Die Aston Martin Sportwagen der DB-Ära verkörpern den Gentleman GT in Perfektion. Eleganz ist gepaart mit fortschrittlicher Technik und überzeugender Bewegungsdynamik. Der DB6 macht hier als letzter seiner Art keine Ausnahme.
Begonnen hatte alles am 2. Oktober 1958, als der Aston Martin DB4 am Autosalon in Paris vorgestellt wurde. Ausgerüstet mit einem neu entwickelten Alu-Reihensechszylinder und karossiert nach den Prinzipien von Touring Superleggera regte dieses Auto so stark zum Träumen an, dass der amerikanische Importeur trotz des hohen Preises sofort tausend Exemplare bestellen wollte.
1963 ersetzte der DB5 den DB4 nach fünf gebauten Serien und bereits 1965 wurde der verlängerte DB6 vorgestellt.
Mehr Raum dank längerem Radstand
Um 9,5 cm hatten die Briten den Radstand verlängert und damit hinten eine um 7,5 cm grössere Beinfreiheit geschaffen. Am Heck gab es nun eine Abrisskante, die etwas höhere Dachlinie war zugunsten erhöhter Kopffreiheit und einer steiler stehenden Frontscheibe leicht umgestaltet worden. Insgesamt mass der DB6 in der Länge allerdings nur fünf Zentimeter mehr als sein Vorgänger, sein Luftwiderstand konnte durch die Modifikationen aber auf cw 0.364 (gegenüber 0,377 beim DB4/5) verbessert werden.
Auch am Innenraum war gearbeitet worden, so verfügte der DB6 über ein verändertes Cockpit, verbesserte Arretierungen bei den Sitzen und diebstahlsichere Schraubverschlüsse an den Dreiecksfenstern.
Motorseitig musste man die Welt nicht neu erfinden, als Standard-Motor diente der 286 DIN-PS starke Vierliter aus dem DB5 Vantage mit SU-Vergasern. Für Leistungshungrige gab es wiederum auch eine Vantage-Version, die dank Hochleistungsnockenwelle und drei Webervergasern für 330 DIN-PS gut war.
Das Fünfgang-Getriebe lieferte ZF, die alternativ erhältliche Automatik Borg Warner. Ein Sperrdifferential war gegen Aufpreis erhältlich, die Speichenräder mit Zentralverschluss gab es sowohl verchromt als auch lackiert.
Vor allem für die Amerikaner
Das Pflichtenheft des DB6 beseitigte viele Kritikpunkte, die vor allem von US-Käufern geäussert worden waren. Seit dem Erscheinen des DB5 als Dienstwagen von James Bond war Aston Martin auch in den USA eine bekannte Grösse. Entsprechend gespannt warteten wohl David Brown und seine Ingenieure auf die ersten Testberichte aus Amerika.
“It’s a man’s car - heavy, powerful, visceral”, schrieb Road & Track im April 196 nach der ersten Testfahrt. Es sei ein Auto für Männer, schwer, kräftig und aus dem Bauch heraus, wollten sie wohl damit sagen. So richtig überzeugte das Design mit dem neumodischen Heck an einer doch ein wenig in die Jahre gekommenen Karosserie die amerikanischen Journalisten nicht und generell vermissten sie wohl ein wenig den Komfort, wie ihn andere Sportwagen derselben Preisklasse offerierten. Für den Motor (in Vantage-Ausführung) fanden sie viele lobende Worte, während die Bremsanlage nicht ganz überzeugte.
Der immerhin 1790 kg schwere DB6 beschleunigte in 8,4 Sekunden von 0 bis 60 Meilen pro Stunde (ca. 96 km/h). Als Spitzengeschwindigkeit wurden 135 MPH oder rund 220 km/h geschätzt, bei normaler Fahrweise wurden etwa 14 bis 16 Liter pro 100 km nachgetankt.
Ein gemischtes Fazit gab es für einen mit USD 15’400 recht teuren britischen Sportwagen. Allerdings bemühten sich die R&T-Leute, dies etwas zu relativieren: “Don’t get us wrong. The automotive world would be a duller place without Aston Martin” (verstehen Sie uns nicht falsch, die Welt wäre deutlich langweiliger ohne Aston Martin). Es sei aber Zeit für einen deutlich moderneren DB7, schlossen sie ihren Bericht ab.
