Es waren 84 Automobile, die am 5. Juli 2019 anlässlich des Goodwood Festival of Speed bei der Bonhams-Versteigerung unter den Hammer kamen.
Während draussen die Rennwagen den Berg hochdonnerten, suchte der typische Goodwood-Mix von Renn- und Strassenautos im Wert von über EUR 25 Millionen neue Besitzer.
Siegerwagen von Nigel Mansell für über EUR 3 Millionen verkauft
Fünf Grand-Prix-Siege errang Chassis FW14-08. Es handelt sich um einen Williams-Renault FW14B von 1992, an dessen Lenkrad Nigel Mansell und Riccardo Patrese sassen. Der Monoposto gilt als Adrian Neweys Spitzenleistung und er war vermutlich der ausgeklügeltste und komplexeste F1-Wagen der frühen Neunzigerjahre. Und er läuft und tönt atemberaubend.
Einen Schätzwert nannte Bonhams nicht, so dass für manchen Bieter ein Anhaltspunkt fehlte. Dies hinderte den Meistbietenden allerdings nicht, auf £ 2,4 Millionen zu gehen, womit der Williams schliesslich für £ 2,7 Millionen (EUR 3,0 Millionen, CHF 3,4 Millionen) in seine Hände überging. Damit lag der Mansell-Williams allerdings noch weit vom Traumpreis weg, für den 2017 ein Schumacher-Ferrari F2001 in New York versteigert wurde, als USD 7,504 Millionen für den Monaco-Siegerwagen fällig waren.
Man konnte in Goodwood aber auch deutlich günstiger Besitzer eines F1-Autos werden. Für den Toyota TF104B von 2004 reichten £ 69’000. Fahren kann man damit allerdings nicht, denn Motor und Getriebe wurden bei diesem Testwagen entfernt.
Briten durchaus gefragt
Von den zehn Marken, für die im Vergleich zu den Schätzwerten die höchsten Gebote registriert werden konnten, stammten immerhin sieben aus Grossbritannien.
Gut schnitten insbesondere die beiden Austin-Healey ab, aber auch zwei MG und zwei Land Rover verkauften sich gut.
Auch die fünf Astons wurden im Schnitt gut “bewertet”, allerdings fanden nur drei davon neue Besitzer.
Wenig Freude dürften allerdings die Einlieferer der zehn Bentley gehabt haben, denn nur zwei Wagen konnten verkauft werden, während im Schnitt 73 % des mittleren Schätzwerts geboten wurde.
Nur unwesentlich besser lief es für Ferrari, drei der neun Autos wurden verkauft, geboten wurde im Schnitt 80 Prozent des erwarteten mittleren Estimates.
Ganz schlecht lief es für die Marke Alfa Romeo, keiner der drei Wagen fand einen neuen Besitzer.
Kein neuer Besitzer für den blauen Alfa Romeo 8C 2300
Blau ist eine unübliche Farbe für einen Alfa Romeo 8C 2300 Tourer von 1934. Aber das Chassis mit langem Radstand und Nummer 2311222 mit seiner nachgebauten Touring-Karosserie war eine richtige “Bellezza”.
Kein Bieter wollte allerdings Gebote in der Nähe des Schätzwert von £ 4 bis 5 Millionen aufrufen, so dass der Alfa bei £ 3,3 Millionen stehen blieb und nicht verkauft werden konnte.
Sinatra zog nicht wirklich
Als erstes Auto kam ein Chrysler LeBaron Town & Country Station Wagon von 1985 unter den Hammer. Dieser Wagen soll einst Frank Sinatra gehört haben. Dies konnte die Bieter allerdings nicht zu Höchstgeboten begeistern.
Weil der Wagen ohne Mindestpreis angeboten wurde, konnte er für gerade einmal £ 5750 (EUR 6440, CHF 7130) übernommen werden, das Höchstgebot lag bei weniger als einem Drittel des mittleren Schätzwerts.
