1907 wurde unweit von London, in Brooklands, das erste Autorennen auf einer geschlossenen und sogar geneigten Rennbahn gestartet. Damit handelte es sich auch um das erste Rundstreckenrennen überhaupt.
Seit dem es Autorennen gab, d.h. seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts, beklagten sich die Zuschauer an Strassenrennen, dass sie zu wenig gesehen hätten. Die Rennautos erschienen nur kurz und verschwanden schnell in noch lange bestehenden Wolken von Rauch und Staub.
Der Anfang
Hugh F. Locke King und seine Gattin waren beides Automobilenthusiasten... und Grossgrundbesitzer. Um den britischen Automobilherstellern Vorteile zu verschaffen beschloss der Industrielle King, auf seinem Grundstück einen Rundkurs und kurze Teststrecke zu bauen. Mit dem Rundkurs sollten auch die Rennen spannender und attraktiver werden. Und dies bewies man dann bei der Eröffnung im Jahr 1907.
Auf dem noch baufrischem Rundkurs zirkulierte gemächlich ein Tross von Autos vor den geladenen Gästen. Plötzlich löste sich aus dieser Gruppe ein Auto. Am Steuer sass die Gattin des Mäzens, also Mrs. Ethel King und fuhr allen mit grosser Geschwindigkeit, sprich 12 Meilen pro Stunde (!) den übrigen Fahrzeugen davon. Nun begann eine wilde Verfolgungsjagd, die die übrigen Teilnehmer veranstalteten. Diese Jagd würde man heute als Rennen bezeichnen...
Ein Jahrhundert später
Seither sind über 100 Jahre vergangen, aber Teile der Bauten sind heute noch sichtbar.
Die Holzbauten auf dem Gelände des Brooklands Racing Clubs haben sich bis heute ganz gut gehalten und werden gut gewartet. Das Klubhaus ist bestimmt das schönste Gebäude. Es dient als Restaurant und auch Büros sind darin untergebracht. Der Weg zu den Toiletten ist durch Rennwagen gesäumt. Die Wände der Toiletten sind immer noch mit den originalen Maiolikkachlen bedeckt. Angrenzende Gebäude beherbergen weitere Rennwagen, viele Raritäten und zusätzlich eine Sammlung von Motorrädern und Fahrrädern, zumeist von der Marke Raleigh stammend. Stilisierte Werkstätten, darunter auch die des x-fachen Rekordmannes Malcolm Campbell, lassen die vergangene und heute noch aktuelle Rennatmosphäre aufleben.
Sehenswerte Rennwagen
Fast alle Rennwagen in der Ausstellung sind langfristige Leihgaben und diese Autos nehmen regelmässig an Historik-Rennen teil. So steht da zum Beispiel ein Alta aus der Vorkriegszeit, der fast 200 km/h schnell war. Motoren seines Konstrukteurs Taylor haben es bis in die Formel 1 geschafft.
Auch der gezeigte “H.A.R.” ist eine Rarität. Dieser Wagen wurde mehrfach verbessert und mit verschiedenen Motoren von Riley und Jaguar (u.a.) betrieben. Auch die Karosserie wurde mehrfach erneuert. Dieser sich ständig den Anforderungen anpassende Rennwagen ist ein typischer Zeuge der Zwanziger- und Dreissigerjahre.
Gleiches gilt auch für einen starken Alvis, der als Special einst sogar mit Kompressor auf Maximalleistung getrimmt wurde. Heute fehlt der Kompressor, er wurde irgendwann demontiert.
44 Siege fuhr der legendäre Rennfahrer und Frauenheld Captain Miller mit einem aerodynamischen Wolseley 10 HP ein, den er in Anlehnung an eine damals populäre Frauenband “Moth” taufte. Die Karosserie zerfiel über die Jahrzehnte und wurde durch eine Replica ersetzt.
Auch normalere Personenwagen, wie ein Cabriolet von AC sind zu sehen. Auch derartige Wagen wurden gerne in Rennen eingesetzt. Das älteste Auto der Sammlung ist ein Peugeot von 1900, der 30 Jahre später gerade hier als Occasion gehandelt wurde, durch die gleiche Familie Nash wieder erstanden und durch ihre Nachkommen dem Museum geschenkt wurde.
Und dann gibt es noch den Napier-Railton, ein legendäres Gefährt mit einem 24-Liter-Motor, der auch heute noch schnell und laut ist. Dreimal vier Zylinder nutzen eine gemeinsame Kurbelwelle. Auf beweglichen Stühlen, die sich im Fahrtrythmus und gemäss der Beschleunigung neigen, erhalten die Besucher im 4D-Kino einen Eindruck vom infernalischen Motorenlärm und davon, was es bedeutet mit dem Napier 100 Meilen pro Stunden zu fahren.
In den Ausstellungsräumen gibt es auch viele mit Pokalen gefüllte Vitrinen zu sehen. Und wer sich als Besucher selber betätigen will, kann im Formel-1-Simular eine Rennrunde drehen und sich dabei von einem ehemaligen Rennfahrer in die Fahrkünste einweihen lassen.
Immer etwas los
Das Museum des Racingklubs organisiert fast jede Woche eine Aktion. Auf dem Areal befindet sich auch ein beschauliches Museum des Londoner Bustransports mit vielen Unikaten den Jahrzehnten nach 1900.
Zudem erinnert das Freilicht-Flugzeug-Museum der Firma Vikkers an die goldenen Zeiten der britischen Aeronautik-Industrie. Selbst eine Concorde gibt es da zu sehen.
Wenige Schritte davon entfernt ist die Landesvertretung von Mercedes Benz zu Hause. Sie bietet auch eine sich ständig wandelnde Oldtimerausstellung.
Einen Besuch wert
Das Areal der ehemaligen Brooklandsbahn liegt eine halbe Stunde von London entfernt. Ab 10:00 wird man eingelassen, im Sommer ist um 17:00 Schluss, im Winter um 16:00.
Der Eintritt beträgt je nach Besucherkategorie um die 10 Pfund, ältere Kinder zahlen etwa die Hälfte. Weitere Informationen findet man auf der Website von Brooklands .