblieben - ein Traumwagen.
Wir danken dem Pneuhaus Bricar Sarnen für die Unterstützung bei diesem Artikel.
Weitere Informationen
- AR-Zeitung Nr. 8 / 1978 vom 23.Feb.1978 - Seite 19: Ford Capri - neue Generation
- AR-Zeitung Nr. 37 / 1981 vom 03.Sep.1981 - Seite 17: Test Ford Capri 2.8 i
- Auto Motor und Sport Heft 8/1981, ab Seite 102: Test Ford Capri 2.8 Injection
- Oldtimer Markt Heft 6/199, ab Seite 8: 30 Jahre Ford Capri
- Weitere Zeitschriften mit Artikeln zum Ford Capri findet man immer in unserer Mediathek
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Nun werde ich mich nochmal auf die Suche nach einem 3er Capri machen.
Der Capri war ein wirklich schönes Auto und wurde zu Unrecht immer nur heruntergemacht.
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