“The Old Mother Gun” wohl deutlich unter den Erwartungen
Der Bentley 4 1/2 Litre mit Chassis DS 9029 von 1927 gewann 1928 in le Mans. Der Wagen hat seither ein bewegtes Leben, wurde mehrfach umgebaut in der Zeit, um weniger Luftwiderstand zu leisten und mehr Leistung zu haben. So ist heute eine Achtlitermaschine an Bord. Die Rennkarriere dauerte bis in die Vierzigerjahre.
Mehr als £ 1,4 Millionen wollte kein Bieter einsetzen, der Wagen wurde nicht verkauft.
Ein MG mit TT-Renngeschichte
Sieben MG NE baute die Sportwagenfirma aus Abingdon im Jahr 1934, um die RAC Tourist Trophy in jenem Jahr zu gewinnen. Weil Kompressoren nicht mehr erlaubt waren, musste der NE seine Kraft aus damals sehr hohen 6500 Umdrehungen holen, 74 PS waren das Ergebnis. Der Wagen mit Chassisnummer NA 0522 wurde von Charlie Dodson gefahren und er siegte in der RAC TT 1934. Angesichts einer derartigen Geschichte erschienen die geschätzten £ 160’000 bis 240’000 eher tiefgestapelt.
Schlussendlich reichte aber sogar ein Gebot von £ 165’000 (Verkaufspreis inklusive Kommission £ 189’750, EUR 212’520, CHF 235’290) für den Kauf.
Damit wurde der NE sogar noch vom J4 Midget von 1933 überflügelt, der für £ 255’875 verkauft werden konnte.
Der Concours-Quattro über den Erwartungen verkauft
Nicht jeder Audi Quattro kann schon auf Concours-Siege zurückblicken wie dieses Coupé von 1985 mit Rechtslenkung und LCD-Anzeigeneinheit im Innern. Jetzt wurden £ 17’000 bis 22’000 erwartet, was eigentlich ziemlich moderat klang.
Dies sahen auch die Bieter so und der Wagen ging schliesslich für £ 28’750 (EUR 32’200, CHF 35’650) in neue Hände über, was immer noch nicht übertrieben erschien.
Der wertvolle Squire (wieder) ohne neuen Besitzer
Nur sieben Squire 1 1/2 Litre LWB Tourer wurden gebaut, das Exemplar mit Chsasis 1501 ist einer davon und trägt einen Ranalah-Aufbau. Restauriert zwischen 2011 und 2’15 sollte dieser damals sicherlich am oberen Ende des Spektrums angesiedelte Sportwagen nun £ 650’000 bis 750’000 kosten.
Mehr als £ 560’000 wollte aber kein Interessent bieten, so blieb auch dieser Wagen unverkauft.
Wenn eine Replica originaler als ein Original ist
Der Ford GT40 von 1966 mit Chassis-Nummer P/1042 ist kein Original, aber eine wirklich atemberaubend exakte Reproduktion, die vielleicht mehr Originalteile enthält, als mancher der GT40, die heute als “Originale” im historischen Rennsport anzutreffen sind.
Die Interessenten waren allerdings nicht bereit, die geforderten £ 850’000 bis 1,25 Millionen aufzuwenden. Bei £ 520’000 war Schluss, natürlich wurde der Wagen dafür nicht abgegeben.
Wenn eine Limousine wertvoller sein will als ein Sportwagen
Nur gerade sechs Bentley 6 1/2 Litre Standard Six Limousinen sollen überlebt haben. FA2504 aus dem Jahr 1928 ist eine davon. Der Wagen präsentiert sich heute weitgehend im Originalzustand, restauriert wurde der Wagen in den Sechzigerjahren zum letzten Mal.
Jetzt sollten £ 800’000 bis 1’200’000 für den Saloon mit Gurney Nutting Karosserie geboten werden, doch bereits bei £ 580’000 war Schluss. Auch dieser Wagen wurde nicht verkauft.
Natürlich auch Superklassiker …
In Goodwood werden auch die Superklassiker nicht fehlen.
Hierzu gehört sicherlich der offerierte Aston Martin DB5 4.7 Litre Saloon von 1964 (DB5/1751/R) für £ 700’000 bis 800’000, der aber bei £ 640’000 stehen blieb.
