“Der Alfa (SZ) gibt sich als ein Fahrzeug zu erkennen, dessen praktischer Zweck sich darin erschöpft, eine ziemlich kleine Zuladung mit hoher Beschleunigung und hoher Geschwindigkeit zu befördern.” Mit diesen Worten führte der Autotester der Zeitschrift “Auto Motor und Sport” Reinhard Seiffert im Jahr 1962 bei seinen Lesern den Alfa Romeo Giulietta SZ ein und wies damit auf ein für die Zeit rekordverdächtiges Leistungsgewicht von 8,5 kg/PS hin.
Leichtbau der frühen Sechzigerjahr
Tatsächlich war der Wagen, vorgestellt am Genfer Autosalon des Jahres 1960, auf Leichtbau getrimmt und mit dem Ziel gebaut worden, in motorsportlichen Veranstaltungen an der Spitze zu fahren.
Die Automobil Revue rapportierte anlässlich der Präsentation in Genf im März 1960:
“Der Sprint Speciale, der schnellste Giulietta, bisher nur mit der Bertone-Karosserie erhältlich, erscheint nun auch von Zagato karossiert und verschwindet jedoch beinahe neben der neuen, schmucken Bertone-Ausführung. Die beiden Varianten mit ihren grundsätzlich verschiedenen gesetzten Zielen sind bereits in den äusseren Zügen deutlich zu erkennen.
Der kurzgebaute, «mutze» Zagato mit knappen Sitzen und fast ohne Kofferraum verschmäht das vollendete Finish, legt dafür aber grossen Wert auf geringes Gewicht, hohe Geschwindigkeit mit rassigem Anzug und vorzüglicher Wendigkeit. Damit ist der kleine Wagen ein ideales Fahrzeug für den Rennsport.”
Auf bewährter Basis
Erstmals präsentiert wurde die Alfa Romeo Giulietta als Sprint bereits 1954 am Turiner Autosalon. Das selbsttragende Coupé trug eine von Franco Scaglione gezeichnete Stahlblech-Karosserie und war mit einem Reihenvierzylinder mit zwei obenliegenden Nockenwellen motorisiert. Vordere Einzelradaufhängungen und eine hintere Starrachse sorgten für die Radführung.
Dieselbe Technik wurde auch für die 1955 vorgestellte Berlina und den von Pininfarina eingekleideten Spider genutzt, wenngleich das Cabriolet auf einem kürzeren Radstand aufbaute.
1957 kam das wiederum von Scaglione geformte zweisitzige Coupé Sprint Speciale dazu, das dank des inzwischen auf 100 PS gesteigerten 1,3 Liter die sportliche Speersitze der Giulietta-Baureihe repräsentierte.
Bei Zagato aber entstand bereits 1956 eine deutlich knapper eingekleidete Rennsportversion mit Aluminium-Karosserie, als sich die Gelegenheit bot, ein verunfalltes Sprint Veloce Coupé wiederzubeleben. Das Ergebnis wurde “Sprint Veloce Zagato” genannt oder kurz “SVZ” und es erwies sich dank seines über 100 kg geringeren Gewichts als deutlich konkurrenzfähiger im Rennsport als das Seriencoupé. Davon wollten auch andere Kunden profitieren, so dass vermutlich 18 derartige SZV entstanden in den nächsten Jahren.
Weil auch Alfa Romeo als Werk an Erfolgen im Rennsport sehr interessiert war, entschied man sich, selber eine Zagato-Version ins Bauprogramm aufzunehmen und so entstand der Tipo 101.26, den man Alfa Romeo Giulietta Sprint Zagato nannte, was schnell zu “SZ” abgekürzt wurde.
Leichter und windschlüpfiger
Wie bereits der SVZ trug auch der SZ eine Leichtmetall-Karosserie, deren Form Franco Scaglione von Bertone zugeschrieben wird. Die Unterschiede zum SZV waren vor allem im Heckbereich mit einem noch knackigeren Hintern sichtbar.
