NSU, die drei Buchstaben standen mal für für solide schwäbische Fortbewegung. Zunächst mit dem Fahrrad, dann mit dem Motorrad und später mit dem Automobil. Und irgendwann auch alles zusammen. Bis vor wenigen Jahren dachte man dabei nicht an eine rechtsextreme terroristische Vereinigung sondern an ausgetüftelte Fahrzeuge vom Neckar. Zu recht, denn NSU war einer der Wegbereiter des Automobils. Und von fast Anfang an dabei, bis es im Königreich VW im Fürstentum Audi verschwand. Damit geriet die ehedem grösste Motorradfabrik der Welt (1954) oder das sanfte Dahingleiten im Ro 80 (1967) mit Wankelmotor, der zugleich das erste deutsche »Car of the year« werden sollte, langsam im Vergessenheit.
Ersatz der Pferde durch Pferdestärken
Gemeinhin gilt das Jahr 1886 als die Geburtsstunde des Automobils, da waren Gottlieb Daimler und Karl Benz noch Konkurrenten. Während der Badener Benz am 29. Januar 1886 ein Patent auf sein dreirädriges Gefährt erhielt, tüftelte der Schwabe Daimler lieber an der Verbesserung des Ottomotors, den er in umfunktionierte Kutschen einbaute. Seinem Partner und Chefkonstrukteur Wilhelm Maybach, der zu feinen Konstruktionen neigte, missfiel der Ersatz der Pferde durch Pferdestärken und er wünschte sich eine elegantere Kombination von Antrieb und Fahrzeug. Und obwohl die Meinungen der beiden hier entschieden auseinandergingen, erhielt Maybach vom starrköpfigen Chef die Erlaubnis zum Bau eines Daimler Wagens.
Unterstützung der Strickmaschinenfabrik NSU
Maybach benötigte dazu - ganz im zeitgemässen Sinne - einen Zulieferer, denn selbst waren er und Daimler nicht in der Lage, solch einen Wagen zu bauen. Den fand er im Herbst 1888 nahe seiner Geburtsstadt Heilbronn in der gut 50 km entfernten Neckarsulmer Strickmaschinenfabrik NSU, Abteilung Fahrräder. Ludwig Zeidler, seines Zeichens technischer Leiter des Unternehmens, zeichnete am 11. November 1888 das Chassis des ersten vierrädrigen Benzin-Motorwagens der Welt, das ausschliesslich für den motorisierten Verkehr entworfen war.
Maybachs konstruktives Geschick
Bei dem zirkulierte das Kühlwasser im Rahmen, die Vorderräder hingen in kugelgelagerten Fahrradgabeln. Ein Steuerhebel mit Stangen sorgte für den Richtungswechsel. Hinten war eine Starrachse vorgesehen, auf die durch den neu konstruierten Zweizylinder-V-Motor mit 565 cm3 bei einer Verdichtung von 1 : 2,52 über eine offene Konuskupplung und ein Viergang-Zahnradwechselgetriebe direkt 1,65 PS bei 920 U/min übertragen wurden.
Maybach bewies bei dem knapp 300 kg schweren Gefährt sein konstruktives Geschick. Das Getriebe gilt als der Vorläufer aller modernen Getriebe überhaupt, mit dem die Neukonstruktion eine Höchstgeschwindigkeit von 16 km/h erreichte. Auf schnurgeraden Alleen lagen auch schon mal über 20 km/h drin.
Premiere an der Weltausstellung
Bereits im Frühjahr 1889 werden die ersten beiden Chassis den Neckar herauf nach Bad Canstatt zur Erprobung geliefert. Für die Vorstellung der vielversprechenden Konstruktion bot sich in diesem Jahr ein herausragendes Ereignis an. Die Weltausstellung unter dem neu errichteten Eiffelturm mit ihren zahlreichen Pavillons in Paris.
Wegbereiter des Automobils in Frankreich
Nur die für ihre Pfeffermühlen und Fahrräder bekannte Firma Peugeot witterte im ersten richtigen Automobil ein Geschäft. Am 12. Dezember 1889 bestellte sie bei Panhard & Levassor, den Vertretern Daimlers in Frankreich zwei Fahrgestelle und zwei Motoren und vermarktete das Ganze etwas später als Peugeot Typ 2. Das Modell gilt als Wegbereiter des Automobils in Frankreich und als Initialzündung der französischen Automobilindustrie. Aus Neckarsulm lieferte man weitere 20 Fahrgestelle an Daimler, darunter eben zwei für Peugeot. 4’000 Mark kostete ein Fahrzeug inklusive Werkzeug, Lampen und Polsterung. Ab 1890 belieferte NSU die Franzosen direkt mit 13 wohl modifizierten Fahrgestellen und weil der Prophet im eigenen Land nichts gilt, begann so der Siegeszug des Automobils jenseits des Rheins, an der NSU einen nicht unerheblichen Anteil hatte.
Mit Dank an Mercedes-Benz Classic und Audi Tradition
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