Dafür konnte ein DB4 Series IV von 1962 für £ 465’750 (EUR 521’640 oder CHF 577’530) an einen neuen Besitzer vermittelt werden.
Ein Mercedes-Benz 300 SL Roadster von 1958 mit Schätzwert £ 800’000 bis 1 Million blieb bei £ 670’000 stehen.
Von den drei Jaguar E-Type konnte nur einer verkauft werden, dafür aber fand der Jaguar XJ 220 von 1998 für £ 414’000 (EUR 463’680, CHF 513’360) in eine neue Garage.
Während der Maserati Ghibli 4,9 SS von 1972 für £ 255’875 verkauft werden konnte, wollte niemand mehr als £ 95’000 für den Khamsin von 1979 bieten.
Der Neoklassiker McLaren P1 XP von 2013 wurde nachträglich als verkauft gemeldet, nachdem beim Gebot vermutlich noch nachgebessert wurde.
… und Exoten
An Exoten mangelte es am Festival of Speed auch nicht.
Der Lister Storm GT1 von 2001 etwa wurde für £ 465’750 knapp über dem unteren Schätzwert verkauft, während zum Beispiel der Volkswagen Typ 2 als Krankenwagen von 1962 bei £ 29’000 deutlich unter dem Schätzwert stehen blieb.
Auch der Swallow Doretti von 1954 blieb (bei £ 36’000) unverkauft, dafür wurden für den Land Rover Defender SVX 'Spectre' 4x4 Utility von 2011 aus dem Bond-Film eindrückliche £ 275’000 geboten ,was einen Verkaufspreis von £ 316’250 (EUR 354'200 oder CHF 392’150) bedeutete.
Insgesamt wurden 38 Fahrzeuge verkauft, was eine Verkaufsquote von 46 Prozent bedeutete. Im Schnitt wurde 79 Prozent des mittleren Schätzwerts geboten, wobei die Ausschläge vor allem nach unten bedeutend waren. Insgesamt betrug das Verkaufsvolumen für die Autos knapp £ 7,5 Millionen, was im Vergleich zu den erwarteten £ 28 Millionen doch eher enttäuschend war. So richtig in Kauflaune waren die Briten an jenem Freitag offenbar nicht.
Angebotene und verkaufte Fahrzeuge
Die folgende Tabelle listet alle angebotenen und verkauften Fahrzeuge mit Schätzpreisen, Höchstgeboten und Verkaufspreisen. Die Preis-Umrechnung erfolgte zum am Auktionstag gültigen Tageskurs. Alle Angaben ohne Gewähr.
Lot | Fahrzeug | Jahr | £ Est von | £ Est bis | £ HG | £ VP | CHF VP | EUR VP | % Est | S |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
302 | Chrysler LeBaron Town & Country Station Wagon | 1985 | 15'000 | 20'000 | 5000 | 5750 | 7130 | 6440 | -67.14%
|
V |
303 | Hupmobile 32hp Tourer | 1913 | 15'000 | 20'000 | 14'500 | 16'675 | 20'677 | 18'676 | -4.71%
|
V |
304 | Bentley Brooklands Sports Saloon | 1994 | 15'000 | 18'000 | 15'000 | 17'250 | 21'390 | 19'320 | +4.55%
|
V |
305 | Bentley Mulsanne Sports Saloon | 2011 | 50'000 | 80'000 | 48'000 | N | ||||
306 | Ferrari 550 Maranello Coupé | 1998 | 50'000 | 60'000 | 45'000 | N | ||||
307 | Mercedes-Benz 220 S 'Ponton' Cabriolet | 1957 | 55'000 | 75'000 | 55'000 | 63'250 | 78'430 | 70'840 | -2.69%
|
V |
308 | Citroën DS23 Pallas Saloon | 1974 | 25'000 | 35'000 | 16'000 | 18'400 | 22'816 | 20'608 | -38.67%
|
V |
Alle Angaben ohne Gewähr
Legende: Spalte S = Status (V = Verkauft, N = Nicht verkauft, Z = Zurückgezogen, U = Unter Vorbehalt)
Est = Estimate/Schätzwert, HG = Höchstgebot, VP = Verkaufspreis