Die Überhänge waren minimal, die Gesamtlänge betrug nur 3,92 Meter, die Breite 1,54 Meter. Auch die Höhe von 1,22 Metern zeigte, wie knapp die Karosserie geschnitten war. Geringere Ausmasse versprachen ein tiefes Gewicht, was mit 888 kg für den vollgetankten Wagen - der Tank fasste 80 Liter! - auch erreicht wurde.
Innen wollte der SZ natürlich kein Luxussportwagen sein, auch hier zeigte sich die Verpflichtung zum Motorsport. Trotzdem war die Zagato-Version komplett ausgestattet und verfügte sogar über Kurbelfenster, Heizung und all die Dinge, die für schnelles Reisen notwendig sind.
Die Zeitschrift “Road & Track” schrieb in ihrem Testbericht im Dezember 1961:
“Für uns ist das interessanteste Ergebnis der Testfahrt, dass sich der Zagato auch als praktisches Fahrzeug für schnelle Reisen bestätigt hat. Er ist komfortabel genug, lässt sich kaum überfordern und sein moderater Treibstoffkonsum sowie sein grosser Tankinhalt eliminieren die Notwendigkeit, alle 200 Meilen nach einer Tankstelle Ausschau zu halten, wie es bei anderen GTs nötig ist. .... Wenn Ihr Wagen das Potential haben muss, auch Rennen gewinnen zu können, und zudem im Alltag seinen Mann stehen soll, dann ist der Zagato die richtige Wahl”.
Dies sah die Automobil Revue im April 1961 etwas kritischer:
“Auch wenn dieses Fahrzeug unsere helle Begeisterung fand, so kann wohl auch hier nicht vom vollkommenen Wagen gesprochen werden. Die straffe Federung, die nicht gerade bescheidene Lärmentwicklung im Wagen- innern, die eher auf Gewichtsreduktion als Luxus ausgerichtete Ausstattung, die gedrungene, eher rassig als formschön oder gar elegant wirkende Karosserie von Zagato, alle diese Punkte können - je nach Geschmack und Temperament - Gefallen oder Missfallen erregen. Sportlich interessierte Liebhaber eines solchen Gran-Turismo-Wagens, dessen Temperament und vorzügliche Fahreigenschaften den Durchschnitt der in dieser Preisklasse erhältlichen Fahrzeuge weit übertreffen, werden am Giulietta SZ jedoch grösste Freude finden.”
Teuer
21’500 Franken kostete der SZ in der Schweiz, DM 21’950 waren es in Deutschland. Das komfortablere Bertone-SS-Coupé kostete rund 2000 Franken/DM weniger, für dasselbe Geld hätte man auch einen Ford Galaxie mit Achtzylinder oder zwei Giulietta Berlinas kaufen können. Ein Lotus Elite allerdings kostete sogar noch deutlich mehr, leicht sein war eben nicht billig.
Nicht ganz so schnell wie erwartet
Das Werk versprach 200 km/h Höchstgeschwindigkeit. Diesen Wert konnten die Testfahrer der Autozeitschriften allerdings nicht realisieren. AMS kam nicht über 180 km/h, die Leute von Road & Track massen 120 Meilen pro Stunde oder 193 km/h. Für den Sprint auf 100 km/h benötigte der “deutsche” SZ 12 Sekunden, 11.2 Sekunden notierten die Amerikaner für den Spurt auf 60 Meilen pro Stunde (96 km/h).
Bei Zagato hatte man dieses Problem bereits erkannt und für Abhilfe gesorgt, wie die Automobil Revue im Juli 1961 zu berichten wusste:
“Am 29. Juni 1961 gewann der bekannte Carrossier Elio Zagato auf einem neuen Giulietta den «Grand Prix Grand Tourisme» in Monza. Die Karosserie des Siegerwagens wurde von Zagato selbst gebaut, und zwar nach eingehenden Studien,welche 6 Monate in Anspruch nahmen. Diese Karosserie soll für den Giulietta SS in Serie gebaut werden.
