Im März 1964 stand in Genf eine Überraschung auf dem Pininfarina-Stand, der neue Ferrari 500 Superfast, ein Auto der Superlative.
Rund doppelt so teuer als ein Ferrari 330 GT wurde der schnelle Superfast verkauft, also mussten Käufer knapp über 100’000 Franken auf den Tisch legen, wollten sie in den Genuss des 500 Superfast kommen. Damit wäre der Wagen das teuerste Auto in den Preislisten gewesen, doch meist wurde der Preis nur mündlich genannt. Das hinderte die Berühmten und Reichen der Welt, darunter Peter Sellers oder der Schah von Persien nicht daran, das Scheckbuch zu zücken.
Der Prototyp von Genf
Dass der Ferrari 500 Superfast seine Premiere auf dem Pininfarina-Stand in Genf feierte, war kein Zufall. Schliesslich kam das Design, aus dem Stift von Aldo Brovarone von dort und auch die Karosserien wurden dort von Hand gefertigt.
Dass das neue Coupé nicht so einfach einzugliedern war, zeigten die Bemerkungen in der Automobil Revue:
“Nach wie vor werden in Europa einige Typen der Spitzenklasse gebaut, deren kleine Serie vor allem den Liebhaber anspricht. Man kann dabei über ihre Zugehörigkeit verschiedener Ansicht sein. So wäre es nicht falsch, den neuen Ferrari 500 Superfast den sportlichen Typen zuzurechnen. Wenn wir ihn hier zur Spitzen-Luxusklasse zählen, so deshalb, weil seine Ausgestaltung zeigt, dass trotz seines enormen Leistungsvermögens (nach Werk Spitze 280 km'h) der Akzent ganz eindeutig auf exklusivstem Luxus für zwei Personen liegt. Sowohl gewichts- wie auch ausstattungsmässig, vom noch nicht bekanntgegebenen Preis zu schweigen, zieht der höchstwertige Nachfolger des 400-Superamerica naturgemäss vor allem diejenigen in ihren Bann, denen die geringe Produktionszahl von durchschnittlich einem Exemplar im Monat einen zusätzlichen Trumpf bedeutet. Die von Pininfarina entworfene Form gefällt besonders in ihrer Heckansicht mit dem langgezogenen, am Ende aber doch noch abgeschnittenen Heck.”
Eleganz für zwei Personen
Mit 4,82 m Länge und 1,78 m Breite gehörte der 500 Superfast nicht zu den kompakten Autos, die Höhe betrug nur 1,28 m, was ingesamt eine sehr elegante Form ergab, zumal nur zwei Personen untergebracht werden mussten (zwei Notsitze konnten gegen Aufpreis bestellt werden).
Während die Fornt den zukünftigen 330 GTC vorwegnahm, orientierte sich das Heck mehr am Vorgänger 400 Superamerica. Insgesamt ergab sich eine sehr eindrucksvolle Linienführung, die den leer 1480 kg schweren Sportwagen zum Showstar machten.
Ein neues Triebwerk
Richtig neu war der Motor. Auto Motor und Sport beschrieb ihn anlässlich des Genfer Autosalons:
“Der Kurzhub-Zwölfzylinder-Motor (88 x 68 mm) gibt bei 8,8:1 Verdichtung und 6500 U/min schlichte 400 PS ab, 6 Weber-Doppelvergaser besorgen die notwendige Füllung der nur 415 cm3 großen Zylinder.”
4961,57 cm3 gross war der Hubraum, der damit (dividiert durch 10) die Basis für den Namen (500) war. Die Automobil Revue notierte: “Es handelt sich beim Motor um eine weitere Neukonstruktion, der zwar in Abmessungen und Leistung mit dem bis 1959 gebauten Fünfliter-Superamerica übereinstimmt, in seinen Einzelheiten aber die inzwischen gesammelten Erfahrungen im Bau störungsfreier und widerstandsfähiger Motoren höchster Leistung verkörpert. … Auch wenn das imposante höchste Drehmoment von 48,5 mkg erst bei 4750 U/min zur Verfügung steht, so sind doch keine Zweifel über die Elastizität des grossen Motors angebracht.
Die Zylinderköpfe waren abnehmbar, die Ventile verfügten über Schraubenfedern zur Ventilsteuerung. Wartungstechnisch wurden damit grosse Fortschritte gemacht.
Vier Gänge und ein zusätzlicher Schnellgang sorgten dafür, dass die Leistung zu den Reifen im Format 205-15 gelangte.
Bodenständige Chassis-Technik
Hatte man beim Motor kräftig investiert, nutzte man beim Chassis das, was schon vorhanden war. Damit waren der Rohrrahmen, vordere Einzelradaufhängungen mit Trapez-Dreieckquerlenkern und Schraubenfedern sowie eine hintere Starrachse mit Halbelliptikfedern, Längslenkern und Halbelliptikfedern gesetzt, genauso wie Scheibenbremsen rundum und eine ZF-Lenkung mit Schnecke und Rolle.
Mehr Granturismo als Rennwagen
Dass der Ferrari 500 Superfast nicht für die Rennstrecke sondern für die entspannte Reise gedacht war, dies zeigte sich nicht nur in seinen ausladenden Dimensionen, sondern auch im sorgfältig ausgeführten Interieur. Die Automobil Revue beschrieb dies so:
“Die Lederpolsterung, die feinen Moquette-Teppiche und die Schaumgummiauskleidung des Pavillons sind elegant ausgebildet. Die Instrumente am klaren, einfachen Armaturenbrett liegen noch etwas besser im Blickfeld des Piloten als beim 330 GT. Eine Konsole über dem Getriebe trägt die Bedienungshebel sowie ein Ablegefach.”
