Als Citroën 1970 den SM mit Maserati-V6-Motor präsentierte, war dieser Wagen aus Sicht des Herstellers konkurrenzlos und stellte eine neue Automobilkategorie dar. Der Karossier Chapron baute den SM zum Cabriolet Mylord um und machte ihn noch aussergewöhnlicher.
Ein konkurrenzloser Granturismo
Im März 1970 zeigte Citroën das in Zusammenarbeit mit Maserati entstandene Sportcoupé zum ersten Mal. Das Auto liess sich mit anderen Fahrzeugen kaum vergleichen, denn es verfügte als sportlich-luxuriöser Granturismo über Frontantrieb und das vom Citroën DS bekannte Hydropneumatik-Fahrwerk.
Den Motor hatte Giulio Alfieri in kürzester Zeit auf Basis bewährter Maserati-Baumuster entwickelt. Es entstand ein V6-Aluminium-Aggregat mit 2,7 Litern Hubraum und rund 170 PS Leistung, den man tief in den Citroën-Bug einbauen konnte.
Beim Karosseriedesign war eine gute Aerodynamik oberstes Gebot, optisch sind viele Anleihen an den DS sichtbar, das Heck geriet aber komplett eigenständig.
Wie der DS verfügte auch der SM über Schwenklampen, im Gegensatz zur Limousine wies das Coupé aber je drei Scheinwerfer pro Seite auf, von denen sich die innenliegenden beiden Lampen drehten.
Nische gesucht
Der Pariser Karosseriebauer Henri Chapron hatte in den Jahren 1960 bis 1971 die Werkscabriolets des Citroën DS hergestellt, ein grosser und lukrativer Auftrag. Als Citroën den Verkauf des “Décapotable” einstellte, suchte Chapron nach einem potentiellen Nachfolgegeschäft. Mit dem SM Coupé sah er die Chance gekommen und stellte auf dem Pariser Autosalon 1971 seine gelungene Umwandlung zum Cabriolet vor.
Der aufwändige Umbau
Die Konvertierung vom Coupé zum Cabriolet war aufwändig. Citroën-Hauslieferant Chausson lieferte eine serienmässige Coupé-Karosserie an. Während die Bodengruppe bei unverändertem Radstand beibehalten werden konnte, mussten B- und C-Säulen bei Chapron entfernt und das Heck komplett umgebaut werden. Zudem waren umfangreiche Verstärkungen nötig, um das wegfallende Dach zu kompensieren.
Nach Fertigstellung des Karosserieumbaus ging der Wagen zurück zu Citroën, wo die unveränderte Technik eingebaut wurde. Nach dem Einbau ging der Wagen erneut an Chapron, wo nun das Interieur komplettiert wurde und das Cabriolet seine Lackierung und das Faltdach erhielt.
Dass sich eine derartig aufwändige Bauweise auch auf den Preis niederschlug, ist nachvollziehbar. Tatsächlich verlangte Chapron für sein Mylord Cabriolet 130’000 französische Francs und damit doppelt soviel, wie ein SM Coupé kostete.
Nummer sechs von fünf
Nur fünf Mylord Cabriolets (andere Quellen nennen allerdings sieben oder acht) wurden nachweislich bei Chapron gebaut. Die Hoffnungen des Karossiers in eine grössere Serienfertigung erfüllte sich also nicht.
Das fotografierte Auto gehört nicht zu diesen Originalfahrzeugen, hat aber gemäss vorliegenden Recherchen eine hochinteressante Geschichte.
Ein Pariser Immobilienbesitzer, der in den Siebzigerjahren gerne ein Mylord Cabriolet gekauft hätte, aber keines mehr bestellen konnte, liess sich bei Guy Deslandes auf Basis eines Coupés ein Coupé mit Originalteilen von Chapron umbauen. Sogar Originalpläne, die der Besitzer hatte von Chapron erstehen konnten, wurden beigezogen. Noëlle Chapron, die Nachfahrin Henri Chaprons autorisierte den Umbau und nahm ihn mit eigener Baunummer in das Chapron-Register auf, nachdem der Wagen vom damaligen Chef-Carrossiers Chaprons untersucht wurde.
Inzwischen ist der Wagen komplett restauriert worden und befindet sich sozusagen im Neuzustand.
Göttlicher Reisekomfort
Wer nicht gewohnt ist, mit Citroën-Oberklassen-Fahrzeugen der Sechziger- oder Siebzigerjahre zu fahren, wird im Citroën SM Mylord einige Überraschungen erleben. Die Lenkung fühlt sich anders an, die Bremse reagiert beinahe digital auf den Fussdruck. Die Anzeigen sind kein Muster für optimale Ablesbarkeit. Das eine oder andere Bedienungselement verlangt nach Anpasssung. Aber man lernt ja schnell.
Sehr traditionell dagegen kommt der wohlklingende Maserati-Motor daher, der mit dem immerhin knapp über 1,5 Tonnen schweren Cabriolet wenig Mühe hat. Das Fünfgang-Getriebe lässt sich gut schalten und die Rundumsicht ist im offenen Wagen perfekt.
Noch mehr als im Coupé fallen die sportlichen Ansaug- und Auspuffgeräusche auf, die nicht so rechts zur Luxuskomfort-Ausrichtung des Wagens passen wollen.
Unterwegs im Mylord fand das hinter dem Schalthebel eingebaute klassische Radio plötzlich einen Sender und Jazzmusik begann sich leise im Inneren zu verbreiten. Passender wäre die musikalische Untermalung kaum möglich gewesen und am liebsten wäre man sofort in Richtung Côte d’Azur aufgebrochen. Göttlicher kann man kaum reisen als mit der Sonne im Nacken, Maserati-Kraft am Fuss und hydropneumatisch aufgehängten Rädern.
Wir danken der Oldtimer Galerie Toffen für die Gelegenheit, dem Citroën SM Mylord Chapron von 1973 eine Fotosession widmen zu dürfen.
Weitere Informationen
- AR-Zeitung Nr. 44 / 1971 vom 14.Okt.1971 - Seite 19: Pariser Autosalon
- AR-Zeitung Nr. 35 / 1971 vom 12.Aug.1971 - Seite 17: Kurztest Citroën SM - Citroën Le Grand
- ADAC Motorwelt Nr. 5 vom Mai 1970 - Seite 60: Das Prachtkind der Citroën-Maserati-Ehe
- Hobby Heft 9/1970 - ab Seite 84: Citroën-Maserati - die sanfte Rakete aus Paris
- Auto Motor und Sport Heft 24/1971, ab Seite 44: Test Citroën SM
- Auto Motor und Sport Heft 26/1972, ab Seite 61: Test Citroën SM Injection
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EU-Fahrzeugpapiere, in der Schweiz nicht verzollt.
Nicht einfach, so ein Fahrzeug durch eine schweizer MFK zu bringen! Hoffentlich haben mögliche schweizer Käufer dieses Thema recherchiert - ich finde es schade, dass der sonst verführerisch geschriebene Artikel diesen Punkt nicht beleuchtet... trotz Kerzenleuchter im Saal ....
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