Der Schweizer Architekt Le Corbusier schwärmte vom Autobau. Ein Auto war für ihn eine effizient hergestellte, auf das Notwendigste reduzierte Maschine. Anfang der Zwanzigerjahre, also vor rund hundert Jahren, stellte er die Frage, ob es nicht wunderbar wäre, wenn auch Häuser so modern gebaut wären wie Autos.
Le Corbusier brachte damit eine der Forderungen des Neuen Bauens auf den Punkt: Architektur sollte zweckmässig und standardisiert sein. So, wie Henry Ford 1913 die rationale Massenfertigung am Fliessband im Automobilbau eingeführt hatte, sollten auch Häuser und Möbel möglichst günstig und einfach hergestellt werden – dank Vorfabrikation in Serie. Nach dem Ersten Weltkrieg war schliesslich Sparsamkeit angesagt.
Wie weit vorausschauend Le Cobusier und ähnlich denkende Architekten waren, zeigt sich vor allem dann, wenn man die damals gebauten Automobile vor Gebäuden des “Neuen Bauens” fotografiert, wie dies für eine Mercedes-Benz-Werbung im Jahr 1928 getan wurde. Formlich scheint das Gebäude dem Automobil meilenweit (oder besser jahrzehntelang) voraus zu sein.
Dieser Eindruck entsteht immer wieder, wenn man Architektur und das Automobil zusammenbringt.
Dass man Gebäude oftmals als deutlich moderner empfindet als Autos aus derselben Zeit, hängt vielleicht auch damit zusammen, dass die Häuser immer sichtbar bleiben, während Automobile verschwinden und nur noch als Oldtimer ab und zu auf der Strasse auftauchen.
Auto vor Architektur
Simon Bundi, Kurator im Emil Frey Classic Center bringt in der neuen Sonderschau in Safenwil die beiden Themen – Architektur und Automobil – zusammen.
Den Anlass dazu lieferte das Europäische Jahr des Kulturerbes, das in der Schweiz vom Bundesamt für Kultur initiiert wurde. In der Sonderschau des Emil Frey Museums werden faszinierende Bauten zusammen mit Automobilen aus der Zeit gezeigt.
Mit viel Geduld und Hingabe wurden Autos aufgespürt, die auch auf den Fotografien damals gezeigt wurden. Es sollten exakt die Modelle sein, die auch auf den Bildern sind, unabhängig davon, ob es sich dabei von Emil Frey importierte/verkauften Marken handelte oder nicht. Dass trotzdem ein wenig Rücksicht auf die “Eigen”-Marken genommen wurde, kann man den Ausstellungsmachern nicht verübeln.
Architektur für das Auto
Was erwartet den Besucher der Ausstellung? Auf jeden Fall wird er auf spannende Architekturleistungen stossen, etwa auf die Grossgarage Schlotterbeck, wie sie einst in Basel stand oder auf den “Industriehof”, der einst Emil Frey als erstes Autohaus diente. Ein Highlight des Neuen Bauens war aber auch das Zett-Haus am Stauffacher, ein spektakuläres Gebäude mit geschwungener Fassade, einem Kino mit Cabrio-Dach und einer Tiefgarage mit Auto-Drehscheibe. Hier betrieb Emil Frey in den 1950er-Jahren eine Garage und bereitete die importierten Austin für die Ablieferung vor.
In den Fünfzigerjahren entstanden aber auch Tankstellen, Raststätten, Parkgaragen, Geschäftshäuser und andere Nutzgebäude, die architektonisch von sich reden machten. Und immer wieder wurden sie zusammen mit Autos in Szene gesetzt, wie es nun auch die Ausstellung in Safenwil tut.
Eine Zeitreise
Man sollte sich ein bisschen Zeit lassen auf den beiden Stockwerken des Museums, um Architektur und Automobil auf sich einwirken zu lassen, die sorgfältig verfassten Erklärungstexte zu lesen und einzutauchen in die Welt von damals. Natürlich kann man auch über die Automobile, z.B. den Studebaker Avanti oder den Triumph Stag eine ganze Menge lernen.
Interessant ist auch ein Blick auf die Werbebilder der Sechziger- und Siebzigerjahre, die Fahrzeuge und Gebäude effektvoll in Szene setzten. Vor allem ab den Sechzigerjahren präferierten die Werbefotografen oftmals historische Gebäude als Hintergrundmotiv anstellte der modernen Bauten aus Stahl, Beton und Glas, die damals ihren wohl grössten Boom erlebten.
Fast ständig geöffnet
Die Ausstellung ist noch bis zum 30. Juni 2018 und während der üblichen Museums-Öffnungszeiten geöffnet. Am besten prüft man auf der Website des Emil Frey Classic Center , wann ein günstiger Zeitpunkt für einen Besuch ist und wie hoch die Eintrittskosten oder die Möglichkeiten für einen geführten Besuch sind.
Auf einen besonderen Tag sei aber schon aufmerksam gemacht: Am 13. Mai 2018 ist der internationale Museumstag und da gibt es auch einen Sonntagsbrunch im Classic Center.
Information
Kostenlos anmelden und mitreden!
Mit einem Gratis-Login auf Zwischengas können Sie nicht nur mitreden, sondern Sie profitieren sofort von etlichen Vorteilen:
Vorteile für eingeloggte Besucher