Etwas positiver formulierten die Macher der Zeitschrift “Sports Car Graphic” im selben Monat ihre Eindrücke, die sie notabene nach einer Fahrt im selben Testwagen wie R&T niederschrieben. Der DB6 sei primär ein Luxusfahrzeug und nur sekundär ein Sportwagen, und er offeriere ein überzeugendes Paket aus Luxus, Fahrleistungen und Strassenhaltung. Den fünften Gang könne man wegen der amerikanischen Geschwindigkeitslimiten gar nie einlegen, klagten die Journalisten. Den Sprint von 0 auf 96 Meilen pro Stunden absolvierten die SCG-Leute in 8,6 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit stoppten sie bei 138 MPH oder 222 km/h.
Ein Zubehörteil vermissten die Schreiberlinge am DB6 allerdings, die ausfahrbaren Maschinengewehre …
Das besonders exklusive Cabriolet
Wie schon bei den Vorgängern DB4 und DB5 gab es auch zum DB6 eine offene Version, die nun “Volante” genannt wurde. Vorgestellt an der London Motorshow im Jahr 1966 war der Volante etwa zehn Prozent teurer als das Coupé, bot dafür aber ein elektrisch operierendes Faltdach, das fast komplett im Heck verschwand.
Wie das Coupé erhielt auch das Cabriolet im Laufe der Zeit Verbesserungen mit auf den Weg, gemeinhin werden die mit Einspritzung, verbesserten Sitzen und Servolenkung ausgerüsteten ab 1969 gebauten Wagen als “Mk2” bezeichnet.
Im Vergleich zum fast 1600 Mal gebauten Coupé blieb der Volante selten. Nur etwa 178 offene DB6 verliessen das Werk in Newport Pagnell, dazu kamen noch 37 “Short-Chassis”-DB5, die bereits als Volante bezeichnet wurden.
Einer der berühmtesten Volante-Besitzer dürfte Prince Charles gewesen sein, er erhielt seinen Mk2 zum 21. Geburtstag und rüstete ihn später auf Bioethanol um.
James Bond aber fuhr nie einen offenen DB, obwohl dies im Film sicherlich gut ausgesehen hätte, eine verpasste Chance.
Durch den DBS abgelöst
Bereits 1967 wurde der DB6 eigentlich vom DBS abgelöst, doch bis 1972 wurden die beiden Autos Seite an Seite gebaut.
Auch unter der Blechhaut nutzten sie zunächst denselben Reihen-Sechszylindermotor, bis schliesslich ein V8 unter der Haube einzog.
Zum Touren geboren
Mehr noch als das Coupé ist die Volante-Version des DB6 ein Auto für Geniesser. Sicherlich kann man damit schnell fahren, aber lieber noch geniesst man es, bei offenem Dach über Landstrassen zu touren und nicht nur das schöne Armaturenbrett, sondern auch die Umgebung zu bewundern.
Da kümmert uns auch nicht, dass man damals der Starrachse gegenüber einer deutlich besser geeigneten DeDion-Hinterachse den Vorzug gegeben hat. Und wir stören uns auch nicht am unbescheidenen Leergewicht von über 1,5 Tonnen.
Wir lassen den fein laufenden Reihensechszylinder sein Lied spielen und geniessen jeden Zwischengas-Stoss. Das Getriebe lässt sich exakt und leicht schalten und überhaupt geht das Fahren, nicht zuletzt auch wegen der installierten Servolenkung, leicht von der Hand.
Auch der Fahrkomfort überzeugt und die Platzverhältnisse auf den Vordersitzen genauso. Eigentlich möchte man gar nicht mehr aussteigen.
Einer von 140
Der gefahrene rote Aston Martin DB6 Volante wurde 1968 als rechtsgelenktes Cabriolet mit Automatik nach Hongkong ausgeliefert. In den Achtzigerjahren dann erfolgte der Umbau auf ein Fünfganggetriebe und Linkslenkung, gleichzeitig wurde der Motor auf Vantage-Spezifikation aufgewertet. Den Auftrag für diesen Umbau, bei dem die Kosten keine Rolle spielten, gab niemand anders als der damalige Aston-Martin-Besitzer Livanos.
In den Neunzigerjahren gelangte der Wagen dann in die Schweiz, wo ihn der heutige Besitzer Peter Rau vor rund 12 Jahren kaufen konnte.
Wir danken der Touring Garage , die uns die Fotofahrt mit dem Aston Martin DB6 ermöglichte.
Dieser Artikel erschien in einer ähnlichen Form im Zwischengas Jahresmagazin 2019 .
Weitere Informationen
- AR-Zeitung Nr. 42 / 1965 vom 30.Sep.1965 - Seite 23: Ein neuer Aston Martin
- AR-Zeitung Nr. 44 / 1966 vom 13.Okt.1966 - Seite 47: Volante mit längerem Radstand
- Road & Track April 1966, ab Seite 38: Test Aston Martin DB6
- Sports Car Graphics April 1966, ab Seite 52: Test Aston Martin DB6
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