Um die günstigsten aerodynamischen Werte zu erhalten, berechnete Elio Zagato alle Querschnitte des Wagens in Abständen von 10 cm. Bei gleichem Gewicht ist diese neue Karosserie 4 cm niedriger und 14 cm länger gehalten als die bekannte Zagato-Karosserie, wie man sie an den verschiedenen Wettbewerben sehen kann.
Durch diese neue und elegante Karosserie gewinnt der Wagen bei gleichbleibender Motorleistung 12 bis 15 km mehr an Spitzengeschwindigkeit, welche somit 225 km erreichen dürfte. Dieser neue Zagato dürfte also vor allem auf schnellen Rundstrecken ein schwer zu schlagender Gegner sein.”
Diese zweite Variante des SZ, die den Beinamen “Coda Tronca” (für abgeschnittenes Heck) erhielt, ging alsbald in Produktion, wurde aber nur noch rund 30 Mal gebaut, während die Rundheckvariante (“Code Ronda”) es auf etwa 170 Exemplare gebracht hatte. Die Zahlen variieren je nach Quelle, nicht zuletzt deshalb, weil bei Zagato auch existierende Sprint Coupés umgebaut wurden.
Erfolgreich im Motorsport
Ob rund oder abgeschnitten, der Alfa Romeo Giulietta SZ bewährte sich im Rennsport und errang auf der Rundstrecke, am Berg und selbst in Rallyes unzählige Klassen- und Gesamtsiege, so etwa die der Gewinn der Sportwagen-Meisterschaft in der 1,3-Liter-Klasse in den Jahren 1962 und 1963.
Mit “Sic transit gloria mundi” schloss Reinhard Seiffert seinen Testbericht im Jahr 1962 mit einem lateinischen Bonmot (“So vergeht der Ruhm der Welt”) ab und meinte damit, dass der SZ zwar anderen Sportwagen den Rang abgelaufen habe, aber dass dasselbe auch ihm passieren werde, was sich leicht mit der Ankunft des noch sportlicheren Giulia Tubolare Zagato (TZ) erklären liess.
Gesucht und wertvoll
Die schlichte und knappe Form der Giulietta SZ Modelle hat über die Jahrzehnte nichts von ihrer Attraktivität verloren und als Sammler- und Freizeitfahrzeug wird kaum jemand dem Alfa eine schlechte Geräuschisolation oder ein zu knapper Kofferraum zur Last legen. Kein Wunder, sind die Preise entsprechend hoch.
Bonhams kann in Paris am 4. Februar 2016 gleich beide Modellvarianten anbieten. Das Rundheck-Coupé aus dem Jahr 1961 mit der Chassis-Nummer AR10126-0037 mit amerikanischer Renngeschichte soll dem Käufer zwischen EUR 450’000 und 650’000 (CHF 500’000 bis 720’000) wert sein, während das Kammheck-Coupé von 1962 mit Fahrgestell AR10126-00207 auf EUR 600’000 bis 800’000 (CHF 670’000 bis 890’000) geschätzt wurde.
Weitere Informationen
- AR-Zeitung Nr. 13 / 1960 vom 16.Mrz.1960 - Seite 11: Salonbericht Genf 1960
- AR-Zeitung Nr. 19 / 1961 vom 20.Apr.1961 - Seite 19: Probefahrt zum Autosalon: Giulietta SZ
- AR-Zeitung Nr. 31 / 1961 vom 13.Jul.1961 - Seite 21: Neue Giulietta Zagato
- Auto Motor und Sport Heft 8/1962, ab Seite 26: Test Alfa Romeo Giulietta SS und SZ
- Road & Track, Issue December 1961: Test Alfa Romeo Zagato
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Siehe auch Pantheon-Basel.
Gruss: hjb
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