Eine Klimaanlage waren genauso erhältlich wie ein Becker-Radio. Die Scheiben wurden elektrisch versenkt (eine Kurbel lag für den Notfall im Handschuhfach).
Trotz des hohen Preises erhielt der 500 Superfast keine eigene Gebrauchsanweisung, ein Zusatzblatt zu jener des 330 GT musste reichen.
Zwei Serien
Bereits die Serienexemplare unterschieden sich vom Prototyp in Genf. Den Buckel auf der Motorhaube verschwand ab dem zweiten Chassis genauso, wie die einteiligen Rückleuchten, die dreiteiligen wichen.
Nach anderthalb Jahren und 25 gebauten Exemplaren, wovon eines “nur” mit dem 330-er-Motor ausgerüstet wurde und daher nicht als echter 500 Superfast galt, ging das Coupé in die zweite Serie. Man zog Modifikationen vom 330 GT nach, womit auch der Superfast nun ein vollsynchronisiertes Fünfganggetriebe und hängende Pedale erhielt.
Am 1. August 1966 wurde der letzte der 12 Serie-II-Exemplare ausgeliefert, mit ihm ging auch die Tradition der von Handgebauten Spezialkarosserien für Ferrari bei Pininfarina zu Ende.
Der fünftletzte 500 Superfast
Der in diesem Bericht porträtierte Ferrari 500 Superfast Serie II mit Chassisnummer 8459 wurde am 1. März 1966 als fünftletzter Wagen der Baureihe ausgeliefert. Erster Besitzer war der Börsenhändler Jack Durlacher, der später das private F1- Rennteam von Rob Walker unterstützte. Beim gekauften rechtsgelenkten Wagen handelte es sich übrigens nicht um den ersten 500 Superfast, den Durlacher erhielt, aber den ersten liess er zurückgehen, weil ihn die Lackierung qualitätsmässig nicht überzeugte.
Wie zwei weitere 500 Superfast glänzt ‘8459’ noch immer in der Farbe “Blu Chiaro” und hatte nach Durlacher noch einige weitere Besitzer.
Dieser Ferrari 500 Superfast wurde von Bonhams Ende 2018 anlässlich der Versteigerung an der Bond Street angeboten, der Schätzwert betrug EUR 1,47 bis 1,58 Millionen, respektive CHF 1,66 bis 1,8 Millionen. Eine schlechte Wertanlage war dieser seltene Ferrari also sicherlich nicht.
Alle Ferrari 500 Superfast
Chassis | Serie | Lieferdatum | Kommentar |
---|---|---|---|
5951 | 1 | 4.3.1964 | Protoyp Genf 1964, später modifiziert (Rückleuchten, Motorhaube) an Auto Becker, am Concorso d'Eleganza Villa d'Este 2013 wieder in Originalkonfiguration gezeigt |
5977 | 1 | 16.6.1964 | |
5979 | 1 | 8.7.1964 | |
5981 | 1 | 1.8.1964 | Ausstellung Turin 1964 |
5983 | 1 | 9.12.1964 | Ausstellung Brüssel 1965 |
5985 | 1 | 23.12.1964 | Ausstellung Chicago 1965 |
5989 | 1 | 12.1.1965 | |
6033 | 1 | 26.1.1965 | |
6039 | 1 | 25.2.1965 | Ausstellung Genf 1965 |
6041 | 1 | 16.3.1965 | Ausstellung New York 1965 |
6043 | 1 | 31.3.1965 | |
6049 | 1 | 16.4.1965 | Erstbesitzer Prinz S. Aga Khan |
6267 | 1 | 6.8.1965 | Prinz Bernhard (NL), sog. Superfast "Light" (330-er-Motor) |
6303 | 1 | 23.4.1965 | |
6305 | 1 | 14.5.1965 | |
6307 | 1 | 29.05.1965 | |
6309 | 1 | 15.7.1965 | Erstbesitzer G. Sachs |
6345 | 1 | 1.1.1965 | Ausstellung London 1965 |
6351 | 1 | 28.11.1965 | |
6605 | 1 | 8.6.1965 | Schah von Persien |
6615 | 1 | 21.9.1965 | |
6639 | 1 | 4.9.1965 | |
6661 | 1 | 8.6.1965 | |
6673 | 1 | 22.7.1965 | |
6679 | 1 | 30.9.1965 | Erstbesitzer Peter Sellers |
7817 | 2 | 11.11.1965 | |
7975 | 2 | 27.11.1965 | Schah von Persien |
8019 | 2 | 22.12.1965 | Ausstellung Brüssel 1966 |
8083 | 2 | 10.12.1965 | |
8253 | 2 | 20.1.1966 | |
8273 | 2 | 31.1.1966 | |
8299 | 2 | 8.2.1966 | Ausstellung New York 1966 |
8459 | 2 | 1.3.1966 | Bonhams London Versteigerung 2018 |
8565 | 2 | 2.4.1966 | |
8739 | 2 | 30.4.1966 | |
8817 | 2 | 30.6.1966 | |
8897 | 2 | 1.8.1966 |
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Noch größer ist der Leistungsunterschied zwischen SAE und DIN Norm. Bei SAE werden auch die Nebenaggregate nicht mit gemessen. So kommt eine Jaguar E-Type auf 265 SAE-PS, aber bei meinem E steht im Kfz-Schein 'nur' 210 PS nach DIN gemessen. Das sind 30% Leistungsunterschied zwischen SAE und DIN! Noch heute werden in vielen Publikationen bei den Leistungsangaben SAE, CUNA und DIN munter verglichen und vertauscht!
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